VfL Osnabrück verdrängt den Nachbarn vom Thron
Spitzenreiter VfL Osnabrück! Mindestens für eine Nacht haben die Niedersachsen den Nachbarn Sportfreunde Lotte vom Thron gestoßen. Mit einem unter dem Strich verdienten, aber ein bis zwei Tore zu hohen 3:0 (1:0)-Sieg über RW Erfurt zogen die Lila-Weißen an die Spitze des Klassements. Zum Selbstläufer wurde die Begegnung allerdings erst nach etwa 60 Minuten…
Ausgeglichene erste Halbzeit
Lange hatte sich der VfL nämlich gegen engagierte und gewillte Erfurter schwergetan, die sich selbst zwar kaum eine nennenswerte Torchance herausspielten, aber Osnabrück ebenso am Kreieren von eigenen Möglichkeiten hinderten. Es entwickelte sich zwar kein Spektakel, aber dennoch ein sehr intensives Spiel mit ersten Möglichkeiten durch Christian Groß (4.) für die Osnabrücker und auf der Gegenseite Luka Odaks verunglückter Flanke, die die Latte touchierte (9.). Etwas entschlossener zeigten sich in der Folge die Hausherren, die durch Groß‘ Volleyabnahme nach einer Ecke von „Otschie“ Wriedt bereits nah an der Führung waren (16.). Für den Treffer musste dann allerdings wie schon in Kiel ein Elfmeterpfiff herhalten: Nachdem Wriedt bei einem Schussversuch regelwidrig geblockt worden war, deutete Schiedsrichter Eric Müller auf den Punkt (23.), zwei Minuten später verwandelte Bastian Schulz den Strafstoß trocken unten links. Zuvor hatten die Erfurter vehement, aber vergeblich protestiert – sie hatten den Tatort des Fouls außerhalb des Sechzehners gesehen.
Nach dem 2:0 gibt Erfurt sich geschlagen
Noch in der Woche hatte VfL-Trainer Joe Enochs angesprochen, nach einer 1:0-Führung souveräner agieren zu wollen. Das gelang den Gastgebern in der Folgezeit nicht, im Gegenteil: Erfurt blieb auf Augenhöhe und war dem Ausgleich mit dem Halbzeitpfiff sehr nah, aber Marius Gersbeck parierte eine Sumusalo-Hereingabe, Pablo Pigl vergab im zweiten Anlauf (45.). Auch in die zweiten 45 Minuten startete Osnabrück verhalten, überließ RWE phasenweise das Plus an Spielanteilen. Während diese allerdings überhaupt keine Durchschlagskraft an den Tag legten und über 90 Minuten zu brav wirkten, legte der VfL nach: Wriedt staubte nach einem Eckball von links aus kurzer Distanz zum 2:0 ab (60.) – der Knockout für Erfurt. In der Folge plätscherte das Geschehen vor sich hin, einzig Joker Robert Kristo sorgte nochmals für Aufsehen: 14 Sekunden nach seiner Einwechslung erhielt der Stürmer den Ball vor die Füße und legte diesen per Volley unten links ins Eck (86.), was für ein Premierentreffer für den 23-Jährigen.
Wriedt erst schwach und dann hellwach
Ein 3:0-Erfolg unter dem Flutlicht der Bremer Brücke und die damit verbundene Tabellenführung: Alles könnte perfekt sein beim VfL Osnabrück, war es allerdings nicht. Kaum ein Spieler war wirklich zufrieden mit der gezeigten Leistung – sowohl Bastian Schulz als auch Anthony Syhre haderten in perfektionistischer Manier, sahen im eigenen Spiel Defizite. Wriedt dagegen war „einfach nur happy, dass endlich der Knoten geplatzt ist“, und das ganze Team feierte mit dem Youngster. Auch Enochs sprach Wriedt auf der Pressekonferenz nach Abpfiff noch einmal gesondert an, sah nicht nur Gutes in seinem Auftritt. „Erst fehlten ihm vorne die klaren Aktionen, das kann er besser“, analysierte der Übungsleiter, der sich danach aber über das Tor und den herausgeholten Elfmeter seines Schützlings freuen durfte. „Er ist in seiner Entwicklung noch nicht am Ende“, hofft Enochs auf weitere Tore des 21-Jährigen, „wir erhoffen uns noch große Dinge von ihm.“
Ist Träumen schon erlaubt?
Große Dinge bietet aktuell auch die Tabelle: Mindestens für eine Nacht ist der VfL Spitzenreiter, was der Großteil der 8330 Zuschauer nach Abpfiff lautstark feierte. Ist schon wieder die Zeit zum Träumen gekommen? Wie im letzten Jahr halten es die Spieler eher mit Bodenständigkeit. „Wir denken von Spiel zu Spiel und tun gut daran, auf dem Boden zu bleiben“, stellte Innenverteidiger Syhre umgehend klar. Ob es aber vielleicht doch in diesem Jahr mit dem großen Wurf für die Niedersachsen funktionieren könnte? Der Start ist geschafft, der Grundstein gelegt. Erste ferne Gedanken sind erlaubt, mehr noch nicht: Schon am Samstag führt die nächste Auswärtsreise zum Chemnitzer FC – dem nächsten Gradmesser dafür, wie stark der VfL Osnabrück in diesem Jahr wirklich ist.