Joe Enochs um 2 Uhr freigestellt – Thioune übernimmt vorerst

Nach 21 Jahren beim VfL Osnabrück war für Joe Enochs am Mittwochvormittag Endstation – zumindest vorerst. Auf einer Pressekonferenz äußerten sich Geschäftsführer Jürgen Wehlend und Vizepräsident Uwe Brunn am Mittwoch zur Trainerentlassung. Dabei kamen mehrere überraschende und auch eine erschreckende Einzelheit ans Tageslicht:

Gans bot Rücktritt an

So sprach Wehlend von einem "bitteren Tag für den VfL" und betonte, sich die Entscheidung, die heute Nacht um 2 Uhr gefallen sei, "nicht leicht gemacht" zu haben. Ein positiver Trend sei jedoch nicht erkennen zu gewesen, auch die Bilanz von 32 Punkten aus 30 Spielen im Jahr 2017 "konnten wir nicht wegdiskutieren." Zwar stand die Mannschaft bis zuletzt hinter Enochs, und bekannte sich dazu auch öffentlich, doch letztlich habe der Verein entscheiden müssen, so Wehlend.

"Wer hätte die Verantwortung übernommen, wenn sich der Trend fortgesetzt hätte und wir gegen Magdeburg 0:3 oder 0:4 verloren hätten?", bezog sich Wehlend auf Forderungen, Enochs noch eine weitere Chancen zu geben. Der neue Trainer soll nun für eine Aufbruchstimmung sorgen und einen einstelligen Tabellenplatz erreichen, mittelfristig sei der Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga das Ziel, führte der VfL-Geschäftsführer weiter aus und kündigte zeitgleich weitere personelle Konsequenzen an.

Derweil strebt der VfL die Verpflichtung eines Sportdirektors an. Lothar Gans, der dieses Amt bisher teilweise ausführte, hatte laut Wehlend unterdessen seinen vorzeitigen Rücktritt angeboten, was der Verein aber abgelehnt habe. Zum Jahresende wird sich Gans jedoch definitiv zurückziehen, wie Wehlend bekanntgab.

Bei der Verabschiedung flossen Tränen

Als Interimstrainer fungiert A-Jugend-Trainer Daniel Thioune, Unterstützung erhält der Ex-Profi (seit 2013 im Verein) von seinem bisherigen Assistenten Merlin Polzin. Wie Wehlend sagte, sei Thioune auch ein möglicher Kandidat für das Cheftrainer-Amt, wenngleich es jedoch "keinen Schnellschuss" bei der Suche nach einem neuen Coach geben soll.

Bereits am Vormittag hatte sich Joe Enochs von der Mannschaft verabschiedet, laut der "Neuen Osnabrücker Zeitung" seien bei mehreren Spielern Tränen geflossen. "Wir sind sehr, sehr enttäuscht. Trainerentlassungen sind immer blöd, und wir haben alle schon mal solche Momente erlebt, aber die Trennung heute ist der Mannschaft nahe gegangen. Es war sehr emotional und es fällt mir schwer", wird Kapitän Halil Savran zitiert. Marcos Alvarez hob unterdessen das "besondere Verhältnis zum Trainer" hervor: "Er wusste, wie er mit jedem Einzelnen umgehen musste. Das ist schon etwas Besonderes in dem Geschäft."

Bleibt Enochs dem VfL in anderer Funktion erhalten?

Für Enochs selbst ist die Tür beim VfL unterdessen noch nicht zu. Vizepräsident Uwe Brunn hofft, den 46-Jährigen zu einem späteren Zeitpunkt wieder in den Verein einbinden zu können. "Wir werden gemeinsam eine Lösung finden. Es wäre ein Herzenswunsch, wenn wir ihn wieder in die Vereinsarbeit integrieren können." Laut Brunn besitzt Enochs beim VfL nach 21 Jahren einen "lebenslangen Vertrag" und werde immer "ein Teil des VfL bleiben." Er sei "ja beurlaubt und nicht gekündigt", so Brunn weiter.

Mit deutlichen Worten kritisierten die Verantwortlichen unterdessen die Aktion einiger vermeintlicher Fans, die nach der Derby-Niederlage gegen Münster zu Enochs Privathaus gefahren seien und dort "Bambule" gemacht hätten. "Das ist erschreckend", so Wehlend. Dennoch zeigt der Vorfall, wie angespannt die Lage beim VfL ist. Ob Thioune die Lila-Weißen nun wieder in die Spur führen kann? Vorerst geht Osnabrück einer ungewissen Zukunft entgegen.

   

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