Dritter Abstieg in Folge: Paderborn vor Scherbenhaufen
Der größte Albtraum des SC Paderborn ist wahr geworden: Nach dem 0:0 beim VfL Osnabrück sind die Ostwestfalen zum dritten Mal in Folge abgestiegen und damit der erste Verein in der Geschichte, der auf sportlichem Wege von der Bundesliga bis in die Regionalliga durchgereicht worden ist. Der SCP, der erstmals seit 17 Jahren nur noch viertklassig ist, steht vor einem gewaltigen Scherbenhaufen – mal wieder.
"Für uns alle ist eine Welt zusammengebrochen"
Bis zu 85. Minute hätte das torlose Remis in Osnabrück für den Klassenerhalt gereicht, doch dann ging Werder Bremen II im Parallelspiel in Führung und schoss den SC Paderborn auf einen Abstiegsplatz. Dieser warf in der Schlussphase zwar nochmal alles nach vorne, wurde aber nicht belohnt. Nach Abpfiff flossen bei Spielern und Fans bittere Tränen, der Schock saß tief. "Für uns alle ist eine Welt zusammengebrochen", rang Trainer Steffen Baumgart auf der anschließenden Pressekonferenz um die richtigen Worte und stellte fest: "Wir haben versagt. Die Platzierung ist ein Spiegelbild der gesamten Saison." Zwar holte der SCP unter Baumgart aus fünf Spielen starke elf Punkte und kassierte gerade einmal zwei Gegentore, doch letztlich fehlte ein Zähler zum Klassenerhalt. Wo diese Punkte verschenkt worden sind, darüber kann lange diskutiert werden. Vielleicht im Hinspiel gegen Werder Bremen II am 4. Spieltag, als der SCP trotz Führung zwei vermeidbare Gegentore in der Nachspielzeit kassierte und somit als Verlierer vom Platz ging. Ein Unentschieden in dieser Partie, und der dritte Abstieg in Folge wäre jetzt kein Thema. Allerdings standen nach der 1:2-Pleite noch ganze 34 Partien auf dem Programm, in denen die nötigen Punkte für den Klassenerhalt hätten eingefahren werden können. Doch überzeugende Siege, wie beim 4:2 gegen Chemnitz oder beim 3:1 gegen Osnabrück in der Hinrunde blieben die absolute Ausnahme. Stattdessen setzte es immer wieder herbe Pleiten, wie beim 0:3 in Regensburg und Frankfurt oder beim 0:6 in Lotte.
Gleich drei Trainer versuchten sich in dieser Saison am SCP. Während die Mannschaft unter Trainer René Müller (bis November an der Seitenlinie) oftmals lustlos auftrat, sorgte Stefan Emmerling mit einer Serie von drei Siegen aus vier Partien zwischen dem 18. und 21. Spieltag zunächst für neuen Wind, der auf eine ruhige Saison hoffen ließ. Danach setzte es jedoch sechs Niederlagen in Folge, sodass es in der Tabelle steil bergab ging. Als Steffen Baumgart Anfang April übernahm, machte sich nach zwei Siegen in Folge erneut Euphorie breit, die mit dem 0:0 in Osnabrück jedoch auf die schlimmste Weise zerstört wurde. Letztlich kam der 45-Jährige wohl zu spät.
Erst drei Spieler unter Vertrag – Was wird aus Baumgart und Krösche?
Wie es beim SCP, der noch im September 2014 von der Tabellenspitze (!) der Bundesliga (!) grüßte, nun weitergeht, ist vollkommen offen. Theoretisch könnten die Ostwestfalen zwar auf einen Lizenzentzug bei einem Konkurrenten hoffen, doch um in so einem Fall dann in der 3. Liga bleiben zu können, müsste der SCP erstmal selbst die Lizenz-Bedingungen erfüllen. Rund zwei Millionen Euro sollen den Paderstädtern dafür fehlen. Woher soll das Geld kommen? Die Stadt hat eine Finanzspritze bereits abgelehnt, auch von Sponsoren dürfte nach dem sportlichen Abstieg kein Geldregen zu erwarten sein. Die einzige Lösung: Präsident Wilfried Finke zahlt den Betrag (mal wieder) aus eigener Tasche. Diese Option hatte der Unternehmer jedoch bereits ausgeschlossen …. Und somit ist der Scherbenhaufen nun riesig.
Mit Aykut Soyak und den Nachwuchstalenten Dardan Karimani und Ron Schallenberg stehen bisher erst drei Spieler unter Vertrag. Ob Trainer Steffen Baumgart mit dem SCP in die Regionalliga gehen wird, ist noch offen. Gegenüber der "Neuen Westfälischen" ließ der 45-Jährige aber durchblicken: "Ich will nicht vorgreifen, aber ich stehe für Gespräche bereit." Zur Zukunft von Manager Markus Krösche ist unterdessen noch nichts bekannt. Zwar unterschrieb der langjährige SCP-Spieler Mitte März einen Vertrag bis 2022, ob dieser jedoch auch für die Regionalliga gilt, ist fraglich. Entsprechenden Nachfragen wich Krösche in den vergangenen Wochen aus. Präsident Finke ließ unterdessen bereits durchblicken, für einen Neuanfang in der 4. Liga zur Verfügung zu stehen.
Benteler-Arena künftig ungenutzt?
Wo der SC Paderborn allerdings künftig seine Heimspiele austragen wird, ist noch offen. Die erst 2008 eröffnete Benteler-Arena, wo vor drei Jahren noch Bayern München und Borussia Dortmund gastierte, dürfe im Hinblick auf die Miete und Nebenkosten zu teuer sein – das alt-ehrwürdige Hermann-Löns-Stadion ist momentan nicht viertligatauglich. Auch finanziell steht der Sportclub vor dem Abgrund. Schon auf der Mitgliederversammlung Anfang März rechnete Aufsichtsratsvorsitzender Elmar Volkmann vor, dass sich der Schuldenberg bis zum Saisonende auf rund 2,5 Millionen Euro anhäufen werden. Und Präsident Wilfried Finke schlug Alarm: "Die aktuellen Lasten führen dazu, dass wir in der 3. Liga nicht überlebensfähig sind. Wenn sich nichts ändert, sind wir bald pleite." Daher bleibt fraglich, wie der SCP nun die Regionalliga finanzieren will. Einnahmen aus TV-Rechten fallen fast vollständig weg, auch die Einkünfte aus den Ticketverkäufen und Sponsoring-Verträgen dürften deutlich geringer ausfallen.
Zum Vergleich: Noch in der Zweitliga-Saison 2015/16 machte der SCP einen Umsatz von über 24 Millionen Euro, in der nun beendeten Drittliga-Saison waren es immerhin noch knapp 7 Millionen Euro. Auch sportlich wird der Weg zurück in den Profifußball aufgrund der umstrittenen Aufstiegsspiele zur 3. Liga enorm weit. Am Donnerstag wird sich der SCP zum vorerst letzten Mal einer größeren Öffentlichkeit präsentieren, wenn das Landespokal-Finale gegen die Sportfreunde Lotte live in der ARD übertragen wird. Danach verschwindet der Bundesliga-Aufsteiger von 2014 in der Versenkung. Für wie lange, bleibt ungewiss.