Die besten Spiele des Jahres: Platz 20 bis 4
Auf insgesamt 388 Meisterschaftsspiele – plus einige Partien im DFB-Pokal – kann die 3. Liga im Jahr 2017 zurückblicken. Aus dieser Menge stachen einige Partien aus bestimmten Umständen ganz besonders hervor: Klare Siege, torreiche Aufeinandertreffen oder emotionale Entscheidungen. Zum Jahresabschluss haben wir sämtliche "Spiele des Jahres" in einer Top 20-Bilanz gebündelt. Hier unsere Platzierungen 20 bis 4:
[box type="info"]Info: Die Plätze 3-1 werden in den kommenden Tagen veröffentlicht.[/box]
Im August gelang dem 1. FC Magdeburg eine echte Pokal-Überraschung. "Opfer" war der FC Augsburg, der im weiteren Verlauf der Hinrunde noch zahlreiche Bundesligisten vor Probleme stellte. Es war von Beginn an ein intensiver Kampf auf Augenhöhe, was klar für den Drittligisten sprach. Vor fast 22.000 Zuschauern explodierte die Hütte am Heinz-Krügel-Platz dann in der 87. Minute: Christian Beck verwertete einen Freistoß von Nico Hammann in seiner unnachahmlichen Art. Tobias Schwede legte mit dem letzten Angriff des Spiels gar noch das 2:0 ins leere Augsburger Tor nach. Beendet wurde der FCM-Pokaltraum dann eine Runde später mit einem deutlichen 0:5 gegen Borussia Dortmund.
Es wäre wohl kein Spiel geworden, an das man sich lange erinnert hätte. Gut, ein Heimsieg von Rot-Weiß Erfurt – das ist in dieser Spielzeit eine Seltenheit. Aber mehr auch nicht. Doch Tom Müller, Torhüter des Halleschen FC, machte aus einem gewöhnlichen Kick ein denkwürdiges Ereignis. Denn er rückte in der fünften Minute der Nachspielzeit beim Stand von 0:1 aus Hallenser Sicht in den gegnerischen Strafraum auf – und köpfte den letzten Eckball des Spiels in Stürmermanier ins linke Toreck. Was für ein Kunststück! Tatsächlich liegt der letzte Treffer eines Keepers aber noch gar nicht so lange zurück: Mark Flekken erzielte im August 2016 für den MSV Duisburg sogar per Hacke den späten 1:1-Ausgleich in Osnabrück.
Sieben Tore für eine Mannschaft in einem Drittligaspiel! Das gab es noch nicht oft, erst recht nicht beim SC Paderborn. Schon nach 34 Minuten stand es 5:0, der Aufstiegskandidat aus Ostwestfalen zerstampfte bemitleidenswerte Jungspunde aus dem Norden in seine Einzelteile. Selbst über eine zweistellige Niederlage hätte sich die Werder-Reserve an diesem denkwürdigen Nachmittag in der Benteler-Arena nicht beschweren dürfen. Die überragenden Akteure waren Sven Michel mit insgesamt drei Treffern und einer Vorlage sowie Marlon Ritter mit einem Tor und drei Vorbereitungen.
Mit Toren geizte Hansa Rostock in nicht wenigen seiner vergangenen Drittliga-Jahre – gerne auch in den Heimspielen. Ganz anders sollte es in einem völlig verrückten Kick gegen Fortuna Köln werden. Erstes Kapitel: Die Gäste gehen nach nicht einmal einer Minute in Führung und legen das 2:0 (13.) nach. Doch Marcel Hilßner und Soufian Benyamina gleichen nach nicht einmal einer halben Stunde aus. Nach dem Seitenwechsel markiert Hilßner zwei weitere Treffer, auch Ex-Fortune Selcuk Alibaz trägt sich als Torschütze ein. Der 4:3-Anschluss von Hamdi Dahmani währt nur wenige Minuten. Es war eines der verrücktesten, vielleicht das spektakulärste Hansa-Heimspiel der jüngeren Historie in der 3. Liga.
Nach Toren von Sven Michel (14.) und Dennis Srbeny (65.) sah der SC Paderborn bei den Würzburger Kickers eigentlich schon wie der sichere Sieger aus, zumal die Blau-Schwarzen seit der achten Minute in Überzahl spielten. Kurz vor dem Ende kippte die Partie aber überraschend. Innerhalb von zwei Minuten glichen die Hausherren zum 2:2 aus und brachten das Stadion am Dallenberg zum Beben. Das Momentum war nun klar auf Seiten der Würzburger, doch genau 72 Sekunden nach dem Ausgleich schlug Paderborn eiskalt zurück und ging durch den eingewechselten Marlon Ritter wieder in Führung – was für eine Achterbahnfahrt.
