Münster: Neuer Aufsichtsrat – Negatives Eigenkapital
Am Montagabend hat der SC Preußen Münster seine ordentliche Jahreshauptversammlung abgehalten. Vor der Rekordzahl von fast 500 anwesenden Mitgliedern wurde unter anderem der Aufsichtsrat neu gewählt. Außerdem galt es, Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr zu erstatten. Das Problem: Zahlreiche ehemalige Verantwortliche hatten ihre Ämter beim SCP in den letzten Wochen niedergelegt.
Noch-Aufsichtratsvorsitzender Fabian Roberg liefert keinen Bericht ab
Und so ereigneten sich teils skurrile Szenen, wie "westline.de" berichtete. So musste etwa Veranstaltungsleiter Hans-Georg König den Tagesordnungspunkt "Bericht des Aufsichtsratsvorsitzenden“ übergehen. Eigentlich hätte der im Oktober 2016 vorgestellte neue Amtsinhaber Fabian Roberg diesen Bericht erstatten müssen. Nachdem dieser jedoch erst vor wenigen Wochen seinen Rücktritt angedeutet hatte, war Roberg auf der Versammlung gar nicht erst vertreten. Da sich auch der im Umfeld der Preußen nicht unumstrittene Vorgänger Thomas Bäumer nicht im Saal befand, musste der Punkt mangels Alternativen übersprungen werden. Ähnlich verhielt es sich bei der Aufbereitung der finanziellen Situation durch das neue Präsidiumsmitglied Martin Jostmeier: Dieser präsentierte die Geschäftszahlen für das Jahr 2015/2016, ohne jeglichen Einfluss auf die Entwicklungen genommen zu haben. Trotz eines Überschusses von 200.000 Euro erhöhte sich etwa das negative Eigenkapital von 1,8 auf zwei Millionen Euro.
Wenige Erklärungen und Nachfragen trotz DFB-Brief
Eine genaue Erklärung, wie sich diese wichtige Kennziffer der finanziellen Situation verschlechtern konnte, lieferte der SCP, der allerdings schon in der letzten Saison die Aufnahme eines Darlehens aufgrund günstiger Zinskurse angekündigt hatte, nicht. Die Mitglieder fragten jedoch auch nicht weiter nach. Für das laufende Geschäftsjahr werde hingegen auch in Sachen Eigenkapital eine Verbesserung angestrebt – nach Jostmeiers Angaben hatte es zuletzt bereits mahnende Post seitens des DFB gegeben. Es mutete in der Folge doch etwas surreal an, als der offensichtlich finanziell nicht auf Rosen gebettete SC Preußen in Form des künftigen Aufsichtsratsmitglieds und möglichem Roberg-Nachfolger Walther Seinsch den Mitgliedern wieder die Perspektive Bundesliga schmackhaft machen wollte. Klar stellten er wie auch Präsident Christoph Strässer: Sollten die Planungen bezüglich eines Profifußball-tauglichen Stadions in Münster nicht zügig voranschreiten, müsse auch „das Undenkbare“ in Erwägung gezogen werden – ein Stadionneubau außerhalb der Stadtgrenzen.
Fan Friedrich Lukas schafft Sprung in den Aufsichtsrat
Spannend verlief die Wahl des zunächst sechs gewählte Mitglieder umfassenden Aufsichtsrates: Seinsch hatte ein sechsköpfiges Team zusammengestellt, zudem stellte sich mit Friedrich Lukas ein unabhängiger Kandidat aus den Reihen der Fans. Er schaffte den Sprung in den Aufsichtsrat – Ex-Spieler Jochen Terhaar dagegen nicht, er fuhr mit Abstand die wenigsten Stimmen ein. Anschließend brach leichte Unruhe aus: Ein von vier Mitgliedern erstellter Antrag auf eine umfassende Satzungsänderung stand auf der Agenda – zunächst bahnte sich eine langwierige, Paragraph für Paragraph neu durchzuführende Abstimmung, die aufgrund der fortgeschrittenen Zeit schnell aufgegeben wurde. Im Rahmen einer darauffolgenden durchgeführten Abstimmung im Block erreichte die Satzungsänderung, die den Mitgliedern mehr Rechte wie die direkte Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden einbringen sollte, nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit.
Lange Sitzung – ist der Grundstein gelegt?
Insgesamt viereinhalb Stunden tagten die Mitglieder bei Preußen Münster am Montagabend. Erst kurz vor Mitternacht war eine konstruktive, aber wenige Erkenntnisse einbringende Jahreshauptversammlung beendet. Bezüglich der umfassenden Pläne von Walther Seinsch, Christoph Strässer und Co., sowohl den Stadionbau als auch eine Ausgliederung des eingetragenen Vereins in eine Kapitalgesellschaft rasch durchzuführen, kamen nur wenige neue Details auf den Tisch. Weitere Versammlungen dürften zu diesem kommenden Thema folgen – noch wissen die Anhänger und Mitglieder kaum, wie der Plan der neuen starken Männer in Münster im Detail aussehen mag. Trotz der steten Versprechen, „dass wir nur die Vorschläge machen und die Mitglieder entscheiden“ (Christoph Strässer), muss alsbald ein konkretes Vorhaben her. Dass die Mitglieder dem Weg von Seinsch und Co. zumindest nicht abgeneigt sind, das lässt allein schon die Wahl des 75-Jährigen in den Aufsichtsrat mit den zweitmeisten Stimmen (hinter Ex-Profi Christoph Metzelder) vermuten.