Kommentar: Münster will die Preußen nicht

Endlich ist es durch. Preußen Münster hat mit seinen Stadionplänen in der eigenen Stadt keine Zukunft. Eine jahrzehntelange Debatte voller leerer Versprechungen, Verzögerungen in Form von nicht enden wollenden Planungsverfahren und Politikern, die das Umfeld des SCP ihren Widerwillen gegenüber nachhaltigem Profifußball in Münster so oft spüren ließen, ist beendet. Ein Kommentar.

Sportliches Aushängeschild wird stiefmütterlich behandelt

Und obwohl die Ratssitzung am Mittwochabend mit dem erwarteten Ergebnis endete, die Standortsuche im Stadtgebiet von Münster zu beenden und sich falls, dann auf das Preußenstadion an der Hammer Straße zu konzentrieren, so kann der SC Preußen aufatmen. Immerhin hat er Klarheit. Immerhin kann er seine eigenen Planungen nun fokussieren – mit aller Wahrscheinlichkeit auf Flächen vor dem Stadtgebiet.

Anhänger anderer Vereine schauen mittlerweile nur noch mit bemitleidender Miene auf Preußen Münster. Überall schießen neue oder zumindest modernisierte Fußballtempel aus dem Boden. Mit Carl Zeiss Jena hat beispielsweise auch der letzte Drittligist aus den neuen Bundesländern am gleichen Abend, an dem Münster ein zeitgemäßes Stadion ablehnte, Klarheit für eine moderne Arena geschaffen. Das Ernst-Abbe-Sportfeld wird umfassend modernisiert, auf 15.000 Zuschauer ausgelegt. Ähnlich wie in Halle, wie in Erfurt, wie in Chemnitz oder in Zwickau. Das ist nichts mehr für Romantiker. Doch der Standard ist ein anderer geworden. Im Jahr 2017 will sich kaum noch jemand nassregnen lassen, niemand mit Rückenschmerzen auf krummen Stufen stehen. Länder und Städte nahmen sich der genannten Neubauprojekte mit viel Enthusiasmus und Engagement an. Nur in Münster funktioniert das Ganze nicht. Dort ist der Komfort von durchschnittlich 7.000 Fans, natürlich sind die Preußen das sportliche Aushängeschild der Stadt, der Lokalpolitik ziemlich egal.

Wusste der Rat, wovon er spricht?

Natürlich würde das niemand von den Stadtoberen so formulieren. Vielmehr macht es den Eindruck, als hätte Münsters Politik die Pläne des SC Preußen auch ein Jahr nach der Formulierung überhaupt nicht verstanden – oder verstehen wollen. Wie ist es sonst zu erklären, dass Ratsmitglieder am Mittwochabend noch immer mit wilden, weit hergeholten Informationen um sich warfen? Dass sie die Finanzierung des Baus infragestellten, von der der Club die Stadt mit keinem Cent belastet hätte?  Wie ist es zu erklären, dass parteienübergreifend die potenzielle Kapazität von 40.000 Zuschauern kritisiert wurde, obgleich diese nur als Richtwert infolge mehrerer Baustufen im Raum gestanden hatte? Wer die Liveberichterstattung seitens der "Westfälischen Nachrichten" und "westline.de" verfolgte, der musste über kurz oder lang zu dem Eindruck kommen: Der münstersche Rat, das federführende politische Organ der Stadt, weiß bei Themen von derart großem öffentlichen Interesse überhaupt nicht, wovon er spricht.

Kein Investor würde das bestehende Stadion sanieren wollen

Fassen wir zusammen: Welche Möglichkeiten hat der Verein noch? Richtig, er kann an der Hammer Straße bleiben. Mehr als 20.000 Zuschauer wird das Stadion dort nicht fassen dürfen. Diesen Bebauungsplan hat die Stadtverwaltung im Frühjahr erarbeitet. Vor allem der Lärmschutz spielt eine Rolle. Sicherlich würde ein derartiger Ausbau akute Probleme beseitigen. Finanzieren will die Geschichte, die immerhin mit drei Tribünenneubauten einhergehen würde, aber niemand. Denn Visionen lassen sich mit einem zweiten Böllenfalltor nicht verfolgen. Kein potenzieller Investor, kein ohnehin nicht vorhandener Gönner im Club und erst recht niemand, der mit dem kommunalen Haushalt beauftragt ist, wird dafür seine Geldbörse öffnen. Die „neue“ Haupttribüne, bald übrigens zehn Jahre alt, habe schließlich fünf Millionen Euro gekostet, wird seitens der Politik noch immer begründet. Somit fällt die Variante, für die der Rat in seiner Sitzung votiert hat, von vornherein flach. Clever gemacht, Münster.

Senden oder Greven?

Preußen Münster wird nun hingegen die Gespräche mit potenziellen Grundstücksinhabern außerhalb des Stadtgebietes intensivieren. In Senden-Bösensell, wenige Meter von der südwestlichen Stadtgrenze entfernt, gibt es ein vielversprechendes Areal mit Autobahn- und Bahnhofsanschluss. Im Norden steht zudem eine Fläche zwischen Münster-Sprakel und Greven zur Debatte. Die heißere Aktie dürfte Senden sein, zumal der Verein im September in einer Mitteilung bereits verkündet hatte, sich in konstruktiven Diskussionen mit der Stadt Senden zu befinden. „Das Vorhaben wird als eine große Chance verstanden, mit einem Leuchtturmprojekt die Attraktivität des Münsterlandes zu stärken“, hieß es damals. Wer weiß – vielleicht wird aus den ersten Annäherungen schon bald Wirklichkeit? In der eigenen Stadt hat Drittligist Preußen Münster jedenfalls keine Zukunft. Zumindest keine, die sich dauerhaft in höheren Ligen abspielen könnte.

   

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