Strittige Szenen am 8. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Ein nicht gegebener Elfmeter für Erfurt, der Strafstoß für Osnabrück und das 1:0 für Magdeburg. Am 8. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de drei strittige Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]

Szene 1: Marcel Appiah (VfL Osnabrück) bringt Mikko Sumusalo (Rot-Weiß Erfurt) im Strafraum zu Fall, Schiedsrichter Eric Müller lässt weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 17:30]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht in der Entstehung des Angriffs eigentlich richtig, jedoch ist dieser sogenannte "tödliche" Pass in den Rücken der Verteidiger auch für den Schiedsrichter eine große Herausforderung. Appiah geht rücksichtslos in den Zweikampf und trifft dabei zuerst die Beine von Sumusalo und kurz danach erst auch ein wenig den Ball. Für diesen Zweikampf hätte es einen Strafstoß für Erfurt und eine gelbe Karte gegen den Verteidiger geben müssen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor. Aus kürzerer Distanz zum Geschehen wäre der Schiedsrichter sicherlich auch zu einem anderen Ergebnis gekommen.

Szene 2: Nach einem Foul von Luka Odak (Erfurt) an Kwasi Okyere Wriedt (VfL Osnabrück) zeigt Müller auf den Punkt. Lautstarke Proteste der Erfurter sind die Folge. [TV-Bilder – ab Minute 0:20]

Babak Rafati: Hier muss man Theorie und Praxis voneinander unterscheiden. In der Theorie kann der Schiedsrichter regeltechnisch diese Szene zurückpfeifen, denn der Verteidiger Odak trifft Wriedt ohne Zweifel. Da aber der Angreifer bereits geschossen hatte und die Aktion damit abgeschlossen war, hat die Attacke des Verteidigers keinen Einfluss mehr. Die Schiedsrichter lassen in der Praxis dann immer weiterspielen. Man merkt auch an den heftigen Protesten der Erfurter Spieler, dass diese Szene gängig fußballtypisch ist und so etwas einfach nicht gepfiffen wird. Von einer Fehlentscheidung im Sinne der Regel kann man hier nicht sprechen, eher von einer sehr unglücklichen Entscheidung, die so in der Praxis eigentlich keine Anwendung findet.

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Szene 3: Beim 1:0 für Magdeburg durch Marius Sowislo steht Christian Beck im passiven Abseits und verdeckt dabei die Sicht von Werder-Torhüter Michael Zetterer. Schiedsrichter Justus Zorn gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 0:30]

Babak Rafati: Bei solchen Szenen muss das Schiedsrichterteam viel mehr miteinander kommunizieren, um zu einer richtigen Entscheidung zu kommen. Das geht aber nur gemeinschaftlich, weil nur durch beide Blickwinkel das richtige Ergebnis ermittelt werden kann. Der Assistent schaut von der Seite und kann nur sehen, ob ein Spieler zunächst einmal überhaupt im Abseits steht oder nicht. Er kann jedoch nicht sehen, ob dieser Spieler auch tatsächlich in der Sicht des Torhüters steht und damit strafbar eingreift.

Der Schiedsrichter wiederrum schaut fast frontal auf die Szene und kann beim Torschuss des Magdeburger Angreifers auf das Tor von Bremen beurteilen, ob Beck genau diese strafbare Position einnimmt und dabei den Torwart von Bremen irritiert oder nicht, da er die Schussbahn einsehen kann.

Der Angreifer behindert die Sicht des Torhüters und irritiert ihn somit, sodass Einfluss genommen wird und schlussendlich eine aktive Abseitsposition vorliegt. Die Nichtberührung des Balles durch den im Abseits stehenden Angreifer ist dabei unerheblich. Der Treffer hätte nicht zählen dürfen und somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

 

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[box type="info"]Info: Strittige Szenen aus den Partien Köln-Rostock und Lotte-Großaspach konnten aufgrund fehlender TV-Bilder nicht analysiert werden.[/box]

 

 

   

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