Philipp Klewin: "Ich möchte mich bei Rot-Weiß Erfurt entwickeln."

Philipp Mickel Klewin ist seit 2005 beim FC Rot-Weiß Erfurt, durchlief seit dem alle Jugendschulen der Thüringer und ist seit dem 1. Juli 2012 im Kader der ersten Mannschaft. Zu Beginn der Saison sicherte sich der 19-Jährige unter dem neuen Trainer Walter Kogler den Stammplatz im Tor der Erfurter. Im Interview mit liga3-online.de sprach er über seine persönliche Entwicklung, die Ziele für die Zukunft und verriet, warum er schon jetzt so nervenstark ist.

 

Herr Klewin, ist die Niederlage gegen RB Leipzig schon verdaut?

Ja, das Spiel ist abgehakt, am Samstag geht es ja schon wieder weiter mit dem Heimspiel gegen den MSV Duisburg. Wir haben ein gutes Spiel gemacht und hatten etwas Pech, aber auf die Leistung können wir aufbauen.

Wie sehen Sie Ihre persönliche Entwicklung in den vergangenen Monaten und hätten Sie je gedacht, dass es so schnell mit dem Stammplatz im Tor klappen würde?

Ich hatte damals eine gute Phase, die Leistungen im Training und in der U23 haben gestimmt und insgeheim habe ich immer gehofft, zum Einsatz zu kommen. Dass es so schnell geht, hätte ich selber aber nie gedacht. Nach dem Weggang von Markus Rickert und der Verletzung von Andreas Sponsel ergab sich mir die Chance, die ich auch meiner Meinung nach genutzt habe. Nach dem Wechsel von Sponsel bekam ich von den Trainern das Vertrauen und durfte als Nummer eins im Tor in die Saison starten.

Wie kamen Sie zum Fußball und wieso ausgerechnet die Torhüterposition?

Wir hatten damals einen Bolzplatz vor der Wohnung. Der war nicht so gut besucht und deshalb konnte ich mit meinem Vater, der in Schönstedt auch mein Trainer war, viel Zeit dort verbringen. Am Anfang war ich Feldspieler, stellte mich aber nach zwei Wochen ins Tor. Ich dachte mir: 'Mensch, du hältst ja sogar ein paar Bälle'. Das Grundtalent war also vorhanden. Und so kam es, dass ich mich im Alter von fünf Jahren dafür entschied, fortan nur noch im Tor zu stehen.

Haben Sie ein Vorbild?

Nicht direkt ein Vorbild, aber Oliver Kahn ist eine Person, die ich schon immer bewundert habe. Mein Teamkollege Jeff (Jean-Francois Kornetzky, Anm. d. Red.) traf ihn mal und meinte zu mir, dass er wie ein Gott auf ihn wirkte – als hätte er einen Heiligenschein über dem Kopf (lacht). Diese Präsenz wie Kahn auszustrahlen, ist sicherlich für jeden Torhüter ein Ziel.

Was für eine Art Torhüter sind Sie, auch einer der Modernen?

Ich versuche einen gesunden Mix zu finden. Es ist auch von der Spielweise abhängig. Mal muss man das Spiel schnell machen, mal die Luft herausnehmen. Immer nur schnell nach vorn ist ja auch für die Mitspieler anstrengend.

Trotz Ihrer 19 Jahre sind Sie schon so etwas wie ein Erfurter Ur-Gestein.

Ja (lacht). Nur Kevin Möhwald ist aktuell noch länger beim Verein als ich. Ich kam 2005 von der SV Grün-Weiß Schönstedt in die D-Junioren von RWE.

Wie ist Ihr Verhältnis zu ihren Torhüter-Kollegen "Jeff" Kornetzky und Paul Büchel?

Wir verstehen uns super. Natürlich ist die Torwartposition hart umkämpft, da schließlich nur einer von uns auf dem Platz stehen kann, aber wir motivieren uns im Training trotzdem gegenseitig und klatschen uns ab, wenn wir einen Ball stark gehalten haben. So können wir uns unterstützen und noch bessere Leistungen zeigen. Auch nach dem Training sind wir manchmal noch gemeinsam auf dem Platz und trainieren weiter.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren und welches persönliche Saisonziel haben Sie?

Ich habe hier in Erfurt noch einen Vertrag bis 2017, den habe ich nicht ohne Grund unterschrieben. Ich möchte ihn auch erfüllen. Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft, da kann man schwer sagen, was in fünf Jahren ist, aber ich möchte mich hier weiterentwickeln – noch habe ich nichts erreicht. Ich möchte eine konstante Saison spielen und der Mannschaft helfen. Mein Ziel ist es, ungefähr ein Drittel der Spiele ohne Gegentor zu bleiben, es dürfen aber auch gerne mehr sein (lacht).

Wie kamen Sie zu dem Spitznamen "Orle"?

Dirk Orlishausen war damals gerade die Nummer eins bei Rot-Weiß Erfurt. Dann stellte sich heraus, dass wir uns sehr ähnlich sehen. Wir hatten zu der Zeit zufällig auch den gleichen Haarschnitt und denselben Laufstil. Ich war auch annähernd so groß wie er. Da er ein toller Typ ist, kann ich auch sehr gut mit diesem Vergleich leben.

Was machen Sie, wenn gerade nicht das Tor von Rot-Weiß Erfurt gehütet werden muss?

