7 Millionen Euro Corona-Schaden: Alarmierende Zahlen des MSV
Mit Spannung war sie erwartet worden, die Mitgliederversammlung des MSV Duisburg am Dienstagabend. Im Rahmen der mehrstündigen Veranstaltung meldeten die Zebras alarmierende Zahlen. Allein der Schaden durch Corona beläuft sich demnach auf sieben Millionen Euro. Sportdirektor Ivica Grlic sprach derweil von der Angst, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.
Schuldenberg wieder angewachsen
Die Lage beim MSV Duisburg im Oktober 2021 ist angespannt – sportlich wie finanziell. Mit nur zwölf Punkten aus elf Spielen belegen die Zebras den ersten Abstiegsplatz und suchen nach der Trennung von Trainer Pavel Dotchev nun bereits den dritten Trainer innerhalb von elf Monaten. "Unsere Zielsetzung vor dieser Saison war, dass wir eine Mannschaft zusammenstellen, die einen einstelligen Tabellenplatz erreichen kann", sagte Präsident Ingo Wald dem "RevierSport" zufolge – und erhielt dafür vereinzeltes Gelächter. Ebenso für die darauffolgende Aussage: "Wir sind weiter der Meinung, dass die Mannschaft das Potenzial dafür hat." In den nächsten Jahren soll die Mannschaft gezielt verstärkt werden, um die Rückkehr in die 2. Liga zu schaffen. Zuletzt spielten die Zebras in der Saison 2018/19 im Bundesliga-Unterhaus, stiegen dann jedoch ab, verpassten 2020 den direkten Wiederaufstieg und schrammten in der vergangenen Serie nur knapp am Absturz in die Regionalliga vorbei. Nun steckt Duisburg erneut unten drin.
Dass der MSV mittelfristig wieder aufsteigen will, ergibt sich nicht nur aus den eigenen Ambitionen: Auch wirtschaftlich sind die Zebras in der 3. Liga auf Dauer nicht überlebensfähig. Allein in der Saison 2019/20 hat die Kapitalgesellschaft ein Minus von 1,7 Millionen Euro verbucht. Auch in der Saison 2020/21 dürfte der Verlust im siebenstelligen Bereich liegen. Die Folge: Der Schuldenberg, der zwischen 2015 und 2019 von 12,3 auf 4,7 Millionen Euro reduziert werden konnte, ist zum 30. Juni 2020 wieder auf 7,1 Millionen Euro angewachsen. "Das hat uns um Jahre wieder zurückgeworfen", so Wald. Der Hauptgrund für die großen Verluste sind die Auswirkungen durch die Corona-Krise. Wald bezifferte den Schaden auf sieben Millionen Euro. "Wir haben kein Geld. Der Schaden, der entstanden ist, hat uns die Arbeit von mehreren Jahren kaputtgemacht."
Nur weil Investor Capelli Sport seine Anteile an der MSV Duisburg GmbH & Co. KGaA im Winter von 10,1 auf 40,1 Prozent aufgestockt und dem Klub dadurch 5,4 Millionen Euro einbrachte hatte, konnten die Zebras eine Finanzlücke in Millionen-Höhe schließen. Doch weil externe Hilfe keine Dauerlösung ist, soll es möglichst bald zurück in die 2. Liga gehen, wo deutlich höhere TV- und Werbegelder warten. "Wir haben und hatten wirtschaftliche Probleme", gab Wald zu. Eine Insolvenz soll aber unbedingt vermieden werden – nicht zuletzt deswegen, um Gläubiger und Sponsoren nicht zu vergraulen. "Wir sehen eine mögliche Insolvenz als letzte Möglichkeit, finanziellen Schaden abzuwenden", so der MSV-Boss.
Grlic und die Angst vor der Bedeutungslosigkeit
Dass es sportlich in den letzten Jahren kontinuierlich bergab ging, dafür machen vielen Fans Sportdirektor Ivica Grlic verantwortlich. Entsprechend wurde der 46-Jährige am Abend mit Pfiffen begrüßt. In seiner 40-minütigen Rede räumte er mit Blick auf die vergangene Spielzeit laut dem "RevierSport" ein: "Das war eine scheiß Saison." Zudem gab er zu, mit der Aussage "Wir wollen wieder angreifen" nach dem letzten Spiel der Saison 2019/20 eine zu große Erwartungshaltung geweckt zu haben. Dass die Zebras dieser nicht gerecht werden konnten, habe Grlic zufolge aber auch daran gelegen, dass das Budget kurz vor Beginn der Vorbereitung um 500.000 Euro reduziert worden war. So habe er Wunschspieler wie Paul Will, Heinz Mörschel und Christoph Daferner nicht holen können. "Ich war nicht mehr handlungsfähig."
Als Fehler bezeichnete er auch nochmals die Verpflichtung von Trainer Gino Lettieri als Nachfolger von Torsten Lieberknecht. "Das Thema Gino Lettieri habe ich einfach unterschätzt. Dafür habe ich mich entschuldigt." Lettieri hatte bei den Fans von Anfang an einen schweren Stand und musste nach nur zweieinhalb Monaten wieder gehen. Unter Nachfolger Pavel Dotchev gelang anschließend der Klassenerhalt, doch auch der 56-Jährige ist seit letzter Woche schon wieder Geschichte. "Ich glaube auch, weil er drei Jahre am Stück durchgearbeitet hat, dass er ein Stück weit müde war. Wenn man immer gegen den Abstieg spielt, braucht man als Trainer sehr viel Energie", sagte Grlic über Dotchev und bezeichnete ihn als "menschlich einfach top". Nun müsse man einen Trainer suchen, der die Mannschaft entwickelt, unten rausholt und wieder in die Spur bringt. "Das ist das, was ich mir auch von meiner Mannschaft wünschen würde. Dass sie an sich glaubt und weiß, was für Qualität an sie haben. Wichtig ist, dass wir an den Weg glauben und gemeinsam den Weg zu Ende gehen." Gleichwohl gab er zu: "Wir alle haben Angst in der Bedeutungslosigkeit 4. oder 5. Liga zu verschwinden."
Bei der anschließenden Aussprache zwischen Fans und Vorstand war die Presse nach einem mit deutlicher Mehrheit angenommen Antrag eines Mitglieds nicht mehr zugelassen. Man wolle unter sich bleiben, hieß es. Bereits zu Beginn der Veranstaltung, der 500 Mitglieder beiwohnten, waren Ton- und Video-Aufnahmen auf Antrag untersagt worden. Den Verwaltungsrat haben die Mitglieder derweil sowohl für das Geschäftsjahr 2018/19 als auch für das Jahr 2019/20 entlastet. Gleiches galt für beide Geschäftsjahre des Vorstands mit großer Mehrheit. Den ersten Schritt in eine sportlich und finanziell bessere Zukunft können die Meidericher am Samstag nun beim Auswärtsspiel in Zwickau machen.