Erfurts Lebenszeichen: "Keiner hatte uns auf der Rechnung"
Dickes Ausrufezeichen im Abstiegskampf von Rot-Weiß Erfurt! Die Thüringer gewannen überraschend bei Tabellenführer Paderborn mit 1:0, schöpfen wieder etwas Hoffnung im Tabellenkeller. Die Gründe für den Erfolg: Viel Kampf und das nötige Glück.
RWE-Defensive stabil
Die Vorzeichen hätten unterschiedlicher nicht sein können: Die beste Offensive traf auf die harmloseste, zudem kassierte Erfurt in den vergangenen drei Spielen elf Gegentore. Doch der – zumindest bis Sonntag – Tabellenvorletzte machte es bei den Ostwestfalen richtig gut, war super von Trainer Stefan Emmerling, der auf eine defensive Viererkette umgestellt hatte, eingestellt. Paderborn kam offensiv überhaupt nicht zur Entfaltung, immer stand ein Erfurt im Weg. Vor allem über die gefährlichen Flügelspieler konnte der SCP keine Akzente setzen.
Bezeichnend: In der 45. Minute hatte der Liga-Primus die erste Chance, die RWE-Torwart Philipp Klewin super vereitelte – das 0:0 zur Pause war hochverdient. Emmerling am "Telekom"-Mikrofon: "Wir haben es heute taktisch recht gut gemacht, standen gut. Wir haben auch immer wieder Nadelstiche gesetzt, es dem Gegner in unserer Hälfte schwer gemacht. Aber es war nicht so, dass wir nur ganz tief standen und nach vorne nichts ging."
Doch wie schon so oft in dieser Saison waren der letzte Pass oder die entscheidenden Laufwege nicht gut oder zu ungenau, dennoch hatten die Gäste mehr und gefährlichere Offensivaktionen in einer taktisch geprägten ersten Hälfte.
Turbulente fünf Minuten
Auch nach der Halbzeit änderte sich das Bild vorerst nicht. Doch gerade, als Paderborn, nur drei Tage nach dem DFB-Pokalspiel gegen Bayern München sichtlich erschöpft, das Spiel bestimmen wollte, wurde es vogelwild. Binnen zwei Minuten kassierten die Gastgeber wegen Notbremsen zwei rote Karten! Auch Torhüter Leopold Zingerle musste vom Platz, es kam Michael Ratajczkak, der selber zwei Jahre für RWE spielte, ins Tor. Seine erste Aktion: den Ball aus dem Netz holen. Denn gegen den Freistoß von Theodor Bergmann war er machtlos – es war das entscheidende Tor. Emmerling: "Ich sehe solche Freistöße von ihm recht oft. Ich kann mich an die letzte Saison zurückerinnern, als er schon mal gegen Paderborn getroffen hat, als ich hier noch Trainer war. Er könnte das ruhig öfter machen, nicht nur in Paderborn."
Wenn auch nicht souverän, spielte Erfurt die Zeit herunter, feierte den ersten Sieg nach drei Pleiten. Abwehrchef Jens Möckel: "Wir sind natürlich glücklich. Keiner hat uns auf der Rechnung gehabt. Die Frage war nur, wie hoch wir verlieren. Wir haben 60 Minuten ein richtig ordentliches Spiel gemacht, dann kamen die roten Karten – das war halt mal Glück für uns. Dann hatten wir nur noch viel zu verlieren gegen neun Mann. Wir haben nicht mehr so gut Fußball gespielt, aber in unserer Lage ist das natürlich verständlich."
Möckel: "Müssen Konstanz in unsere Leistung bekommen"
Die Erleichterung war der Mannschaft anzusehen, doch Möckel fordert, nun nachzulegen: "Wir haben gegen zwei Mannschaften gewonnen, die oben stehen. Aber wir müssen Konstanz in unsere Leistung bekommen. Wir können nicht ein Spiel gewinnen und dann drei Mal auf die Mütze bekommen, so kommen wir nicht weiter."Sieht auch sein Trainer so: "Der Weg wird noch hart, aber wir geben uns nicht auf. Wir haben ein Zeichen gesetzt, aber das muss fortgeführt werden."
So groß die Freude über den Erfolg auch war – da der VfL Osnabrück sein Spiel gegen Chemnitz mit 6:1 gewann, beträgt der Abstand auf das rettende Ufer dennoch sieben Punkte. Umso wichtiger wäre ein Sieg im nächsten Heimspiel gegen den VfR Aalen.