Warum der CFC nie ein ernsthafter Aufstiegskandidat war
Der Chemnitzer FC ist raus aus dem Aufstiegsrennen. Nach einer völlig indiskutablen Leistung bezogen die Himmelblauen bei Holstein Kiel eine verdiente 0:2 (0:0)-Pleite. Warum die Himmelblauen nie ein ernsthafter Aufstiegskandidat waren. Ein Kommentar.
Pleite in Kiel das Ende eines langen Missverständnisses?
Der Abstand auf den Relegationsplatz betrug vor dem Spieltag nur vier Punkte. Zum ersten Aufstiegsplatz fehlten nur fünf Zähler. Die Auswärtspartie in Kiel war der vermeintlich letzte Strohhalm, den es zu ergreifen galt. Doch dafür fehlte es dem CFC an allem. Körpersprache, taktischer Einstellung und Fitness. Nur zu Spielbeginn zeigte sich der einstige Aufstiegsmitfavorit ebenbürtig. Die restliche Zeit diktierte Holstein Kiel das Geschehen und fand selbst gegen die tiefgestaffelte Defensive der Himmelblauen immer wieder die nötigen Lücken. Marvin Ducksch (56.), der den hüftsteifen Julius Reinhardt düpierte und Dominick Drexler (59.), nach Stellungsfehler von Emannuel Mbende, bestraften diese Nachlässigkeiten. "Wir haben immer wieder tiefe Bälle hinter die Abwehr zugelassen. Da ist Holstein sehr, sehr gefährlich. Der Aufstieg hat sich endgültig erledigt“, resümierte Toptorjäger Anton Fink.
Der Ursprung des Dilemmas
Doch der Aufstieg wurde nicht erst in Kiel verschenkt, sondern schon viel früher. Wahrscheinlich hätte der CFC nüchtern betrachtet nicht einmal zum erweiterten Aufstiegskreis zählen dürfen, weil dafür die Strukturen auf und neben dem Platz fehlen. Ein Rückblick: Karsten Heine brachte vor drei Jahren ein neues Spielsystem und eine neue Spielphilosophie ein. Außer einigen wenigen Ausnahmen (Tim Danneberg, Frank Löning) wurde statt auf fertige Fußball-Profis zunächst auf junge oder teils völlig unbekannte, zugleich aber hochtalentierte Spieler gesetzt. Nils Röseler, Dan-Patrick Poggenberg, Philip Türpitz, Marc Lais, Marc Endres und später noch Jamil Dem, Alexander Nandzik oder Marius Gersbeck sind nur ein paar Namen. Zugleich schickte sich Heine an, nicht zeitgemäße oder kritikwürdige Rahmenbedingungen zu hinterfragen. Ob Athletiktraining, sportmedizinische Diagnostik, fehlendes Scouting oder fehlende Videoanalyse – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Karsten Heine ist aber gescheitert. Woran? In der Spielzeit 2014/15, der ersten unter Heines Ägide, hatte sich der bunt zusammengewürfelte Drittliga-Kader erstaunlich gut bewährt. Nach sensationellem Saisonstart konnte von Abstiegskampf keine Rede sein. Dass der CFC am Ende "nur" 59 Punkte verzeichnete, lag daran, dass zwischenzeitlich (auch verletzungsbedingt) die Puste ausging und in einigen Partien die eigene Unerfahrenheit auf die Füße fiel.
Im zweiten Jahr wurde die eigentlich bewährte Philosophie in Teilen revidiert und nun vermehrt gestandene, teils abgehalfterte Profis zugekauft. Prominentestes Beispiel: Martin Fenin. Obwohl man nach außen hin weiter den Klassenerhalt als Saisonziel ausgab, musste, schon allein aufgrund der höheren Personalkosten, intern der Aufstieg angepeilt werden. Doch die Erfolge blieben aus und Chefcoach Heine eckte mit seinem teilweise ungehaltenen Naturell immer stärker an. Kritik führte zu Gegenkritik und die Entlassung war nur eine Frage der Zeit. Nun konnte das Rad wieder zurückgedreht werden. Von daher kam nur Sven Köhler in Frage. Köhler konnte zwar auf beachtliche Erfolge mit Halle verweisen (Drittliga-Aufstieg, fünffacher Landespokal-Sieg), zugleich aber keinen Nachweis erbringen, dass er ein Team zweitligatauglich formen kann. Wieso wurde Köhler dennoch verpflichtet? Zurück auf Anfang lautete die Parole. Das Trainer- und Betreuerteam umfasste bei Sven Köhlers Amsantritt mit Kay-Uwe Jendrossek (Co-Trainer), Holger Hiemann (Torwarttrainer), Torsten Bittermann (Team-Manager), Olaf Renn (Physio) bereits vier sehr verdiente Spieler des CFC/FC Karl-Marx-Stadt und mit dem 76-Jährigen Hermann Kretschmann (Athletiktrainer) den langjährigen Fitness-Trainers, der Köhler bereits als Spieler unter seinen Fittichen hatte. Außer Jendrossek, den Köhler gegen Ulf Mehlhorn (ebenfalls CFC/FCK) ersetzte, gab es nur eine große Veränderung – die Absetzung des von Karsten Heine installierten Fitness-Trainer Jan Grieshammer. Dass Fitness-Experte Grieshammer noch heute von vielen Spielern auf eigene Kosten konsultiert wird, lässt tief blicken und erklärt die offensichtlichen Defizite im konditionellen Bereich. Weil sich Mängel im taktischen und zwischenmenschlichen Bereich nicht so einfach durch private Sonderschichten kaschieren lassen, steckt der CFC jetzt richtig im Schlamassel.
Die Konsequenz
Der Aufstieg zum Ende der Saison 2016/17 war "alternativlos". Der Verein befand sich bereits in finanzieller Schieflage, auch oder weil sportlich in den Vorjahren, auch schon in der Zeit vor Karsten Heine, auf großem Fuß gelebt wurde. Dennis Mast, Dennis Grote und Björn Jopek kamen im Sommer auch nicht für ein Butterbrot, mussten aber "nur" das Saisonziel 45-Punkte erreichen – nach außen hin. Dass dieses "verschwommene" Ziel zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wurde, hat einen einfachen Grund: Der Verein schmort im eigenen Saft. Impulse sind nicht erkennbar. Fast hat es den Anschein, dass die im Zuge der Sanierung neu gewählten Aufsichtsräte und der neu bestellte Vorstand dem sportlichen Treiben ohnmächtig zuschauen. Der Impuls kann nur von außerhalb kommen. Bisher blieb dieser jedoch aus.