Testroet: "Es lohnt sich, über eigene Grenzen zu gehen"

Dynamo-Stürmer Pascal Testroet spricht im Interview mit liga3-online.de über das Leben als Tabellenführer, den wahrscheinlichen Aufstieg, das Gefühl, vor dem K-Block ein Tor zu schießen und über das Fernziel Bundesliga.

[box type="info"]Info: Pascal Testroet kam in der Sommerpause von Arminia Bielefeld nach Dresden und bestritt bisher 25 Partien. Mit 16 Toren und 2 Vorlagen hat der Stürmer großen Anteil am Höhenflug der SGD. [/box]

liga3-online.de: Hallo Herr Testroet. Nach dem vor allem spielerisch überzeugenden 3:0-Sieg in Osnabrück reichte es am Sonntag gegen die Stuttgarter Kickers trotz Führung nur zur einem 1:1. Kann Dynamo mit dem Punkt dennoch leben?

Pascal Testroet: Ja, ich denke schon – gerade wenn man die Ergebnisse der Konkurrenz sieht. Da Osnabrück und Großaspach ebenfalls nicht gewinnen konnten, ist unser Vorsprung auf Platz 3 ja gleich geblieben. Dennoch war das Endergebnis etwas ärgerlich, denn wir wollten eigentlich alle drei Punkte mitnehmen. Insgesamt geht das 1:1 aber in Ordnung, zumal die Kickers viel vom Spiel und wir nicht unseren besten Tag hatten. Immerhin aber wieder nicht verloren.

Waren die Beine nach dem anstrengenden Spiel unter der Woche in Osnabrück vielleicht noch etwas müde?

Im Nachhinein kann man das schon so sehen. Unser Spiel hat nicht so spritzig gewirkt, wie noch in den Wochen davor.

In den letzten vier Spielen waren Sie insgesamt fünf Mal vor dem Tor erfolgreich. Warum läuft es für Sie persönlich gerade so gut?

Ein wichtiger Grund ist natürlich, dass ich derzeit Stammspieler bin. Wenn man auf dem Platz steht, ist es natürlich immer einfacher Tore zu schießen als wenn man auf der Bank sitzt (lacht). Darüber hinaus sind wir natürlich sehr offensiv aufgestellt, sodass man fast zwangsläufig zu Chancen kommt. Auch eine gewisse Ruhe sowie Erfahrung machen sich bei mir jetzt bemerkbar. Ich bin mir natürlich auch bewusst, dass ich in einer absoluten Verantwortung für den ganzen Verein und die Fans stehe – das motiviert mich dann noch ein Stück mehr.

Seit dem 3. Spieltag steht Dresden ununterbrochen auf dem ersten Platz. Wie lebt es sich als Tabellenführer?

Gut und angenehm! Ich bin lieber der Gejagte als der Jäger und mag es, wenn man etwas verteidigen kann. Wir haben eine gute Ausgangsposition, die wir in den noch verbleibenden Spielen halten und weiter ausbauen wollen.

Was macht Dynamo in der aktuellen Saison so stark?

(überlegt) Ich würde sagen, dass wir auf jeder Position extrem gut besetzt sind. Und zwar nicht nur in der ersten Elf, sondern auch auf der Bank. Wenn jemand ausgefallen ist, gab es immer einen nahtlosen Übergang – zu einem Qualitätsverlust kam es daher nie.

Auch die Ruhe im Verein sowie natürlich Trainer Uwe Neuhaus sind große Pluspunkte. Unser Cheftrainer strahlt eine absolute Überzeugung aus, die er auf uns überträgt. Natürlich haben wir in einigen engen Spielen mit späten Treffern teilweise auch etwas Glück gehabt – aber das haben wir uns erarbeitet.

Vergessen sollte man auch unsere fantastischen Fans nicht. Wer vor diesen Jungs und Mädels nicht 100 Prozent Leistung bringt, ist fehl am Platz. Dem Besucher, der ins Stadion kommt, sind wir als Mannschaft etwas schuldig – bisher hat das gut geklappt.

Bei nur noch neun ausstehenden Partien liegt die SGD bereits 14 Punkte vor Platz 3. Hand aufs Herz: Kann der Aufstieg da überhaupt noch schief gehen?

Ich bin mir sicher, dass da nichts mehr schief geht. Dennoch müssen wir ganz trocken festhalten: Mit 61 Punkten ist man noch nicht aufgestiegen. Wir brauchen also noch ein paar Zähler. Ich bin aber überzeugt, dass wir diese in den nächsten Spielen einfahren und dann souverän aufsteigen werden.

Ist die Meisterschaft mittlerweile das erklärte Ziel oder ist es egal, ob man als Erster oder Zweiter aufsteigt?

Vor der Saison spielt dies sicherlich keine große Rolle, aber wer in unserer jetzigen Situation mit zehn Punkten Vorsprung vor Aue sagt, dass es egal sei, den kann ich nicht verstehen. Wir wollen die Ausgangslage noch weiter verbessern und dann frühzeitig als Meister aufsteigen.

Mit Ihrem Teamkollegen Justin Eilers liefern Sie sich derzeit ein Duell um die Torjäger-Kanone der 3. Liga. Wer gewinnt das Rennen am Ende?

