Spielerische Magerkost wird Ralf Loose zum Verhängnis
Noch am Donnerstag titelte die "Bild-Zeitung", dass er seinen Vertrag bei den Preußen erfüllen wolle. Am Ende ging es dann aber doch ganz schnell. Nach der 1:2-Pleite gegen den Tabellenvorletzten Stuttgart II musste Ralf Loose vorzeitig seinen Hut nehmen. Ein Kommentar.
Und während Ralf Loose nach dem Spiel gegen Stuttgart auf der obligatorischen Pressekonferenz noch die Gründe des erneuten Scheiterns suchte, entschieden die Verantwortlichen des SCP über eine vorzeitige Entlassung des 52-Jährigen. Ausschlaggebend für diesen Entschluss war sicherlich nicht die Serie von sechs Spielen ohne Sieg. Nein, vielmehr war es die Art und Weise der Heimniederlage gegen das Kellerkind aus Schwaben und die sportliche Entwicklung in den vergangenen Wochen. "Wir hatten Angst, dass wir in einen Strudel hineingeraten, der uns noch tiefer in andere Tabellenregionen befördert“, erklärte SCP-Präsident Georg Krimphove die Beurlaubung.
Emotionslos aber konsequent
Ralf Loose war bei den Preußen nie ein Mann der lauten Töne – und wird es wohl auch nie sein. Verfolgte man sein Auftreten an der Seitenlinie, war dies meist sachlich, ruhig und gelassen. Ein Fußballlehrer, der seine Emotionen nicht oder wenn nur selten nach außen zeigte. Westfälische Ruhe, schon fast stoisch. Niemand, dem die Fanherzen von alleine zuflogen. Jemand, der monoton Spieltag für Spieltag das Fehlen von Benyamina, Grote und Piossek beklagte und sich mit den Gegebenheiten dann doch abfinden musste. Denn Verstärkung mangels klammer Kassen gab es nicht. Jemand, der vorzugsweise zwischen der 65. und 70. Minute den Standardstürmerwechsel brachte. Konsequent verfolgte er auch da seine Linie, ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen und trat nicht nur einmal auf die Euphoriebremse.
Mangelware: Tore, Leidenschaft, Wille
Dabei lief es unter Loose in dieser Spielzeit überraschend gut. Die Adlerträger, die im Sommer gleich 14 Spieler verabschiedeten und einen großen Umbruch innerhalb des Teams vornahmen, blieben zehn Partien in Folge ungeschlagen und rangierten noch bis Ende November auf dem 2. Tabellenplatz. Mit der Niederlage in Magdeburg Anfang November begann dann der Abwärtsstrudel. Zuletzt blieben nur noch zwei Punkte aus sechs Partien bei einer Tordifferenz von 2:9. Die Schlappe gegen den Regionalligisten SF Lotte im Westfalenpokal und die damit verpasste Teilnahme am DFB-Pokal rundete die ganze Misere ab. Lieb- und emotionslose Auftritte der Adlerträger spülten das Stadion leer – die Fans verspürten in den vergangenen Wochen kaum noch Lust, ihr Team an der Hammer Straße zu unterstützen. Auf der Jahreshauptversammlung kritisierte zudem Aufsichtsratsvorsitzender Thomas Bäumer die ‚nicht zuschauerförderliche Spielweise‘ der Preußen. Tore waren Mangelware, herausgespielte Tormöglichkeiten konnte man in vielen Partien an einer Hand abzählen – spielerische Magerkost im Münsterland. Leidenschaft, der unbedingte Wille zu gewinnen und der daraus folgende Funke, der auf die Fans überspringt – eine Rarität beim SCP. Erst am 20. Spieltag gegen Großaspach wurde die Negativserie von 479 Minuten ohne Tor gebrochen, zu Jubelstürmen nach dem Abpfiff reichte dies dennoch nicht (1:3-Niederlage).
Gefährlicher Abwärtstrend: Bilanz eines Absteigers
Ein Abwärtstrend, der besorgniserregend war. Von Spieltag zu Spieltag rutschten die Preußen nicht nur auf dem Grün aus, sie fielen auch vom (vor Saisonbeginn sicherlich nicht erträumten) zweiten Platz auf den nunmehr sechsten Tabellenrang. Legt man nur die Spiele ab Oktober (12. Spieltag) bis zur Winterpause zugrunde, befänden sich die Preußen mit Erfurt und den Kickers aus Stuttgart auf den Abstiegsplätzen. Ein Vergleich, der an die Rückrunde der vergangenen Saison erinnert. Im Ligaendspurt versiebten sie nicht nur die Qualifikation für den DFB-Pokal, auch der Relegationsplatz geriet nach einer sehr guten Hinrunde in weite Ferne. Und so griffen am Samstag die natürlichen Mechanismen des Fußballgeschäfts und beendeten nach zwei Jahren und drei Monaten die Amtszeit des Wahl-Liechtensteiners Loose in Münster.