1. FC Kaiserslautern in Not: Stürzen die Roten Teufel nochmals ab?

Es sieht aus wie ein schwerer Systemfehler, erwartet hatte diese Entwicklung keiner. Doch dem 1. FC Kaiserslautern droht ein unliebsames Dejá-vu in der 3. Liga ab dem kommenden Sommer. Aktuell ist der Fall ein freier, die Pfälzer haben das Siegen verlernt. Und selbst ein alter Trainerrecke ist sogleich am Limit gefordert.

Abreibung im Derby

Das schwere zweite Jahr, sagen sie im Fußball immer wieder. Für den 1. FC Kaiserslautern fühlt sich diese Bezeichnung wohl wie eine gewaltige Untertreibung an. Eigentlich sollte doch die positive Entwicklung des Vorjahres bestätigt werden. Die Realität ist Ende Februar 2024 der 16. Tabellenplatz und ein Ticket für die Abstiegsrelegation, die dem überwiegenden Teil der Zweitliga-Teilnehmer in den vergangenen Jahren wenig genützt hat und den Abstieg nur um anderthalb Wochen verzögerte. Der stolze FCK erntete just Häme und Spott vom Karlsruher SC, der sich beim Heim-Debüt vom 70-jährigen Friedhelm Funkel auf dem Betzenberg in einen Rausch spielte und einen 4:0-Derbysieg einfuhr. Von fast 50.000 Zuschauern waren vielen schon vor Abpfiff auf dem Weg bergab in die Stadt, erneut wurden sie bitter enttäuscht. War es das erst einmal mit dem Mythos Fritz-Walter-Stadion? Die bereits sechste Heimpleite der Saison ist gleichbedeutend mit dem Höchstwert der 2. Bundesliga.

Weder Dirk Schuster, freigestellt am 30. November des Vorjahres, noch der seltsam unpassende Ex-Profi Dimitrios Grammozis (freigestellt am 13. Februar) konnten die Entwicklung aufhalten, die seit Anfang Oktober Einzug gehalten hat. An jenem Freitagabend hatte Lautern einen 0:1-Rückstand gegen Hannover 96 mit viel Wucht in ein 3:1 gedreht und fast alle der 43.000 Zuschauer ins Staunen und Träumen versetzt. Die Südwestdeutschen kletterten auf den 3. Platz, waren erste Verfolger vom Hamburger Vereinsduo an der Tabellenspitze. Es folgte nach einer Länderspielpause ein Spiel für die Jahresrückblicke – zum Leidwesen für die Lauterer, die einen 3:0-Vorsprung bei plötzlich entfesselten Düsseldorfern noch verspielten und 3:4 verloren. Dass Stürmer Ragnar Ache beim Jubel über das zwischenzeitliche 3:0 von einer Flasche getroffen wurde, ist für nicht wenige FCK-Fans noch heute der Ursprung der Mega-Krise.

In der Liga katastrophal, im Pokal sensationell

Das Ausmaß des sportlichen Verfalls ist mit diesem einen Düsseldorf-Spiel, das damals durchaus in einem Abbruch anstatt in der spektakulären Wende hätte enden können, aber nicht zu erklären. Nur noch einen einzigen Sieg holte der 1. FC Kaiserslautern seither – ein 4:1 gegen den ebenso von allen guten Fußballgeistern verlassenen FC Schalke 04. Bestätigt wurde dieses kleine Zwischenhoch nicht, es folgten drei Niederlagen und nur ein Remis. Angesichts der Gegner Elversberg, Paderborn, Nürnberg und nun Karlsruhe war das alles andere als eine erquickende Bilanz. Völlig im Kontrast dazu steht das Abschneiden im DFB-Pokal, wo über die Stationen Koblenz, Köln, Nürnberg und Hertha das Halbfinale wartet: Anfang April geht es gegen Saarbrücken oder Mönchengladbach. Ein skurriles Szenario, in dem Lautern als feststehender Drittliga-Absteiger noch ein Pokalfinale spielen darf, ist da nicht auszuschließen. 1996 hat das Ganze übrigens schon mal auf diese Art und Weise geklappt – da war der FCK allerdings Bundesliga-Absteiger…

Geschäftsführer Thomas Hengen genießt eigentlich einen guten Ruf in der Pfalz, "Don Hengen", wie ihn die Fans tauften, wurde vertraut wie lange keiner Führungsperson mehr in diesem krisengeschüttelten Klub. Einst ersetzte er Trainer Marco Antwerpen vor der Aufstiegsrelegation im Frühjahr 2022 durch Schuster – ein Move der Marke "All in", der sich aber auszahlte. Nun aber wird auch sein Wirken kritischer hinterfragt: War die Trennung vom geradlinigen Schuster womöglich voreilig? Unbestritten ist: Die Wette Grammozis ging verloren, der Deutsch-Grieche musste nach nur 73 Tagen und damit so schnell wie kein anderer FCK-Trainer zuvor während einer laufenden Saison gehen. Dass Hengen nun Friedhelm Funkel als klassischen Feuerwehrmann aus dem Hut zauberte und damit auf die maximale Erfahrung setzte, war die nächste mutige Entscheidung. Liegt er damit nochmals falsch, geht es in die 3. Liga. Und für eine Zukunft von Hengen beim immer noch Bundesliga-ambitionierten Verein gäbe es wenige Argumente.

Noch keine einzige weiße Weste in der 2. Bundesliga

Die größte von vielen Problemzonen ist in der gesamten Saison die Abwehr. 48 Gegentore verteilen sich relativ gleichmäßig: Erschreckenderweise hat der FCK – Drittligisten werden sich an das einstige Bollwerk der Saison 2021/22 noch gut erinnern – kein einziges Punktspiel des laufenden Sportjahres ohne Gegentor bestreiten können. Namhafte Transfers aus Sommer und Winter, namentlich etwa Nikola Soldo und Almamy Toure, überzeugen nicht. Überhaupt hatte Hengen ein wechselhaftes Händchen trotz spürbar besserer finanzieller Möglichkeiten: Ragnar Ache und Tymoteusz Puchacz sind die erhofften Verstärkungen, Tobias Raschl und Afeez Aremu wiederum nicht, dazu gesellen sich einige weitere Mitläufer.

Der Versuch, das Team aufs nächste Qualitätslevel zu heben, ist jedenfalls offenkundig gescheitert – und ob es für den Abstiegskampf gemacht ist? Eine zentrale Frage, die unter Funkels Regie bald beantwortet wird – in Teilen schon beim anstehenden Krisengipfel als Gast des Tabellen-17. Hansa Rostock. Geht es allein nach der Form dieser Wochen, muss sich ein jeder Sympathisant des FCK ernsthafte Sorgen machen.

   

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