Lotte: Atalan-Abgang reißt ein riesiges Loch ins Team

Der Dienstagmorgen wurde im Tecklenburger Land zu einer Pille mit ganz, ganz bitterem Nachgeschmack: Die Sportfreunde Lotte müssen zukünftig auf ihren Erfolgstrainer Ismail Atalan verzichten. Elf Tage vor dem Saisonstart steht die Mannschaft urplötzlich ohne Übungsleiter da – und das gefühlt bereits zum zweiten Mal. Ein Kommentar.

Der letzte Platz im Sommerpausen-Trainerkarussell  

So viel Verständnis für die Entscheidung von Ismail Atalan aufgebracht werden kann, so ungünstig sind die letzten Wochen für die SF Lotte verlaufen. Der Reihenfolge nach: Zunächst lag Atalan ein unterschriftsreifes Angebot zur Verlängerung vor, das der 37-Jährige aber nicht unmittelbar unterzeichnen wollte. Der Grund: Die Gerüchte häuften sich, dass Domenico Tedesco von Erzgebirge Aue zu Schalke 04 wechseln wird – und in der 2. Bundesliga eine Stelle frei wird. Als dann auch noch Bayer Leverkusen Jahn Regensburg seinen Aufstiegstrainer Heiko Herrlich wegschnappte, war das erste Chaos perfekt: Lotte zitterte, Atalan erbat sich Bedenkzeit und reiste gar nach Aue, um sich das Umfeld anzuschauen. Als vieles auf einen Wechsel ins Erzgebirge hindeutete, folgte das merkwürdige Ende der Gerüchte: Die Veilchen proklamierten für sich, Atalan abgesagt zu haben – der Coach ebenfalls. Kurz vor dem Trainingsstart verlängerte er den Vertrag in Lotte, zahlreiche Spieler folgten. Sie waren allen voran aufgrund des Übungsleiters in Lotte geblieben, hatten namhafteren Klubs abgesagt.

Die Klausel zieht nach wenigen Wochen

Fast jeder Beteiligte wusste von der Klausel, die sich Ismail Atalan in seinen Vertrag hatte schreiben lassen: Bei einem höherklassigen Angebot möchte er die Freigabe erhalten. Ob die SF Lotte eine festgesetzte Ablösesumme angesichts des Zweijahres-Papiers verhandelt haben, ist unklar. Ohnehin schien damit Ruhe eingekehrt zu sein – wer hätte ahnen können, dass mit dem VfL Bochum ein weiterer Zweitligist mitten in der Sommerpause und ohne jede Not einen Trainerwechsel veranlassen würde? Nun ist Gertjan Verbeek freigestellt, offenbar muss es hinter den Kulissen mächtig gekracht haben. Nachfolger wird…Ismail Atalan. Und wieder ist der Trainer weg, dieses Mal endgültig. Spieler und Verantwortliche stehen wenige Tage vor dem Saisonauftakt vor einem Scherbenhaufen.

Das perfekte Angebot für den 37-Jährigen

"Wer kein Verständnis dafür hat, dass Ismail zu so einem Verein wechselt, ist fehl am Platz", sagte Torhüter Benedikt Fernandez der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Dienstagmorgen. Keinen Hehl machte er daraus, dass die Situation so kurz vor dem Saisonstart alles andere als ideal sei. So wie ihm wird es weiten Teilen der Mannschaft gehen. Auch die Fans haben genug vom Hin und Her: In sozialen Netzwerken wird nicht nur aus Lotte, sondern auch von anderen Vereinen Unmut geäußert. Tatsächlich bewegen sich die Beteiligten und allen voran Atalan selbst auf einem ziemlich schmalen Grat. Seine persönliche Zukunft hatte er offen und ehrlich in höheren Ligen kommuniziert. Dass die Umstände dies nur wenige Wochen nach seiner Verlängerung ermöglichen, ist aus SFL-Sicht nicht mehr und nicht weniger als ein übler Wink des Schicksals. Zumal Atalan dies kaum ablehnen kann: Kein Zweitligist befindet sich näher an seiner Heimat nahe Münster als der VfL Bochum. Dort kann er guten Gewissens seine Trainerstelle antreten und dennoch seine Kinder im Kindergarten- respektive Säuglingsalter aufwachsen sehen. Die Wichtigkeit dieses Faktors hatte Atalan immer wieder betont.

Wer soll Atalan beerben?

Nun, wer soll Atalan in der Kürze der Zeit beerben? Die meisten Trainerstühle sind vergeben, interimsweise wird Co-Trainer Joseph Laumann übernehmen. Möglicherweise nimmt Atalan seinen Assistenten und Freund aber mit zum VfL – die Gespräche laufen bereits. Ein erster Kandidat auf die Atalan-Nachfolge soll Marco Antwerpen von Viertligist Viktoria Köln sein – das berichten die "Westfälischen Nachrichten". Klar ist derweil: Auch diversen Spielern, die aufgrund des Übungsleiters ihre Verträge verlängert hatten, wurden ein Stück weit vor den Kopf gestoßen. Die Sportfreunde Lotte, die die 3. Liga im letzten Jahr so fulminant aufmischten, verlieren ihr Erfolgsgesicht – und das kann Auswirkungen besitzen. Ob der Verlust kompensiert werden kann, ob ein neuer Übungsleiter in der Kürze der Zeit die Zügel ähnlich wie Atalan übernehmen kann, ist noch völlig offen. Erhöht werden die Kurse der SFL in diesen Stunden sicherlich nicht.

   

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