1. FCM: Seit über zweieinhalb Jahren im Krisenmodus

Wenn der 1. FC Magdeburg im Rhythmus ist, dann aber richtig. Das galt zwischen 2014 und 2018 im Positiven, ehe kurz nach der euphorischen Ankunft in der Zweitklassigkeit die Gegenbewegung einsetzte. liga3-online.de skizziert, wie sich die Krise an der Elbe entwickelt hat, die nun mit dem Absturz ans Tabellenende der 3. Liga ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat.

Die Krisenstatistik des 1. FC Magdeburg

Es ist eine Bilanz des Grauens, die der 1. FC Magdeburg seit geraumer Zeit anfertigt – und die ihren gewichtigen Teil dazu beiträgt, dass das Umfeld der Blau-Weißen mehr und mehr ermüdet ob des anhaltenden Krisenmodus. Seit dem Zweitliga-Aufstieg im Jahr 2018 hat der FCM genau 80 Punktspiele absolviert. Nur 17 davon konnte man gewinnen, 31 Mal teilte Magdeburg die Punkte und 32 Spiele gingen verloren. Macht insgesamt 82 Zähler, die die Elbestädter seit Sommer 2018 holen konnten, oder umgerechnet einen Schnitt von ziemlich genau einem Punkt pro Spiel, die zweiten Nachkommastellen bleiben außen vor.

Schlimmer jedoch: In diesem Zeitraum wurden mit Jens Härtel, Michael Oenning, Stefan Krämer und Claus-Dieter Wollitz vier Trainer verschlissen, mit Thomas Hoßmang wackelt bereits der fünfte Chefcoach. Auch der 53-Jährige, für den das Profigeschäft im Frühjahr zu einer Feuertaufe wurde, schaffte es bislang nicht, eine sportliche Weiterentwicklung herbeizuführen.

Die Knackpunkte

12. November 2018

Jens Härtel und Co-Trainer Ronny Thielemann werden gemeinsam von ihren Aufgaben entbunden. "Die für diese Saison gesteckten Ziele sind derzeit stark gefährdet", heißt es in einer Vereinsmitteilung. Zu diesem Zeitpunkt steht der FCM mit neun Punkten nach 13 Spielen auf dem vorletzten Tabellenplatz der 2. Bundesliga, das rettende Ufer ist allerdings nur einen Zähler entfernt. Eine 2:3-Niederlage gegen Jahn Regensburg brachte den Klub zur Entscheidung, den Aufstiegstrainer freizustellen, allerdings unterschätzt er die Wirkungskraft massiv. Für die überwiegende Mehrheit der Fans stellt die Maßnahme einen Wertebruch dar, die Stimmung kippt deutlich.

12. Mai 2019

Mit einer 0:3-Niederlage bei Union Berlin ist der sofortige Wiederabstieg besiegelt. In Magdeburg trägt man es mit Fassung, schließlich hatte sich das Unheil angedeutet. Härtels Nachfolger Michael Oenning versucht, attraktiver spielen zu lassen, das klappt phasenweise – allerdings ist der Kader dafür nicht ausgerichtet, es sind zu wenige gute Fußballer im Team. Magdeburg gewinnt nur 6 von 34 Saisonspielen. Wenige Tage nach dem Abstieg verkündet der FCM durch Mario Kallnik und Maik Franz die Trennung von Oenning zum Saisonende. Der Aufschrei aus dem Umfeld fällt geringer aus als beim Härtel-Aus. Doch klar ist spätestens jetzt: Kontinuität ist nicht mehr die Maxime.

22. Dezember 2019

Mit Stefan Krämer nimmt der dritte Trainer binnen weniger als 14 Monaten seinen Hut. Das beschert dem FCM in einer Tabellenlage, in der er sich heute liebend gerne befände (Platz 12), ganz neue Probleme. Einerseits ist Krämer in der nach dem Abstieg neu zusammengestellten Mannschaft beliebt, für Fans nahbar – schlicht ein Sympathieträger. Andererseits soll unter ihm ein Dreijahresplan greifen, an dessen Ende Magdeburg spätestens im Sommer 2022 wieder Zweitligist sein soll.

Doch die Klubführung schmeißt diesen wieder um, beurlaubt Krämer mit dem Verweis auf Führungsschwäche, will den Erfolg kurzfristig erzwingen. Derweil wird Kallnik und Franz in dieser Zeit medial vorgeworfen, sich in Abläufe einzumischen, Kontrolle ausüben zu wollen. Auch die Fans sind erbost über das Krämer-Aus. Danach begeht sie den nächsten Fehler: Sie präsentiert in Claus-Dieter Wollitz dem Vereinsumfeld einen Trainer, dessen Ruf umstritten ist, der die berühmte "harte Hand" auspacken soll, dem aber bereits ab Amtsantritt jede Menge Skepsis entgegnet wird. Schlussendlich identifiziert sich Wollitz weder mit den Fans noch mit der Mannschaft, rotiert teils wild und ist nach elf Spieltagen Anfang Juni 2020 schon wieder Geschichte. Zudem wird Maik Franz als sportlicher Leiter entmachtet.

1. November 2020

Unter Thomas Hoßmang, der als ehemaliger Leiter der FCM-Nachwuchsabteilung im Frühsommer trotz widriger Umstände Magdeburg mit zehn Punkten aus sieben Spielen am vorletzten Spieltag vorzeitig zum Ligaverbleib führt, stürzen die Blau-Weißen nach der sechsten Niederlage im achten Spiel, einer 2:5-Klatsche in Mannheim, auf den letzten Tabellenplatz der 3. Liga ab – das gab es vor dieser Saison erst einmal, und dies an einem Eröffnungsspieltag, nicht mitten in einer Saison. Das rettende Ufer ist derzeit vier Punkte, um einige Nachholspiele bereinigt aber wohl noch ein ganzes Stück weiter entfernt. Mario Kallnik, zuletzt für einige Monate Geschäftsführer und Sportchef in Personalunion, tritt als Folge der Negativserie von der letzteren Rolle wieder zurück, bleibt aber mächtiger Mann im Verein.

Wie geht es weiter?

Währenddessen sind die Folgen einer ganz offensichtlich fehlgeschlagenen Transferpolitik nun mehr und mehr erkennbar. Vorne fehlt Torgefahr, hinten mangelt es an Abstimmung, selbst Torhüter Morten Behrens war zuletzt unsicher. Einstige Führungsspieler sind völlig außer Form (Christian Beck) oder werden suspendiert (Jürgen Gjasula). Kurzum: Aktuell präsentiert sich der FCM wenig drittliga-tauglich. Die mächtige Fangruppierung "Block U" fordert wiederholt das Abtreten Kallniks und nun zusätzlich den Rücktritt von Trainer Hoßmang, der überfordert scheint.

Vom Drei-Jahres-Plan ist heute nichts mehr zu hören, vielmehr ist die Gefahr eines Absturzes in die Viertklassigkeit real. Nach der Wende benötigte der FCM 25 Jahre, um den Tiefen von Oberliga und Regionalliga zu entkommen. Umso mehr fürchten die Fans, die zu allem Überfluss während der Corona-Pandemie nun wieder vor den Bildschirm verbannt worden sind, dass der größte Fußballverein Sachsen-Anhalts für längere Zeit von der Bildfläche verschwindet.

   

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