Nach 1:4-Pleite: Das sind die Baustellen des 1. FC Magdeburg
Lieber ein Anfang mit Schrecken als ein Schrecken am Ende. Mit etwas bitterem Humor lässt sich so wohl ein altes Sprichwort zum Auftakt des 1. FC Magdeburg umdichten. Die Blau-Weißen offenbarten bei der 1:4-Niederlage gegen Großaspach einige Defizite.
Höchste Niederlage seit dem Aufstieg
Angesichts einer 1:4-Niederlage, die man unumwunden als Klatsche für den 1. FC Magdeburg bezeichnen darf, mutet es beinahe grotesk an, in der Fehleranalyse nur wenige Prozentpunkte als Ursache ausfindig zu machen. Wenn die fehlenden Prozentpunkte allerdings bei fast jedem Spieler am Sonntagnachmittag zu verzeichnen waren, summiert sich die Fehlerquote zu eben jener höchsten Niederlage in der noch jungen Drittliga-Geschichte des Clubs, die die Blau-Weißen in Großaspach einstecken mussten.
Der abgenutzte Begriff des Kollektivs, das Magdeburg in den letzten Jahren so erfolgreich verinnerlichte, zeigte bei der Niederlage seine Kehrseite. In einem Team ohne herausragende Individualisten fehlte in den Schlüsselmomenten ein Taktgeber, welcher der Härtel-Elf neue Impulse verleihen konnte. Dass der mit hohen Erwartungen gestartete Neuzugang Andreas Ludwig diese Rolle ausfüllen kann, blitzte in einigen Momenten auf. In Summe fehlte ihm allerdings noch die Bindung zum Spiel. Für die Niederlage waren jedoch andere Faktoren verantwortlich.
Baustelle Torwart
Gebetsmühlenartig wurde in den Medien das Potenzial der Sonnenhof-Tore für die Marke "Tor des Monats" erwähnt. Gleichsam darf wohl bei aller Bewunderung der Schussgewalt des Dorfklubs FCM-Torhüter Jan Glinker eine Aktie an den beiden Freistoß-Gegentoren nicht abgesprochen werden. Sowohl beim 0:3 als auch beim 1:4, die in der Torwart-Ecke landeten, spekulierte der Routinier und öffnete den Gastgebern damit buchstäblich Tür und Tor. Eine Torwartdiskussion wäre momentan allerdings fehl am Platz. Schließlich hat sich der Trainerstab erst vor einer Woche auf Glinker als Nummer Eins vor Neuling Alexander Brunst festgelegt. Zudem dürfte sich ein voreiliges Rückrudern auf Selbstvertrauen und Sicherheit im gesamten Mannschaftsgefüge auswirken.
Baustelle Defensive
Für viele Fans füllte überraschend Nico Hammann die Position des zentralen Innenverteidigers in der Dreierkette aus. Der etatmäßige Stammspieler im Abwehrverbund, Richard Weil, blieb die gesamten 90 Minuten über auf der Bank. Zudem starteten Neuzugang Steffen Schäfer als linker Innenverteidiger und Christopher Handke auf der rechten Seite. Wurde die Dreierreihe in der ersten Halbzeit noch weitgehend wenig beschäftigt, war dennoch augenscheinlich, wie viele Probleme die Abwehrspieler bei dem schnellen, überfallartigen Flügelspiel der Großaspacher besaßen. Besonders Außenstürmer Joseph-Claude Gyau bereitete der Defensivkette häufig Probleme.
Im Spielaufbau war Nico Hammann das Bemühen um ein gelungenes Vertikalspiel anzusehen. Dennoch endeten sowohl die Bälle ins zentrale Mittelfeld als auch die weiten Schläge in die Sturmspitze zu oft beim Gegner. Neuzugang Steffen Schäfer blieb in seinem Vorwärtsdrang noch zu zaghaft, spielte lieber den Sicherheitsball zum Nebenmann. Im Hinblick auf das Heimspiel gegen Rot-Weiß Erfurt, bei dem der Gast den Blau-Weißen auch die komplette Spielführung überlassen wird, täte Trainer Jens Härtel gut daran, in der Defensive an einigen Stellschrauben zu drehen.
Baustelle Mittelfeld
Gedanklich zu langsam, im Zweikampfverhalten zu passiv: Die Doppelsechs um Kapitän Marius Sowislo und Björn Rother verdiente sich bei der Niederlage nicht gerade Bestnoten. Funktionierte das Pressing in der ersten Halbzeit noch ganz gut, zeigten die beiden im Umschaltspiel einige Defizite. Wenn die schnelle Spielverlagerung ins letzte Drittel vonnöten war, riskierten die beiden Mittelfeldspieler wenig, um die Vorderleute offensiv in Szene zu setzen. Hinsichtlich des Erfurt-Spiels dürfte Neuzugang Dennis Erdmann mit den Hufen scharren. Der robuste Mittelfeldspieler kann im Ostduell eine gute Alternative zu den etablierten Sechsern in der Zentrale sein.
Baustelle Offensive
Teilweise zu lässig spielte die Angriffsreihe der Blau-Weißen die wenigen Möglichkeiten in der ersten Halbzeit aus. Die Überlegenheit im Mittelfeld, auch nach schneller Balleroberung, konnten die Magdeburger nie in klare Torgelegenheiten ummünzen. Oftmals wurde auf umständliche Weise der Nebenmann gesucht, anstatt mit Tempo selbst den Abschluss zu suchen. Stürmer Felix Lohkemper, ein spielerischer Zugewinn in der Offensivabteilung, blieb auf diese Weise die einzige halbwegs gefährliche Möglichkeit der ersten Halbzeit vorbehalten. Auch Trainer Härtel monierte nach dem Spiel den fehlenden Mut seiner Angriffsreihe: "Wir haben viel Dominanz gehabt. Gute Situationen nach vorn gehabt, aber zu Ende haben wir nur zwei/drei gespielt, wo wir leider nicht in Führung gehen." Top-Torjäger Christian Beck blieb über das gesamte Spiel relativ wirkungsarm. Im Zusammenspiel mit den kreativ veranlagten Ludwig und Lohkemper merkte man Beck die Anpassungsprobleme noch an.
Fazit
Jens Härtel wird einige Stellschrauben für das Erfurt-Spiel verändern. Das 1:4 gegen die SG Sonnenhof Großaspach war, auch in der Höhe, ein Dämpfer als Hallo-Wach-Effekt. Die Ausrede mit drei schönen Sonntagsschüssen des Gegners darf bei den Blau-Weißen nicht einmal leise in der Kabine geflüstert werden. Arbeiten die Magdeburger bis zum Samstag an den fehlenden Prozentpunkten, ist der Schrecken zum Anfang der Saison bald vergessen.