Strittige Szenen am 31. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die nicht gegebenen Elfmeter für Magdeburg und Chemnitz, die verwehrten Treffer für Chemnitz und Erfurt, ein abgepfiffener Angriff des FSV Frankfurt, der Platzverweis gegen Lorenz und das 3:0 für Kiel. Am 31. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de sieben strittige Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]

Szene 1: Tarek Chahed (1. FC Magdeburg) kommt im Strafraum an den Ball und geht nach einem Kontakt von CFC-Keeper Kevin Kunz zu Fall. Schiedsrichter Daniel Siebert entscheidet aber nicht auf Elfmeter, sondern auf Abstoß für Chemnitz. [TV-Bilder – ab Minute 18:30]

Babak Rafati: Eine schwierige Szene für den Schiedsrichter, bei der er sehr gut steht und prima die Überzeugung seiner Entscheidung durch seine Präsenz am Tatort unterstreicht. Chahed will im Strafraum von Chemnitz am Torwart vorbeilaufen. Der herausgelaufene Kunz spielt eindeutig den Ball. Nach dem klaren Ballspielen hakt sich der Angreifer beim Torhüter am Fuß ein und kommt zu Fall. Ob der Angreifer bewusst handelt oder der Vorgang im Lauftempo passiert, ist dabei nicht zweifelsfrei auszumachen. In dieser Situation liegt aber kein Foulspiel vor, sodass der Schiedsrichter richtigerweise auf Abstoß entscheidet. Hier nicht auf Schwalbe zu entscheiden, ist ebenso richtig, da eine Absicht des Angreifers nicht zweifelsfrei auszumachen ist. Eine Ermahnung auszusprechen, ist indes sehr klug, damit der Spieler, falls er bewusst gehandelt hat, vorgewarnt ist und beim nächsten Mal diese Spielweise unterlässt. Insgesamt eine Situation, die prima gelöst wird.

Szene 2: Nach einer Flanke köpft Daniel Frahn zum 1:0 für Chemnitz ein, Siebert will jedoch seine Abseitsposition gesehen haben und gibt den Treffer daher nicht. [TV-Bilder – ab Minute 25:30]

Babak Rafati: In dieser Szene gibt es keine zwei Meinungen: Der Torschütze Frahn steht nicht im Abseits. Somit liegt eine Fehlentscheidung durch den Assistenten vor.

Szene 3: Alexander Bittroff (Chemnitzer FC) wird nach einem Solo in den Strafraum von Michel Niemeyer (1. FC Magdeburg) zu Fall gebracht. Chemnitz fordert Strafstoß, das Spiel läuft aber weiter. [TV-Bilder – ab Minute 54:00]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf im Magdeburger Strafraum spitzelt Niemeyer den Ball weg und liegt dabei am Boden. Bittroff kommt nach einem Solo-Lauf ins Straucheln und fällt nach der sauberen Aktion vom am Boden liegenden Niemeyer über dessen Körper. Es ist alles im Bereich des Erlaubten und somit ist die Entscheidung, weiterzuspielen eine richtige.

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Szene 4: Nach einem Einwurf verlängert Carsten Kammlott auf Janis Nikolaou (Rot-Weiß Erfurt), der den Ball aus dem Gewühl über die Linie drückt. Schiedsrichter Tobias Fritsch entscheidet jedoch auf Handspiel bei der Ball-Weitergabe und gibt den Treffer nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:10]

Babak Rafati: Ein Foulspiel liegt zunächst einmal nicht vor. Nach einem langen Einwurf in den Strafraum von Bremen springt der Ball dem Erfurter Kammlott auf den Arm und wird von dort zu Nikolaou verlängert, der anschließend ins gegnerische Tor trifft. Da der Ball nicht aus kurzer Distanz angeflogen kommt und zudem der Arm für die Vergrößerung der Körperfläche eingesetzt wird, liegt ein Handspiel vor. Daher eine richtige Entscheidung, den Treffer nicht anzuerkennen.

[box type="info"]Hinweis: Der nicht gegebene Elfmeter für Rot-Weiß Erfurt in der Nachspielzeit konnte aufgrund fehlender TV-Bilder nicht analysiert werden.[/box]

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Szene 5: Als Maurice Deville frei auf das Tor zuläuft, pfeift Schiedsrichter Florian Kornblum den Angriff ab, da ein Zwickauer verletzt im Strafraum liegt. [TV-Bilder – ab Minute 1:28:30]

Babak Rafati: Wenn ein Schiedsrichter der Meinung ist, dass sich ein Spieler ernsthaft verletzt hat, soll er das Spiel unter Beachtung der Vorteilsbestimmung unterbrechen, denn die Gesundheit der Spieler hat Vorrang. Allerdings sollte der Zeitpunkt der Unterbrechung gut bedacht werden. Als der Ball in den Strafraum von Zwickau kommt und sich eine sehr gute Angriffssituation für Frankfurt anbietet, unterbricht der Schiedsrichter das Spiel, was die Frankfurter Akteure zurecht auf die Palme bringt. Denn genau die erwähnte Vorteilsbestimmung wurde hier missachtet – das hätte man optimaler lösen können. Als der Verteidiger von Zwickau zuvor zu Boden geht und der Ball anschließend geklärt wird und am anderen Tor ist, wäre ein idealer Zeitpunkt für eine Unterbrechung gewesen. Eine äußerst unglückliche Entscheidung des Schiedsrichterteams.

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Szene 6: Marc Lorenz (Wehen Wiesbaden) sieht von Schiedsrichter Tim Skorczyk für zwei eher harmlose Fouls zwei Mal Gelb und muss mit Gelb-Rot den Platz verlassen. [TV-Bilder – ab Minute 31:40 und 34:50]

Babak Rafati: Der Kieler Angreifer ist an Lorenz vorbei und dieser bringt ihn durch ein taktisches Foulspiel zu Fall. Dabei ist die Aktion nur gegen den Gegner gerichtet – der Ball ist in keinster Weise Spielobjekt. Eine richtige Entscheidung des Schiedsrichters, Lorenz mit der gelben Karte zu verwarnen. Hier wäre es allerdings wichtig gewesen, ein Zeichen zu setzten und sich die anschließende Kopf-an-Kopf-Manier von Lorenz nicht gefallen zu lassen.

In der zweiten Szene liegt erneut ein Foulspiel vor, was aber eher in die Kategorie harmlos eingestuft werden kann, zumal drei andere Verteidiger um den Angreifer stehen und somit überhaupt keine Gefahr vom Angreifer ausgeht. Daher kann man nicht von einem taktischen Foulspiel sprechen. Die gelbe Karte ist nicht korrekt und man sieht, dass der Schiedsrichter diese auch zunächst gar nicht zeigen will, sondern eher vom Assistenten dazu überredet wird. Hier wäre keine Karte die richtige Entscheidung gewesen, somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

Szene 7: Dominic Peitz (Holstein Kiel) bringt Robert Andrich (Wehen Wiesbaden) zu Fall, das Spiel läuft aber weiter und Kiel erhöht auf 2:0. [TV-Bilder – ab Minute 55:10]

Babak Rafati: Peitz attackiert seinen Gegenspieler im Mittelfeld mit angelegtem Arm und im Bereich des Erlaubten, denn Körperkontakt gehört zum Fußball dazu. Daher ist es richtig, in dieser Szene weiterspielen zu lassen.

 

   

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