Richard Weil im Interview: "Mussten Lehrgeld bezahlen"
Richard Weil von den Würzburger Kickers spricht im Interview mit liga3-online.de über die hohe Anzahl an Platzverweisen, einen Vergleich zu Lionel Messi und über das anstehende Spiel gegen seinen Ex-Verein Mainz II.
[box type="info"]Nach zweieinhalb Jahren als Routinier unter den jungen Wilden beim FSV Mainz 05 II wechselte Richard Weil vor dieser Saison zurück zu einer ersten Mannschaft. Beim Drittliga-Aufsteiger FC Würzburger Kickers konnte der 27-Jährige den früheren Bundesliga-Verteidiger Nico Herzig aus der Stammelf verdrängen und glänzt seit dem mit kontinuierlich starken Auftritten in der stärksten Abwehr der Liga. Folgerichtig wurde Weil auch in die "Elf des Monats“ nominiert. Am kommenden Samstag (14:00 Uhr) müssen Weil und die Kickers zu den noch ungeschlagenen Mainzern. [/box]
liga3-online.de: Herr Weil, am Samstag musste die Mannschaft erneut über eine Halbzeit lang zu zehnt agieren. Wie bewerten Sie das Spiel gegen Erfurt rückblickend?
Richard Weil: Wir haben auch zu zehnt ein richtig gutes Spiel gemacht. Wir hatten drei, vier sehr gute Möglichkeiten und hatten auch im Ansatz noch Chancen, bei denen uns nur der letzte Pass fehlte. Mit etwas Glück hätten wir auch einen Dreier mitnehmen können. Wichtig ist aber, dass wir erneut zu Null gespielt haben. Alles in allem können wir mit dem Punkt gegen Erfurt zufrieden sein.
Vier Feldverweise nach sieben Spieltagen. Sie mussten schon über 160 Minuten mit mindestens einen Mann weniger auskommen. Wie wollen Sie das Problem in den Griff kriegen?
Der Trainer hat es ja auch schon angedeutet, dass man alle Roten Karten einzeln bewerten sollte bzw. die jeweilige Spielsituation. Es ist immer ein schmaler Grat, ein Urteil darüber zu fällen und es wäre absolut falsch, eine generelle Tendenz daraus abzuleiten. Wir sind als Mannschaft neu in der Liga und lernen ständig dazu. Das werden wir auch auf diesem Feld tun.
Abgesehen von der Problematik mit den Roten Karten. Wie sehen sie den Saisonstart nach nun mehr sieben absolvierten Partien?
Zehn Punkte aus sieben Spielen sind für einen Aufsteiger eine gute Ausbeute. Wir sind in der Liga angekommen, das steht außer Frage – und das haben uns bislang auch alle Gegner bescheinigt! Klar hätten wir gerne den einen oder anderen Punkt mehr geholt, aber da mussten wir auch Lehrgeld bezahlen. Wir versuchen jetzt ganz einfach, weiter unsere Punkte zu holen.
Und was muss noch besser werden?
Im Spiel nach vorne müssen wir noch konsequenter in den Aktionen sein. Wir arbeiten hart und haben im Lauf- und Zweikampfspiel keine Probleme. Zu oft stimmt es aber in der letzten Passgenauigkeit noch nicht. Vorne muss ganz einfach noch mehr Gier und Wille aufkommen. Wenn wir das in den Griff kriegen, werden wir vorne auch wieder unsere Tore machen.
Für Sie persönlich läuft es ja auch ganz gut. Am Samstag wurde sogar kurzzeitig Lionel Messi in ihrem Trikot auf dem Rasen gesichtet…
(lacht) Ich habe ja früher auch etwas weiter vorne gespielt. Wenn sich die Gelegenheit bietet, versuche ich mich natürlich mit nach vorne einzuschalten. Ich denke ich habe auch die Qualitäten, den letzten Pass zu spielen. Der Vergleich mit Messi ist aber vermessen (lacht). Ich versuche der Mannschaft mit meinen Stärken so gut es geht zu helfen. Wenn wir damit erfolgreich sind, freut mich das umso mehr.
