Kommentar: Osnabrück kämpft nicht mehr nur um Punkte
Es hätte der vorgezogene versöhnliche Abschluss einer mehr oder minder verkorksten Saison werden können. 4.000 Fans des VfL Osnabrück machten sich am gestrigen Dienstag auf den Weg zum Derby beim SC Preußen Münster, um ihrer Mannschaft dabei zuzuschauen, wie sie regelrecht um einen Sieg kämpft, sich total "reinhaut" und ihren Anhängern nochmal zeigt, dass sie auch dann noch an sich glaubt, wenn, zumindest in der Tabelle, nichts mehr nach oben geht. Doch es kam anders, die Fans waren nach der 0:1-Niederlage gegen Konkurrent Münster höchst unzufrieden. Und das zeigten sie ihrem Team auf einer Art, die zwar nicht in Ordnung ist, aber die Unzufriedenheit der Anhängerschaft des VfL klar macht. Der VfL Osnabrück kämpft längst nicht mehr nur um Punkte.
Osnabrück ließ letzten Willen vermissen
Die Mannschaft des VfL Osnabrück knüpfte in der 1. Halbzeit des Derbys gegen den SC Preußen Münster, zumindest fast, an die unterirdischen Leistungen der 2. Halbzeit gegen den Chemnitzer FC (1:3) vor eineinhalb Wochen und der des Spiels gegen Rot-Weiß Oberhausen (1:1) vom vergangenen Samstag an. Offensivaktionen der Lila-Weißen waren vom Gästeblock aus eigentlich nicht zu sehen, dafür waren die anfänglichen Fehler in der Abwehrreihe des VfL umso mehr erkennbar, und das nicht nur, weil die VfL-Mannschaft in der 1. Halbzeit mit dem Rücken zu ihren Anhängern spielte und so die Verteidigung vom Gästeblock aus besser zu beobachten war. Das Gegentor in der 29. Minute war schließlich eine Reihe von Unzulänglichkeiten der Mannschaft von Trainer Claus-Dieter Wollitz. Nach einem Freistoß vor des Gegners Strafraum köpfte Königs im eigenen Strafraum nahezu unbedrängt ein – Fassungslosigkeit und der erste große Unmut machte sich im Gästeblock des Preußenstadions breit. In der 2. Halbzeit ließ sich dann aber schließlich doch mehr Wille der VfL’er erkennen, doch die Leidenschaft, die eine Mannschaft in einem Derby zeigen muss, um ihre Fans in ihren Bann zu ziehen, fehlte. Es schien, als sei dieses besondere "Derby-Feeling" nicht in die allerletzte Ader eines jeden lila-weißen Kickers übergeflossen. So war die schlussendliche Niederlage trotz weiterer Bemühungen, das Tor der Adlerträger zu treffen, ein folgerichtiger Schluss aus einer nicht ganz derbywürdigen Leistung.
Tolle Choreo leitet Derby ein
Die Fans des VfL Osnabrück machten sich an einem Dienstag, wohlgemerkt einem Werktag, auf den Weg in die Stadt Münster, um ihre Mannschaft zum Derbysieg zu schreien. Um 15.00 Uhr traf der Großteil der Fans am Osnabrücker Hauptbahnhof ein, um sich am Bahnsteig von Polizisten abtasten und durchsuchen zu lassen und dann den Zug gen Münster zu besteigen. Im Münsteraner Hauptbahnhof eingetroffen, ging es mit Bussen und einer Polizei-Eskorte zum Preußenstadion. Knapp zwei Stunden vor dem (geplanten) Anpfiff hatte sich die Anhängerschaft des VfL Osnabrück dann größtenteils im Gästeblock des SC Preußen versammelt, um vor allen Dingen die ersten Vorbereitungen für die Choreographie zu treffen. Um 18.45 Uhr war dann noch alles gut, die lila-weißen Fans empfingen ihr Team mit einer beeindruckenden Choreo, die Spieler zeigten ihre Verbundenheit zu ihrer Anhängerschaft, indem sie dieselben lila-weißen Fahnen in der Hand hielten, wie ihre Fans. Es folgten die eben beschriebenen 90 Minuten Derby-Fußball, ehe es in die "Nachspielzeit" ging.
Großer Unmut bei den Fans
Nachdem sich der Großteil der VfL-Mannschaft nach dem Abpfiff wieder gefangen hatte, forderte vor allen Dingen Kapitän Claus Costa seine Mitspieler dazu auf, sich der pfeifenden Gästekurve zu stellen. Der Bruch zwischen Mannschaft und Fans schien groß, die Verunsicherung, die die Pfiffe und die spöttischen Gesänge der eigenen Fans bei den Spielern hervorrief, war klar zu erkennen. Als dann schließlich die eigenen (!) Spieler gar mit den lila-weißen Fahnen aus der eben beschriebenen Choreografie beworfen wurden, winkten die ersten Spieler ab und hielten "Sicherheitsabstand" zu den eigenen (!) Fans. Doch viele der Fans forderten ihre Mannschaft dazu auf, zu ihnen kommen und mit ihnen zu reden, was sie ihrem Fanbeauftragten auch klar machten, woraufhin einige Spieler, darunter der auf dem Artikelbild zu erkennende Publikumsliebling Jan Tauer, der im Übrigen den wohl noch stärksten Einsatzwillen zeigte, bereitwillig den Weg zur eigenen Fankurve fanden. Da hatte bereits der Großteil des Teams, um ehrlich zu sein verständlicherweise, den Weg in die Kabine schon gefunden.
Jetzt geht es nicht mehr nur um Punkte
Dieser extreme Vorfall eines Bruchs zwischen Mannschaft und Fans macht klar, in welch einer prekären Situation sich der VfL Osnabrück befindet. Längst ist das Fußball spielen zur Nebensache geworden, Themen wie die finanzielle Situation, die laut Trainer "Pele" Wollitz mangelnde Qualität innerhalb der Mannschaft und seit neuestem nun auch der scheinbare Bruch mit den eigenen Fans regieren in der "Friedensstadt" Osnabrück. Zumindest eine der Baustellen kann die VfL-Mannschaft beheben – und das ist der Bruch mit den Fans. Fakt ist: Es stehen noch sechs Pflichtspiele aus, bereits am kommenden Samstag kann das Team des VfL gegen den stark abstiegsbedrohten FC Carl Zeiss Jena zeigen, dass es nochmal alles geben wird für einen versöhnlichen Abschluss der Saison. Auch die drei darauf folgenden Gegner sind allesamt Mannschaften, die bis dato in der Tabelle noch unter dem VfL Osnabrück stehen (Babelsberg (H), Bremen II (A), Stuttgart II (H)). In den letzten beiden Partien der Saison können die Lila-Weißen dann nochmal zeigen, ob sie in kurzer Zeit dazu lernen können: Denn dann geht es gegen die fast schon designierten Aufsteiger Sandhausen (H) und Aalen (A). Spätestens im letzten Heimspiel der Saison, am 28.04. gegen den SV Sandhausen, wird sich zeigen, ob Fans und Mannschaft wieder eine Einheit sind. Bis dahin kämpft der VfL Osnabrück keineswegs mehr nur um irgendwelche Punkte.
Die Fans beim Derby:
FOTO: Flohre Fotografie // VIDEOS: www.muenster4life.de