Kiel: Alltag auf dem Platz, Ausnahmezustand im Umfeld

Holstein Kiel gegen die Reserve von Werder Bremen: Das kleine Nordderby ist auf dem Papier ein Drittliga-Durchschnittskick, bei dem der Tabellen-Elfte auf den Siebzehnten trifft. Außergewöhnlich ist derzeit dagegen die Stimmung bei Holstein. Zwischen der Vereinsführung und einem Teil der Fanszene brodelt es. 

Störche sind klarer Favorit

Das Sportliche ist rasch erzählt: KSV-Trainer Markus Anfang kann personell aus dem Vollen schöpfen. Lediglich Linksverteidiger Patrick Kohlmann laboriert weiter an seinem Rückenleiden. Der 19-jährige Arne Sicker war bislang ein ausgezeichneter Vertreter. Zudem scheint der zweite Anzug der Kieler zu sitzen. Während der jüngsten Länderspielpause traf Holstein im niedersächsischen Schneverdingen auf Bundesliga-Absteiger Hannover 96 und erkämpfte ein achtbares 2:2. Auf beiden Seiten kamen hauptsächlich Akteure zum Einsatz, die in den vergangenen Wochen wenig Spielpraxis erhalten hatten.

Gegen Werder sind die heimstarken Störche (bislang drei Siege und ein Unentschieden aus fünf Partien) klarer Favorit. Bei den Bremern steht nur ein Sieg bei vier Niederlagen auf fremden Plätzen zu Buche. Holstein geht mit dem Ziel Wiedergutmachung ins Spiel: Beim 0:1 in Magdeburg vor zwei Wochen vergaben die Kieler zahlreiche hochkarätige Chancen – und kassierten kurz vor Schluss den entscheidenden Treffer.

Einsatz von Pyrotechnik hat ein Nachspiel 

Abseits des Platzes ist die Stimmung momentan angespannt. Zum Hintergrund: Am 16. September, kurz nach Anpfiff der zweiten Halbezeit des Spiels gegen den VfL Osnabrück (0:1), zündeten mehrere vermummte „Fans“ auf der Westtribüne des Holstein-Stadions Bengalos, Böller und Leuchtraketen. Eine der Raketen landete auf der Haupttribüne und verletzte zwei Zuschauer.

Zwei Wochen später griff Holstein-Geschäftsführer Wolfgang Schwenke durch: Die Täter seien der Gruppierung „Sektion Spielsucht“ zuzuordnen. Da einzelne Verantwortliche nicht zu ermitteln seien, erteilte Schwenke ein Hausverbot gegen sämtliche Mitglieder dieser Gruppe: „Wer so etwas tut, der hat bei uns nichts verloren“. Zunächst war von 50 bis 70 Personen die Rede, inzwischen beziffert Holstein die Zahl der Ausgesperrten auf 20.

Die Reaktionen auf die harte Strafe sind geteilt

Die Reaktionen in Leserbriefspalten und sozialen Netzen waren geteilt. Zahlreiche Beiträge unterstützten Schwenkes harten Kurs. Andere warfen dem Geschäftsführer, dessen Verhältnis zur Fanszene seit Jahren angespannt ist, eine Überreaktion vor. Der Riss geht auch durch die Holstein-Chefetage. Jürgen Weber, Mitglied des Aufsichtsrates und SPD-Landtagsabgeordneter, übte per Facebook harsche Kritik an Schwenke: Holstein habe „bundesweit für Kopfschütteln“ gesorgt, die Bestrafung sei nicht nachzuvollziehen.

Nun steht das erste Heimspiel nach dem Hausverbot an. Die „Sektion Spielsucht“ hat im Auswärtsblock in Magdeburg ein Banner mit dem Spruch „Wir bleiben“ präsentiert. Holstein weist darauf hin, dass das Verbot nicht nur für das Stadion, sondern auch für die umliegenden Vor- und Parkplätze gelte. Zugleich bot Schwenke der „Spielsucht“ per Pressemitteilung einen „Dialog“ an. Und: Zuschauer werden aufgerufen, am Sonnabend frühzeitig anzureisen. Die Einlasskontrollen könnten länger dauern als gewohnt.

   

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