Kommentar: Erfurt ist erneut das Gespött des (Bundes)Landes
Jährlich grüßt das Murmeltier: Zum sechsten Mal in Folge verpasst es der FC Rot-Weiß Erfurt, immerhin erneut der klassenhöchste Verein des Bundeslandes, den Landespokal zu gewinnen. Beim Fünftligisten FC Einheit Rudolstadt setzte es eine 0:1-Niederlage. Die Teilnahme am DFB-Pokal, auf die seit der Spielzeit 2009/2010 gewartet werden muss, ist somit sehr stark gefährdet. Immerhin müsste nun der vierte Platz in der Liga erreicht werden. Bei der aktuellen Auswärtsschwäche des Teams kaum vorstellbar.
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Viele Spieler kamen mit dem Druck nicht klar
Der Pokal hat wie bekannt seine eigenen Gesetze. Dass der Favorit ein frühes Gegentor bekommt, kann passieren. Doch wie kann es sein, dass ein Drittligist nicht in der Lage ist, in über 90 Minuten einen Treffer bei einem abstiegsgefährdeten Oberligisten zu erzielen? "Wir hatten in den letzten zehn Minuten vier bis fünf Situationen, in denen wir das Tor machen müssen", sagte RWE-Trainer Walter Kogler nach dem Abpfiff und fügte an: "Aber man hat gemerkt, dass manche Spieler nach dem Rückstand schwere Beine bekommen haben und nicht mit dem Druck umgehen konnten, auswärts zurückzuliegen und das Spiel drehen zu müssen." Eine Feststellung des Trainers, welche die komplette Kaderzusammenstellung des Vereins in Frage stellt.
Im Mai 2013 unterlagen die Blumenstädter mit 0:1 dem damaligen Sechstligisten Schott Jena. Gegen Ende der abgelaufenen Saison gab es eine höchstpeinliche und frustrierende 0:5-Klatsche gegen den Rivalen FC Carl Zeiss Jena. Nun sollte alles besser werden. Eine Einheit, bestehend aus erfahrenen Spielern, sollte genau das, was am Samstag geschah, verhindern. Die Führungsspieler gehen voran und ziehen den Rest der Mannschaft mit. Von unüberwindbarem Druck sollte eigentlich keine Rede mehr sein. Auch der vom Verein ins Leben gerufene Slogan "Herzzeigen" stellt sich als bloße Marketingstrategie dar. Ein zweitligaerfahrener Spieler wie Christoph Menz geriet mit zunehmender Spieldauer immer mehr ins Hadern und ließ seinen Frust auf verbale Art und Weise an den Mitspielern aus. Vor allem Okan Aydin bekam dies oft zu spüren. Eine zusammengeschweißte Truppe, die Herz zeigt, sieht definitiv anders aus.
Rotation als Grund für das Ausscheiden?
Kogler nahm einige Änderungen in der Startelf vor, gönnte manch einem Spieler eine Pause, andere Akteure waren nicht 100 prozentig fit und sollten weitestgehend geschont werden. Vielen Fans stieß dies sauer auf, doch letztlich sollte der Kader eines Drittligisten auch in der Breite qualitativ hochwertig genug sein, um sich gegen einen tapfer kämpfenden Fünftligisten durchzusetzen. Dies sah auch der Österreicher so. "Ob rechts hinten nun Juri Judt oder Luka Odak spielt, ist für mich nicht der große Unterschied. Auch ob Stefan Kleineheismann oder André Laurito spielt, macht keinen Unterschied."
Dass der Coach nach der Partie noch Kritik an den Unparteiischen übte, dürfte zusätzliche Sympathiepunkte gekostet haben. "Während des Pokals stört es mich jedoch, dass es immer wieder Schiedsrichterentscheidungen gibt, die gegen uns ausgelegt werden", so der 46-Jährige. Vor allem der Schiedsrichterassistent vor der Gästebank zog sich oftmals den Unmut zu. "Nichtsdestotrotz hätten wir die Chance gehabt, das Spiel zu gewinnen und deshalb Glückwunsch an den Gegner", schob Kogler hinterher, um sich nicht komplett lächerlich zu machen. Im Publikum der Pressekonferenz schüttelten einige Leute aufgrund der vorherigen Aussagen bereits ungläubig den Kopf.
So bleibt am Ende das gleiche Bild wie in den vergangenen fünf Jahren: Rot-Weiß Erfurt kann keinen Pokal mehr. So darf sich wieder ein Amateurverein aus Thüringen über die Teilnahme am DFB-Pokal und mindestens 100.000 Euro Einnahmen freuen. Zum gleichen Zeitpunkt wird RWE wahrscheinlich wieder in der ersten Runde des Landespokals antreten und den nächsten Versuch starten, endlich wieder die begehrte Trophäe sein Eigen nennen zu dürfen.
FOTO: Marcel Junghanns