Ich bin sehr gerne in der Stadt und gehe spazieren. Dies ist ein guter Ausgleich zum Alltagsstress. Ich unternehme auch gerne etwas mit meiner Freundin und Freunden. Ständiges Feiern ist aber nicht so mein Ding. Um mich abends noch irgendwo anzutreffen, muss man viel Glück haben (lacht).

Können Sie sich an Ihr letztes Spiel für Grün-Weiß Schönstedt, Ihren Jugendverein, erinnern?

Das war in der Bezirksliga bei den D-Junioren. Aber gegen wen weiß ich nicht mehr so genau. Ich kann mich noch an ein Spiel erinnern, in dem wir 1:0 hinten lagen und eine Notbremse gegen uns gepfiffen bekamen. Ich hielt den Neun-Meter und wir gewannen am Ende noch mit 2:1.

Ist es für Sie vorstellbar, später als Führungsspieler im Team zu fungieren?

Vielleicht in zwei bis drei Jahren. Aktuell ist es noch zu früh. Ich bin erst frisch von den A-Junioren in die erste Mannschaft gerutscht und bin noch grün hinter den Ohren. Ich muss mich etablieren und dann könnte ich mir es auch vorstellen. Mit Nils Pfingsten-Reddig, Marco Engelhardt und Andre Laurito haben wir momentan erfahrene Spieler. Da muss ich mit meinen 19 Jahren noch warten.

Wie kommt es, dass Sie trotz Ihres jungen Alters schon so nervenstark sind?

Das ist eine Eigenschaft, die ich von meiner Mutter mitbekommen habe. Ich kann in Stresssituationen ruhig bleiben und mit diesen gut umgehen. Ich hatte auch in der Schule nie Probleme bei Prüfungen, egal, ob mündlich oder schriftlich. Hinzu kommen auch die Routine, die man irgendwann hat und das Selbstvertrauen nach guten Leistungen.

Was ist es für ein Gefühl, im Profikader zu stehen und darüber hinaus auch Stammtorhüter zu sein?

Es ist natürlich toll, da zu stehen, wo ich schon als kleiner Junge landen wollte. Schon während meiner Zeit bei Schönstedt war ich im Stadion und habe das Team angefeuert. Nun bin ich selber einer von denen, das ist wirklich schön. Als kleines Kind träumt man natürlich von so etwas, jetzt ist es real und ich bin mittendrin. Aber natürlich sind auch wir nur Menschen, das vergessen viele. Und ich versuche, mich nach außen auch immer als solch einer zu geben. Nur weil wir Fußballprofis sind, denken wir nicht, dass wir etwas Besseres sind.

Wie fühlen Sie sich kurz vor einem Spiel und haben auch Sie ein Ritual?

Vor den Spielen müssen meine Handschuhe immer mit einem Zimmer sein. Da spielt es keine Rolle, ob auswärts oder vor heimischem Publikum. Das ist so etwas wie mein Ritual. Aufgeregt bin ich nicht. Ich freue mich auf die Kulisse und gehe mit viel Spaß an die Sache. Und Spiele wie das gegen Leipzig sind absolute Highlights. Bei der tollen Stimmung, vor allem durch unsere Fans, habe ich schon Gänsehaut bekommen.

Welchen Handschuhen schenken Sie Ihr Vertrauen?

Ich bevorzuge Handschuhe mit Innennaht-Schnitt. Kurioserweise waren meine allerersten Torwart-Handschuhe rot-weiß. Irgendwie war es vorbestimmt (lacht).

Drei Ihrer vier Vorderleute in der Verteidigung sind im Sommer neu dazugekommen. Funktioniert die Absprache schon zu 100 Prozent?

Die Verantwortlichen haben im Sommer viel Qualität geholt und Rafael Czichos hat bisher super Spiele gemacht. Natürlich gibt es noch Kleinigkeiten, die nicht funktionieren, aber das ist so früh in der Saison normal. Abstimmungsprobleme gibt es aber keine.

Sind die Neuen in der Mannschaft schon voll integriert?

Ja, wir verstehen uns super und haben ein tolles Mannschaftsgefüge. Jeder gibt für das große Ziel Aufstieg alles.

Was ist für das Team in dieser Saison möglich?

Das Ziel ist es, eine Mannschaft zu formen, die 2016 aufsteigen kann. Dieses Jahr wollen wir auf keinen Fall etwas mit dem Abstieg zu tun haben. Wenn wir am Ende dort stehen, wo wir momentan in der Tabelle vorzufinden sind, wäre das eine schöne Sache.

Welchem der bisherigen Gegner trauen Sie den Aufstieg am ehesten zu?

Das sind Preußen Münster und RB Leipzig. Münster hat gegen uns phasenweise ganz stark gespielt, RB hatte das Glück, das uns momentan noch fehlt. Aber durch ihre finanziellen Möglichkeiten werden sie auch oben mitspielen können.

Mit einigen Wochen Abstand – woran lag es, dass der Verein letzte Saison so lange um den Klassenerhalt zittern musste?

Der Saisonstart war natürlich katastrophal. Wenn du so schnell so weit unten stehst, nagt das natürlich am Selbstvertrauen. Dann wird es schwer, wieder hochzukommen. Das Miteinander der Spieler war nicht gut, viele haben nur noch auf sich selbst geschaut und es gab viel Unruhe von außen. Doch durch einige Abgänge und die neue Situation hat sich dies im Sommer deutlich gebessert.

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

 

FOTOS: Marcel Junghanns [Klettermaxe Photographie | Fototifosi]

   

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