Am Samstag geht es für Sie gegen ihr Ex-Team. Mainz 05 II ist beinahe furios in die Saison gestartet. Was für ein Spiel erwartet euch am Samstag?
Mainz hat saisonübergreifend in 17 Spielen nur einmal verloren, daher kommt deren Saisonstart nicht von ungefähr. Als ich vergangene Saison noch in Mainz gespielt habe, haben wir in den letzten elf Partien nur eine Niederlage erlitten und die gab es auswärts beim späteren Dritten Holstein Kiel. Man erkennt bei Mainz 05 II deutlich die Handschrift des Trainers Sandro Schwarz. Für mich gehören die Nullfünfer zu den spielerisch stärksten Mannschaften in der Liga. Mainz versucht sehr viel spielerisch zu lösen und ist zudem sehr laufstark, sonst könnte es seine Spielweise auch nicht durchziehen. Die Mannschaft ist aber auch anfällig, gerade bei Standardsituationen – und auch wenn man sie unter Druck setzt, macht sie ihre Fehler. Wenn es mal länger Null zu Null steht, oder das Team im Rückstand ist, kommt bei einer jungen Truppe auch mal schnell Nervosität hinzu.
Sind Sie überrascht von der bis dato guten Rolle der jungen Mainzer Mannschaft?
Nein, überhaupt nicht. Die Jungs aus der Startelf haben jetzt auch schon alle ihre vierzig Drittliga-Spiele auf dem Buckel. Daher braucht man auch nicht mehr von Unerfahrenheit zu reden. Dass viele Spieler an den Bundesliga-Kader herangeführt werden, spricht für deren Potential. Ich bin vom Saisonstart der Mainzer, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht überrascht. Ich kenne die Mannschaft sehr gut und weiß, wie gut dort intern gearbeitet wird.
Sie sind mit Mainz 2013/14 in die 3. Liga aufgestiegen und haben dann dort die Klasse gehalten. Wie haben Sie die Zeit dort als gestandener Profi zwischen all den jungen Wilden erlebt?
Es war auf jeden Fall eine Umstellung. Gerade wenn man von einem Verein kommt, bei dem das Stadion immer ausverkauft war. Plötzlich spielst du dann deine Heimspiele am Mainzer Bruchweg vor 500 Zuschauern. Das ist schon etwas anderes. Es hat sehr viel Spaß gemacht, zweieinhalb Jahre mit den Jungs zu arbeiten und ihnen mein Wissen und meine Erfahrung weiterzugeben. Ich hatte dort eine andere Rolle als in einer „normalen“ Mannschaft. Das Verhältnis zum Trainer war sehr eng, da ich so etwas wie die Vertrauensperson auf dem Platz war. Quasi der Spieler, der die ganze Verantwortung trägt. Dafür aber auch derjenige, der wenn es mal nicht so läuft, die ganze Kritik abbekommt. Man erfährt aber natürlich nicht den großen Stellenwert, wenn noch eine Bundesliga-Mannschaft über einen ist. Jetzt ist es für mich aber auch wieder wichtig, eine neue Erfahrung zu machen und in einer ersten Mannschaft zu spielen.
Wie müsst Ihr das Spiel gegen Ihre Ex-Mannschaft angehen, um nicht mit leeren Händen zurück nach Würzburg zu fahren?
Wir müssen uns darauf einstellen, dass Mainz durchgehendes Pressing spielen wird. Bei Ballverlusten in der Offensive, schaltet man innerhalb weniger Sekunden auf Balleroberung um. Daran müssen wir uns dort gewöhnen. Mainz wird sehr stark verschieben, daher müssen wir versuchen, die Mainzer über schnelles Diagonal- und Vertikalspiel auszuhebeln. Unser momentanes Mittel, über Christopher Bieber in der Mitte zu spielen, dürfte gegen Mainz 05 auch nicht verkehrt sein. Alleine durch deren Nachteile in der Physis werden sie da Probleme bekommen. Auf jeden Fall müssen wir uns auf einen harten Fight einstellen. Wir müssen alles geben, um dort bestehen zu können. Auswärts sind wir allerdings noch ohne Niederlage und wir fahren guter Dinge an den Mainzer Bruchweg.