Kommentar: Warum der Aydin-Verbleib für Erfurt so wichtig ist
Okan Aydin bleibt! Diese Nachricht machte in Windeseile bei Rot-Weiß Erfurt am Freitagnachmittag die Runde. Nicht alle begrüßen den Schritt des 22-Jährigen, der über Angebote von Zweitligisten nachdachte und dafür das Arbeitspapier bei den Thüringern auslaufen ließ. Klar ist aber: Aus rein sportlicher Sicht hätte RWE nichts Besseres passieren können. Ein Kommentar.
Eigentlich war er schon weg…
Wer hätte Okan Aydin schließlich ersetzen sollen? Für einen soliden, aber keinesfalls enorm finanzstarken Drittliga-Verein wie eben Erfurt war die Entwicklung des einstigen großen Talentes, der den direkten Weg in die Bundesliga aber verpasst hatte, Gold wert: Mit seinen Standards, mit seinen Vorlagen und natürlich seinen Toren sicherte er Stefan Krämer und Co. im Frühjahr des letzten Jahres letztendlich souverän den Klassenerhalt und schob sich sogar in die obere Tabellenhälfte vor. Was folgte, war die traurige Botschaft: Aller Voraussicht nach wird die variable Offensivkraft Aydin Rot-Weiß verlassen, eigentlich war die Meldung bereits besiegelt. Unter anderem wurde dem Fünften der 2. Bundesliga, dem VfL Bochum, ein Interesse am 22-Jährigen nachgesagt. Wer könnte schon widerstehen, wenn der Ruf eines Aufstiegskandidaten lockt?
Erfurt hätte Aydin nicht adäquat kompensieren können
Doch irgendwie schien sich alles nicht konkretisiert zu haben – weder mit Bochum noch mit anderen möglichen Interessenten aus der höheren Etage wurde ein Geschäft erzielt. Um den Monatswechsel herum keimte daher plötzlich das Gerücht auf: Aydin bleibt! Und die Reaktionen der Fans? Sie sind gemischt, das Lager hat sich geteilt. Befürworter stellen klar: Es ist ein Glücksfall, dass Okan Aydin in Erfurt bleibt. Die andere Seite entgegnet: Jemanden zu behalten, für den Erfurt lediglich eine Notlösung darstellt, ist keine einfache Sache. Nach kurzer Zeit aber waren die Befürworter in der Überzahl, und sie haben recht: Auf Aydin in Topform kann Rot-Weiß Erfurt nicht verzichten. In einer Reihe mit Daniel Brückner, Sebastian Tyrala oder Samir Benamar ging Aydin auf – 36 Einsätze sprechen für sich. Einzig am letzten Spieltag fehlte er gelbgesperrt, ansonsten wurde er zu einem wichtigen, vielleicht sogar wichtigsten Baustein von Stefan Krämer. Und: Einen zumindest nominellen Ersatz hatte RWE bis dato gar nicht erst verpflichtet.
Mit offenen Karten gespielt
Den wenigen Kritikern sei bis dahin noch gesagt: Es sollte einem jeden Spieler vergönnt sein, nach guten Leistungen offen und transparent über den Wunsch nach höherklassigem Fußball sprechen zu können und diesen auch nachzuverfolgen. In diesen Zeiten sind derartige Fußballprofis allemal sympathischer als jene, die regelmäßig auf das Vereinswappen zeigen und mit Treuebekenntnissen um sich werfen, um wenige Wochen später beim erstbesten lukrativen Angebot schwach zu werden. Der Fußball ist und bleibt ein Tagesgeschäft – umso glücklicher kann Rot-Weiß Erfurt sein, Okan Aydin für ein weiteres Jahr in seinen Reihen zu wissen. Immerhin hatte der Deutsch-Türke von vorneherein betont, in der 3. Liga nur für Erfurt spielen zu wollen. Und er hielt sein Wort. Dass der 22-Jährige, sollte er die herausragenden Leistungen der Rückrunde weiter bestätigen, spätestens im Juni 2017 ablösefrei wechseln wird, damit müssen sich die Thüringer abfinden. Aber ein ganz neues Gefühl wäre der Aydin-Abgang für die Rot-Weißen dann ohnehin nicht mehr.