Handke: "Langfristig muss die 2. Bundesliga das Ziel sein"
Christopher Handke vom 1. FC Magdeburg spricht im Interview mit liga3-online über seine persönliche Entwicklung, wie sich die Stimmung in der Mannschaft durch die Siegesserie verändert hat und wohin der FCM nun blicken kann.
[box type="info"]Hintergrund: Der 27-jährige Innenverteidiger steht seit Juli 2013 unter Vertrag und gehört in der Mannschaft von Trainer Jens Härtel zu den festen Säulen. In der aktuellen Saison stand er in allen neun Partien auf dem Platz. [/box]
liga3-online.de: Hallo Herr Handke! Die Erleichterung dürfte Ihnen ins Gesicht geschrieben sein. Nach der Englischen Woche blickt das gesamte Umfeld des 1. FC Magdeburg deutlich entspannter drein, von einer sich anbahnenden Krise ist längst nicht mehr die Rede.
Christopher Handke: Das trifft den Kern der Sache schon ziemlich gut! Die Englische Woche hat uns richtig gutgetan, neuen Aufwind gegeben. Das hat uns richtig Luft verschafft, plötzlich sind es sogar nur noch vier Punkte bis nach oben – so schnell kann es in der 3. Liga gehen.
Gab es innerhalb des Teams nach dem mäßigen Saisonstart mit vier Punkten aus sechs Spielen kurzzeitig Beunruhigung zu spüren?
An keinem ist unsere Situation spurlos vorbeigegangen, wir haben viel miteinander gesprochen. In der Nachbetrachtung waren wir uns allerdings einig, dass die Spiele gar nicht so schlecht gewesen waren, auch wenn die Ergebnisse zunächst nicht gestimmt hatten.
Wie groß schätzen Sie den Faktor Glück ein, von dem auch Trainer Jens Härtel aktuell immer wieder spricht? In den letzten Spielen lief es, das ist kaum zu leugnen, wirklich gut für den FCM.
Am Anfang der Spielzeit fehlte uns genau das: das Glück, das Momentum. Vielleicht haben wir es in den letzten Partien auch ein Stück weit erzwungen, etwa in Münster: Nachdem wir eine Zwei-Tore-Führung verspielt hatten, war es psychologisch sicherlich keine einfache Situation. Wir wollten aber unbedingt endlich den Kopf aus der Schlinge ziehen, wieder einen Sieg einfahren.
Unter anderem fiel Ihnen der Ball in Münster fast vor die Füße, und das mitten im Gewühl im gegnerischen Strafraum. Was schießt einem Innenverteidiger in dieser Situation durch den Kopf? Instinktiv klären oder Einschieben?
Von allem ein bisschen, würde ich sagen! Ich stand zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe einfach mal draufgehalten. Dann habe ich zwei, drei Mal nachgeschaut, ob der Ball wirklich im Tor ist – mein letzter Treffer ist ja schon eine ganze Weile her (schmunzelt).
Es war tatsächlich Ihr erstes Ligator für den 1. FC Magdeburg – und das nach 81 Spielen. Da haben Sie sich einen guten Zeitpunkt ausgesucht…
Wer das Tor in dieser Situation macht, war vollkommen nebensächlich. Ob das nun ich bin oder jemand anders, der Mannschaftsgedanke stand im Vordergrund. Klar: Es freute mich natürlich auch, nach vier Jahren mal wieder getroffen zu haben – der Sieg war mir persönlich allerdings wichtiger.
In Wiesbaden standen Sie dann gar nicht erst in der Startelf. War Trainer Jens Härtel mit ihrer Leistung nicht zufrieden oder wurden Sie nach der intensiven Englischen Woche geschont?
Der Trainer hat mir gegenüber gesagt, dass der Wechsel rotationsbedingt geschehen ist.
Ohnehin ist der Konkurrenzkampf in der Defensive bekanntlich groß. Hainault, Schiller, Puttkammer, Hammann, Butzen, Sprenger und Sie kämpfen um vier respektive drei Positionen. Spricht das für eine gesunde Ausgewogenheit im Magdeburger Kader?