Der MSV Duisburg machte im Februar den vielleicht wichtigsten von so vielen Schritten in Richtung Zweitliga-Aufstieg, als Preußen Münster am Niederrhein gastierte und einen enorm unbequemen Gegner darstellte. Auch eine 1:0-Pausenführung des MSV – Fabian Schnellhardt traf traumhaft in den Winkel – schreckte die Gäste nicht zurück, die durch ihren kurz zuvor verpflichteten Wintertransfer Martin Kobylanski nach Wiederanpfiff zurückschlugen (46.) und 25 Minuten später das Spiel mit der 2:1-Führung auf den Kopf stellten. Dann aber zog sich der damalige Abstiegskandidat weit zurück, wollte die Zeit von der Uhr nehmen. Das gelang nicht – Duisburg erzwang durch Dustin Bomheuer den 2:2-Ausgleich (86.). Dramatisch wurde es in der fünfminütigen Nachspielzeit: Auf Seiten der Adlerträger wurde Sinan Tekerci im Strafraum gelegt – kein Elfmeter! Im Gegenzug bringt der MSV einen Freistoß ins Zentrum, Stanislav Iljutcenko rettet das Leder wohl knapp vor der Auslinie. Ausgerechnet Schnellhardt, der seinen Vertrag vor Anpfiff um drei Jahre verlängert hatte, drosch den zweiten Ball in der fünften Minute der Nachspielzeit aus 30 Metern perfekt in den Winkel. Besser lässt sich die Geschichte eines Fußballspiels kaum mehr schreiben.
Gleich drei Pokalüberraschungen auf einmal landete der SC Paderborn „on top“ auf seine überragende Hinrunde. Zunächst musste der FC St. Pauli dran glauben – 2:1 der Endstand. Schon das war stark. Dann versuchte mit dem VfL Bochum der nächste Zweitligist sein Glück und unterlag ebenso verdient mit 0:2 in der Benteler-Arena. Im Achtelfinale reiste schließlich der FC Ingolstadt an und musste sich mit 0:1 geschlagen geben. Auch das war nicht unverdient! Mit dicken siebenstelligen Mehreinnahmen im Rücken kann sich Paderborn nun auf die Auslosung im Viertelfinale freuen. Die gute Nachricht: Es kommt so oder so ein attraktiver Gegner. Die schlechte: Ein Zweitligist ist nicht mehr dabei…
Selten waren die Voraussetzungen für das Derby zwischen Münster und Osnabrück so prekär gewesen wie im Oktober, befanden sich doch beide mitten im Abstiegskampf und hatten eine mächtige Negativserie auf den Schultern. Befreit auf spielte nur der SCP, der schon nach wenigen Minuten durch Ole Kittner in Führung ging und zur Pause 2:0 in Front lag. Dann hagelte es in sechs Minuten drei Elfmeter – erst verkürzte der VfL, dann zogen die Adler wieder davon und vergaben sogar noch das 4:1 vom Punkt. Das holte schließlich Nico Rinderknecht nach. Wenig später war das Kapitel Joe Enochs als Trainer des VfL Osnabrück beendet. Münster schaffte es derweil nicht, anschließend aus dem Erfolg Kapital zu schlagen und steht mittlerweile wieder hinter seinem Rivalen.
Wenn es nicht läuft, dann so richtig – mit dieser negativen Voreinstellung konnten, nein mussten beide Mannschaften in das sächsische Derby gehen. Der Chemnitzer FC steckte das offensichtlich besser weg und befand sich nach 60 Minuten mit 2:0 in Front. Es hätte sogar noch deutlich werden können, hätte Daniel Frahn nicht leichtfertig einen Elfmeter per Schlenzer vergeben. Es sollte sich rächen: Mit zwei Kopfbällen markierte Fabian Eisele binnen zwei Minuten den 2:2-Ausgleich. Bentley Baxter Bahns Bogenlampe beendete die Aufholjagd von Zwickau schließlich erfolgreich – alles lief gegen die Himmelblauen. Dank des nimmermüden Einsatzes darf der FSV somit fünf Zähler vor dem CFC überwintern.
