80 Millionen Euro, 40.000 Plätze! SCP hat große Stadionpläne
Hat beim SC Preußen Münster am Donnerstagnachmittag eine neue Zeitrechnung begonnen? Fast die komplette Vorstandebene wurde beim aktuellen 19. der Drittligatabelle neu besetzt. Und mehr als das: Die neuen mächtigen Männer bei den Westfalen offenbarten sogleich gewaltige Pläne rund um die Adlerträger. Die Rede ist vom langfristigen Ziel Bundesliga und einem Stadion für 40.000 Zuschauer.
Rücktritt von Krimphove und Bäumer öffnet die Tore
Aber der Reihe nach: Schon in den letzten Wochen hatten sich einschneidende Veränderungen rund um den SC Preußen mehr und mehr angedeutet, unter anderem hatte der nun ehemalige Preußen-Präsident Georg Krimphove seinen Rücktritt zum Jahresende angekündigt. Auch bedingt durch die Trainerentlassung von Horst Steffen beschleunigte sich dieser Prozess nun aber gewaltig – die neue Preußen-Führung sollte in diese wichtige Frage, wer Nachfolger an der Seitenlinie wird, natürlich eingebunden werden. Spätestens als am Dienstag dieser Woche für den folgenden Donnerstag ein Pressegespräch angekündigt wurde und am Donnerstag dann Präsident Krimphove als auch Aufsichtsratsvorsitzender Thomas Bäumer gleichzeitig ihren vorzeitigen Rücktritt bekanntgaben, war die Bestätigung diverser Gerüchte nur noch eine Formsache.
Walther Seinsch wird Vorstand Sport bei den Preußen
Hinter den Kulissen hatte der Name Walther Seinsch, der einst beim FC Augsburg tätig und an dessen Aufstieg von der Regionalliga bis in die Bundesliga maßgeblich beteiligt war, schon einen großen Stellenwert eingenommen. Zunächst hatte Seinsch eigenen Worten zufolge lediglich eine beratende Funktion, aber kein offizielles Amt annehmen wollen – diesen Plan verwarf der 74-Jährige aber offenbar wieder: Seinsch ist nun Sportvorstand des SC Preußen und damit nicht unerheblich an den sportlichen Geschicken der Westfalen beteiligt.
Gleichzeitig übernahm Münsters SPD-Politiker und Bundestagsabgeordneter Christoph Strässer das Präsidentenamt und der Münsteraner Unternehmer Fabian Roberg den Job des Aufsichtsratsvorsitzenden. Mit Bernhard Niewöhner (Vorstand Nachwuchs) und Martin Jostmeier (Vorstand Finanzen) rückten zwei weitere neue Vorstandsmitglieder auf, mit Siggi Höing (Vorstand Sponsoren) überlebt nur ein Bestandteil der vorherigen Generation Preußen-Vorstand. Außerdem wurde unter anderem Ex-Profi Christoph Metzelder in den Aufsichtsrat berufen, liga3-online.de berichtete. Allein für die Außendarstellung kein dummer Akt des SCP.
Einer will 80 Millionen…
Was aber hat die neue Führung mit dem SC Preußen Münster vor? Es klingt nach großen Plänen, sehr großen Plänen. Allen voran das marode Preußenstadion soll nach Wunsch von Seinsch und Co. bald der Vergangenheit angehören, stattdessen ein Neubau mit einer Kapazität von 40.000 (!) Zuschauern realisiert werden. „Wir kalkulieren dafür Kosten in Höhe von etwa 80 Millionen Euro ein“, ließ Seinsch die Katze aus dem Sack. „Mittelfristig soll Preußen Münster in die 2. Bundesliga und langfristig in die Bundesliga“, erklärte Roberg. Dafür sei allerdings eine Ausgliederung des Vereins in eine Kapitalgesellschaft notwendig, über die auf einer nahenden Mitgliederversammlung abgestimmt werden müsse. 75 Prozent Zustimmungsrate werden für diesen Vorschlag nötig – nur die Einrichtung einer Kapitalgesellschaft könne die nötigen Investoren für einen Stadionbau beschaffen, erklärte Seinsch.
Zwischen Euphorie und Sarkasmus
Denn: An den kolportierten Kosten soll die Stadt Münster, die sich in der Vergangenheit stets vehement gegen Zuschüsse rund um ihr eigenes städtisches Stadion sträubte, gar nicht mehr beteiligt werden. Noch ein Jahr zuvor hatte Seinsch ein Stiftungsmodell für ein neues Stadion präsentiert, an der sich die Stadt hätte beteiligen müssen – und war damit auf Granit gestoßen. Nun versucht sich Preußen Münster an einem forscheren, schnelleren Weg und setzt dabei auf die frischen Kontakte in Politik (Strässer), Sport (Metzelder) und Wirtschaft (Seinsch, Roberg). Erste Reaktionen im Umfeld reichten von staunender Ungläubigkeit über plötzliche Euphorie bis hin zu sarkastischem Humor. Als Kellerkind der 3. Liga von derartigen Dimensionen zu träumen, bietet natürlicherweise den Kritikern viel Angriffsfläche.
Preußen Münsters Fußballprofis sollen ausgegliedert werden
„Wir wollen keine Bedenkenträger“, erklärte dann aber Präsident Strässer: „Wir wollen Leute, die unseren Weg mitgehen.“ Er sprach von einem transparenten Weg, der für die Anhänger des Vereins stets nachvollziehbar sein solle. Unter anderem hatte Walther Seinsch vor der Veröffentlichung seines Vorhabens bereits den Weg in verschiedene Fangruppen der Preußen gesucht, um diese von seinem Plan zu überzeugen. „Wir brauchen diese Ausgliederung, wir brauchen das neue Stadion“, erklärte Seinsch. Ein Ausbau des aus Lärmschutzgründen ohnehin auf maximal 22.000 Personen gedeckelten Preußenstadions an der Hammer Straße würde den Visionen der neuen Preußenführung widersprechen.
„Ich möchte ganz Münster im Stadion sehen“
All die Pläne um Ausgliederungen, Stadionbauten und höhere Spielklassen ordnen sich rund um Preußen Münster allerdings weiterhin ganz klar der aktuellen sportlichen Situation unter. „Wir müssen gemeinsam den Weg aus dem Tabellenkeller finden“, gab Roberg die Marschroute vor und forderte: „Ich möchte am Samstag gegen den SV Wehen Wiesbaden ganz Münster im Stadion sehen! Es braucht mehr Bekenntnisse zum größten Verein der Stadt.“ Ob die Zuschauerkalkulation, die zu derartigen Partien üblicherweise rund um 6.000 Personen liegen dürfte, nach dieser deutlichen Botschaft nach oben tendieren wird, das kann erst der Samstag zeigen. Gelingt dort nicht die Trendwende, erhält der ganze Preußenplan einen ersten herben sportlichen Dämpfer.