Keine Ahnung, das ist für mich allerdings auch zweitrangig. Natürlich freue ich mich, wenn ich ein Tor schieße. Aber ich kann versprechen, dass wenn ich 100 Mal frei auf das Tor zulaufe und Justin frei neben mir steht, ich dann immer auf ihn ablegen werde, statt das Tor selbst zu machen. Dazu freue ich mich dann einfach viel zu sehr, dass wir überhaupt Tore schießen und gewinnen. Das ist viel wichtiger, als selbst zu treffen. Wenn Justin jetzt noch 10 Tore schießt und dadurch souveräner Torschützenkönig wird, würde ich mich sehr darüber freuen. Schließlich bedeutet das dann, dass wir noch viele Spiele gewinnen. Wenn ich es am Ende werde, sage ich auch nicht nein. Aber Hauptsache einer von uns wird es (lacht).

Dynamo ist mit einem Schnitt von 27.000 Fans pro Heimspiel der Drittliga-Zuschauermeister in ganz Europa – vielleicht sogar der ganzen Welt. Schwingt bei Ihnen angesichts dieser Zahl auch ein wenig Stolz mit, vor solch einer Kulisse auflaufen zu dürfen?

Ja, vor allem Dankbarkeit. Wenn wir vor einem Heimspiel mit dem Bus am Stadion ankommen und sehen, dass die Fans uns schon erwarten, bekommt man eine Gänsehaut – das gilt auch beim Warmmachen und später beim Einlauf. Man sollte sich immer wieder bewusst machen, dass die Atmosphäre hier nichts alltägliches, sondern etwas ganz Besonderes ist. Für diese Fans lohnt es sich, über die eigenen Grenzen hinaus zu gehen. Da können wir echt Stolz sein, solche fantastischen Fans zu haben.

Beschreiben Sie mal das Gefühl, wenn Sie direkt vor dem stimmgewaltigen K-Block ein Tor schießen.

Ich musste ja sehr lange darauf warten, denn in den ersten Monaten habe ich immer nur auf der anderen Seite getroffen. Erst mein neuntes Tor Mitte Dezember gegen Würzburg fiel dann vor unseren Fans. Das war schon eine Erlösung. Wenn man dann in den Block schaut … Wahnsinn. Das Strahlen in den Augen der Fans kann man nicht beschreiben – das sollte man dann einfach genießen und aufsaugen. In Bielefeld hatten wir tolle Fans, aber der K-Block und überhaupt das Stadion ist noch mal eine Steigerung. Die ganze Stadt lebt den Verein!

In der 3. Liga haben Sie bereits für insgesamt fünf verschiedene Vereine gespielt. Gefällt es Ihnen in Dresden am besten?

Ja, das kann man so sagen. Ich bin zwar überall gut aufgenommen worden, aber natürlich gefällt es mir in Dresden jetzt am besten. Wir sind schließlich Spitzenreiter, ich bin Stammspieler und habe schon 16 Mal getroffen.

Wie sehen Ihre Zukunftsplanungen aus?

Mein Vertrag läuft noch bis 2018 und ich möchte mit Dynamo auf jeden Fall noch höher. In der kommenden Saison wollen wir dann in der 2. Bundesliga angreifen – auch da möchte ich wieder meine Leistungen bringen.

Welchen Anteil hat Trainer Uwe Neuhaus am wahrscheinlichen Aufstieg?

Einen Riesigen! Allein die Tatsache, dass er uns vom ersten Moment eingetrichtert hat, dass wir aufsteigen können, war klasse. Er steht zu 100 Prozent dahinter und lebt uns dieses Ziel vor. Seine Ruhe und sein Vertrauen haben uns schon sehr weit gebracht. Er ist einfach ein Aufstiegstrainer. Ich bin froh, dass ich mit ihm zusammenarbeiten kann, weil er mir persönlich unheimlich gut tut.

Blicken wir mal in die Zukunft: Der Aufstieg steht kurz bevor, Dynamo wird dann schuldenfrei in die 2. Bundesliga gehen. Welche Perspektive hat die SGD in den kommenden Jahren?

Ich kenne die Zahlen zwar nicht genau, aber Dynamo gehört mindestens in die 2. Bundesliga, wenn man das Potential hier vor Ort sieht. Es ist aber verdammt wichtig, weiterhin ruhig und demütig zu bleiben und nicht zu übertreiben. In der 2. Liga müssen wir dann Schritt für Schritt weiterarbeiten und dürften nicht denken, nur weil Darmstadt letztes Jahr den direkten Durchmarsch geschafft hat, schaffen wir das jetzt automatisch auch. Lieber mit beiden Füßen ganz fest auf dem Boden bleiben und weiter hart arbeiten – dann wird sich noch einiges entwickeln.

Kann die Bundesliga in ein paar Jahren dennoch das Ziel sein? Vom Umfeld ist ja bereits vieles erstligareif.

Das Stadion und die Fans sind auf jeden Fall erstligareif, jetzt müssen wir nachziehen. Natürlich ist es das Ziel, irgendwann Bundesliga zu spielen. Aber jetzt kommt, wenn alles normal läuft und wir den Aufstieg geschafft haben, erstmal die 2. Liga – und das ist schon eine sehr große Herausforderung.

 

   

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