Definitiv! Am Sonntag stand ich erstmals nicht auf dem Platz, und wir haben trotzdem eine solide, eingespielte Leistung gezeigt. Unser Trainer weiß, dass er auf viele gute Jungs zählen kann, die regelmäßig ihr Können aufbieten. Wie sagt man so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft – das ist bei uns auf jeden Fall zutreffend.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer persönlichen Entwicklung in Magdeburg? Spätestens seit dem Aufstieg im vergangenen Jahr sind Sie aus der Startelf kaum mehr wegzudenken.
Für mich persönlich ging es in Magdeburg schwer los, da war ich mit mir selbst nicht zufrieden. Als Jens Härtel zum FCM stieß, hatte ich ebenso nicht den besten Start – erst ab dem vergangenen Jahr kam dann die Konstanz in meine Spiele, seitdem kann ich beim FCM eine gute Rolle einnehmen.
Gibt es ein Geheimnis für Ihr Kopfballspiel? Besonders in der Defensive stellen Sie den Magdeburger Turm in der Schlacht dar. Im Gegenzug können wir uns an kein Kopfballtor von Ihnen erinnern…
Ein bisschen kurios ist das schon! Das wurde schon oft angesprochen und thematisiert, weil der Defensivkopfball seit Jugendzeiten schon eine Stärke von mir darstellt. Ein Geheimnis dafür kann ich nicht verraten, da gibt es wohl auch keines. Vorne kann ich aber in jedem Fall noch an Präzision zulegen…
Hat sich die Rolle des FCM in der 3. Liga im Vergleich zur letzten Spielzeit verändert? Sie gelten nun nicht mehr als frecher Aufsteiger, der Überraschungseffekt ist nicht mehr vorhanden.
Im letzten Jahr haben wir mit dem vierten Platz die Messlatte schon ziemlich hoch angesetzt, ganz klar. Unsere Fans und unser Umfeld entwickeln daraus ein höheres Anspruchsdenken – da können wir nichts gegen machen, diesen Druck haben wir uns schließlich selbst auferlegt. Wir wissen dennoch, wo wir herkommen. Und das wir keine vermessenen Erwartungen stellen dürfen.
Auf dem zehnten Tabellenplatz liegend ist es aktuell zumindest möglich, sowohl nach oben als auch nach unten im Klassement zu schauen. Welche Region streben Sie langfristig mit Magdeburg an?
Unser Ziel ist der Klassenerhalt, der steht in dieser Saison über allem. Auf gar keinen Fall dürfen wir nun nochmals unten hineinrutschen – dann wird es schwer, wieder herauszufinden.
Noch werden die Erwartungen niedrig gehalten. Meinen Sie, der Sprung in die 2. Bundesliga ist in naher Zukunft ein realistisches Ziel? Für die zahlreichen Fans, die den 1. FC Magdeburg immer und überall unterstützen, käme es einer weiteren Belohnung gleich.
Langfristig muss das Ziel des 1. FC Magdeburg die 2. Bundesliga sein – oder zumindest, oben anzugreifen, aber wir leben im Hier und Jetzt. Wir spüren die Euphorie, die unglaubliche Rückendeckung der Anhänger. Mit 15.000 derart stimmgewaltigen Zuschauern im Schnitt müssten wir uns eine Liga höher sicherlich schon jetzt nicht verstecken. Wenn wir zuhause spielen, schauen wir einfach auf die Tribünen und wissen sofort: Heute laufen wir noch mehr, heute kitzeln wir die letzten Prozente heraus.
Wie wahrscheinlich ist es denn, dass Sie beim möglichen Angriff auf die Spitze noch an Bord sind? Ihr Vertrag läuft am Saisonende aus.
Noch ist es zu früh, sich über die Zukunft konkret Gedanken zu machen. Ich fühle mich hier in Magdeburg aber wirklich wohl, würde gerne dem Verein treu bleiben.
Mitarbeit: Julian Koch