Preußen Münster: Stadionträume platzen binnen weniger Minuten

Viele neugierige Pressevertreter und ausgewählte Vereinsverantwortliche waren ebenso wie Politiker aller Fraktionen am gestrigen Montagabend in die Räumlichkeiten der Haupttribüne des Preußenstadions gekommen, um gespannt den Stadionplänen vom ehemaligen Geschäftsmann Walther Seinsch zu lauschen. Doch schon im Vorfeld sickerte bei "westline.de" durch: Die Stadt hatte eine Selbstbeteiligung sofort abgelehnt und damit den entscheidenden Dominostein in der Reihe entfernt. 50 Millionen Euro sollte ein grundlegender Neubau einer Spielstätte der Adlerträger insgesamt kosten, inklusive einer Kapazität von rund 35.000 Personen. 20 Millionen Euro würde eine von Seinsch gegründete Stiftung beisteuern, 10 Millionen sollten durch weitere Geldgeber gewonnen werden. Bliebe ein Restbetrag von 20 Millionen Euro Belastung für den städtischen Haushalt – zu viel für Oberbürgermeister Markus Lewe, bei dem Seinsch offenbar sehr überrascht auf Granit stoß. Welche Stadt lehnt schon einen Plan für eine weitreichende infrastrukturelle Maßnahme ab, welche nur zu 40 Prozent selbst finanziert werden muss und auch für Konzerte etc. genutzt werden kann? Zumal die Stiftung durch die möglichen Mietzahlungen des Vereins auch noch einen Teil an benachteiligte Kinder in der Region spenden wollte. Doch auch dieses Konzept überzeugte die Stadtoberen nicht.

Neubau an der Hammer Straße nicht möglich

Ein weiteres Problem: Am aktuellen Standort des Stadions, der Hammer Straße, wäre aus lärmschutz- und baurechtlichen Gründen eine derartige Erweiterung oder ein Neubau in dieser Dimension überhaupt nicht möglich gewesen – auch dies war schon lange vor der skurrilen Veranstaltung an die Öffentlichkeit gedrungen. Für eine derartige Arena würde derzeit nur der seit Jahrzehnten diskutierte Standort Nieberdingstraße im Münsteraner Hafengebiet infrage kommen, doch dieser ist noch bewohnt und würde den Rat zu neuen Beschlüssen drängen – Aktionen, die sich (zumindest in Münster) durchaus über Jahre hinweg strecken können.

Aber das ist mit Walther Seinsch nicht zu machen: Als die Stadt Reutlingen im Jahre 1999 nicht mitspielte, beendete er eine ähnliche Vision rasch und zog weiter. Beim FC Augsburg wurde er zunächst von einigen müde belächelt, führte diese aber als Präsident in die Bundesliga und durch den Stadionneubau indirekt sogar in die Europa League, obgleich er längst nicht mehr in der Fuggerstadt ansässig ist. Und auch sein Plan in Münster konnte nur mit der großen Lösung aufgehen: Eine geringfügige Modernisierung und Erweiterung des in die Jahre gekommenen Preußenstadions würde sich für potenzielle Investoren schlichtweg nicht lohnen. Doch für diesen Stadionplan, der den Münsteranern ein sicherlich zunächst überdimensioniertes, aber bundesligataugliches Schmuckstück beschert hätte, fehlte es schlussendlich an der Unterstützung einer Stadt, in welcher dem größten Fußballverein wohl eine so geringe Bedeutung beigemessen wird wie nirgendwo sonst.

Veranstaltung glich einer Farce

Fraglich bleibt: Warum lädt man zu einer derartigen Veranstaltung? Warum wird den Anhängern, die sich seit Jahren nach mehr Sitzplätzen und einem wenigstens komplett überdachten Stadion sehnen, über Wochen Hoffnung gemacht, um sie in nicht einmal einer halben Stunde im Keim zu ersticken? Sämtliche Gespräche über die Nichtmachbarkeit eines derartigen Vorhabens hätten Walther Seinsch und die Stadt Münster auch hinter den Kulissen führen können, anstatt zu einer Veranstaltung zu laden, deren Sinnlosigkeit alle bisherigen Stadiondebatten nochmals übertroffen hat. Tausende Fans fieberten diesem Abend entgegen, dessen Berichterstattung durch gleich fünf Liveticker erfolgte.

Doch so rieben sich gestern einige im Saal sowie vor dem Bildschirm verwundert die Augen, als nicht etwa ein hochmodernes Stadion über die Leinwand flackerte, sondern plötzlich über benachteiligte Kinder in Münster und Augsburg geredet wurde und Seinsch offenbar mit dem Gedanken spielte, das Stiftungskapital stattdessen in die Münsteraner Sportplätze kleinerer Vereine zu stecken. Schlussendlich glich die Veranstaltung einer Farce, die mehrere Politiker abschließend teilweise für den Wahlkampf zu nutzen versuchten. Da hörten jedoch Verantwortliche wie gespannte Medienvertreter längst nicht mehr zu: Auch der gefühlt zehnte Versuch, für Preußen Münster ein konkurrenzfähiges Stadion auf die Beine zu stellen, war mal wieder kläglich gescheitert.

   

Das könnte Sie auch interessieren

Auch interessant

Back to top button