Rot-Weiß Erfurt und die trügerische Ruhe
Ein 1:1-Remis beim FSV Mainz 05 II stoppte den freien Fall bei Rot-Weiß Erfurt vorerst. Nun hat sich eine trügerische Ruhe rund um die Thüringer eingestellt. Denn nach einem Zähler aus den letzten vier Spielen ist die Lage noch längst nicht rosig, die kommenden Wochen stehen im Zeichen des rot-weißen Comebacks: Es braucht wieder nachhaltige Erfolgserlebnisse am Steigerwald.
Immer noch werden zu wenige Torchancen erspielt
Ein Anfang, mehr nicht: So ließ sich das 1:1 der Erfurter in Mainz allenfalls bezeichnen. Beim Letzten der Liga hätte ein Sieg ohnehin im Bereich des Machbaren sein sollen. Weil aber RWE zudem eine Führung verspielte und in den letzten 20 Minuten in Überzahl agierte, nimmt das Ergebnis ein Stück weit bitteres Format an. So treibt Erfurt weiterhin im Niemandsland der Tabelle umher, die Abstiegsränge stets in Sichtweite – aber noch weit genug entfernt, als dass die Stimmung endgültig kippen würde. Eine trügerische Ruhe in Thüringen, denn ein souveräner Auftritt sieht, verglichen mit dem Mainz-Spiel der Elf von Stefan Krämer, immer noch anders aus. Zu wenige herausgespielte Torchancen, sie bleiben das Manko von RWE. Es geriet bezeichnend, dass Ioannis Nikolaou den einzigen Erfurter Treffer nach einem Freistoß einköpfte.
Tyrala zieht Konsequenz aus Anfeindungen der Fans
Wo aber blieb die kreative Komponente im Erfurter Spiel? Okan Aydin, Sebastian Tyrala, Daniel Brückner und allen voran Carsten Kammlott tauchten immer wieder ab, zeigten keine gute Leistung. Das will vieles heißen, denn bisher galt die Regel: Traf Kammlott nicht, hat Erfurt noch kein Saisonspiel gewonnen. Zusätzlich zur sportlichen Talfahrt gesellt sich seit Sonntag die Diskussion um Tyrala, der seine Kapitänsbinde an Mario Erb abgegeben hat und dies selbst über die sozialen Medien verkündete. „Beleidigungen, Kritik, Wut und Enttäuschungen prallen nicht an mir ab“, begründete dieser und gab ehrlich zu, aktuell andere Spieler als geeigneter für den Kapitänsposten zu sehen. Ein Fingerzeig auch in Richtung seiner Kritiker, die ihn immer wieder – etwa aufgrund verschossener Elfmeter – im Visier haben.
RWE braucht die richtige Einstellung und Spielwitz
Kleine Baustellen sind es, die sich rund um Erfurt besser nicht zu großen ausweiten sollten. Am Wochenende wartet zunächst das Landespokalspiel beim Fünftligisten Schott Jena – ein Weiterkommen ist Pflicht, will man nach sieben Jahren Abstinenz endlich wieder die Qualifikation für den finanziell so lukrativen DFB-Pokal erreichen. Dafür braucht es wieder Einfallsreichtum vor dem gegnerischen Tor, möglicherweise kann der Amateurverein als Sparringspartner dienen und Selbstvertrauen schenken. Erfurt tut allerdings gut daran, nicht eine derartige Einstellung an den Tag zu legen – schneller als gedacht kann der Favorit ansonsten sogar zum achten Mal in Serie aus dem Thüringenpokal fliegen. Leichter wird es eine Woche darauf gegen das Team der Stunde aus Magdeburg sicherlich nicht: Erfurt muss seine Qualitäten aktuell auf ein neues Level heben. Ansonsten sind auf absehbare Zeit keine wirklichen Befreiungsschläge möglich.