Mehrere Male sorgte der SV Wehen Wiesbaden in der laufenden Spielzeit für mächtig Furore – ein erinnerungswürdiges Spiel bescherte ein Sonntagnachmittag Ende Oktober. Denn da kam Preußen Münster mit Hoffnungen an den Rhein, durfte diese aber schon zur Pause begraben. Erst führte der SVWW mit 3:0, dann markierte Münster den Anschluss und Wiesbaden konterte umgehend zum 4:1 noch vor dem Seitenwechsel. Während die Preußen mehrfach Auflösungserscheinungen in der Defensive zeigten und Wiesbaden, allen voran Manuel Schäffler (drei Treffer), zum Toreschießen einluden, bewies die Elf von Rüdiger Rehm zeitgleich eine enorme Effizienz.
Ganz anders verlief das Preußen-Heimspiel gegen den FSV Zwickau im April, bereits zur Pause stand es 4:0! Zwickau – immerhin bis dato bestes Team der Rückrunde – erwischte nach akzeptablem Start einige rabenschwarze Minuten und wurde anschließend zum Spielball für kombinationsfreudige Münsteraner, die ihre Fans verwöhnten. Auch der Anschlusstreffer durch Toni Wachsmuth störte den SCP nicht, der seinerseits eine Viertelstunde vor dem Schlusspfiff sogar noch das 5:1 nachlegte. Selten war ein Spielverlauf klarer, selten war eine Mannschaft in dieser Drittliga-Saison dominanter. Münster fehlte jedoch über das Jahr hinweg schlichtweg die Konstanz, um sich besser zu platzieren.
Bezeichnend für Hansa Rostock und seine unzufriedenstellende Saison 2016/17, dass der Verein in den Highlights eher als Verlierer genannt wird. Auch die Begegnung beim VfL Osnabrück ging in die Hose, allerdings auf eine Art und Weise, die nachwirkte. Vor der lautstarken Kulisse von über 11.000 Zuschauern wollte Rostock den VfL im Aufstiegskampf ärgern – lange führte jedoch die Truppe um Coach Joe Enochs nach dem Führungstor von Anthony Syhre. Rostock war gefühlt besiegt, strahlte kaum Gefahr aus, doch Dennis Erdmann besorgte per Kopf mit Anbruch der letzten Spielminute den 1:1-Ausgleich. Großer Jubel im Gästeblock! Jedoch nur für wenige Sekunden. Dann marschierte VfL-Verteidiger Michael Hohnstedt nach vorn, sah die Lücke in der Defensive, wuchtete zum Kopfball – und versenkte das Leder unten rechts (90.+2). Was für ein Finale!
Wie, was, wo? Reichlich konsterniert durfte der 1. FC Magdeburg am ersten Spieltag der Saison 2017/18 sein, bekam er doch von der SG Sonnenhof Großaspach insgesamt vier Treffer eingeschenkt. Fast jeder Abschluss der SGS zappelte im Winkel, ein Traumtor folgte auf das nächste. Und Magdeburg schaute staunend zu, war bis dahin gar nicht mal schlecht im Spiel. Nach dem ersten Spieltag trug der FCM sogar die Rote Laterne. 19 Spielwochen später sind die Bördestädter Spitzenreiter. Und haben sich kürzlich mit einem klaren 3:0 für die Hinspiel-Niederlage revanchiert. Jens Härtel und Co. hinterlassen eben äußerst ungerne offene Rechnungen.
Die höchste Heimniederlage dieser Spielzeit teilen sich bisher Werder Bremen II (gegen Großaspach) und die Kickers Würzburg, die ebenfalls mit 0:5 dem SV Wehen Wiesbaden unterlagen. Es war der absolute Tiefpunkt für den Zweitliga-Absteiger, der erst kurz zuvor Michael Schiele als Interimscoach präsentiert hatte und diesen trotz der herben Pleite zum Cheftrainer beförderte. Dabei waren die Rothosen an diesem Nachmittag lange auf Augenhöhe, doch nachdem das 0:3 in der 74. Minute gefallen war, zerfielen die Unterfranken in ihre Einzelteile. Wer hätte da gedacht, dass dieses am Boden liegende Team im gleichen Jahr noch sechs Spiele am Stück gewinnen würde?
Ein Remis in den Spielen des Jahres? Das kann nur bedeuten: Hier muss etwas Besonderes passiert sein. Und tatsächlich war eine der beiden 2:2-Punkteteilungen zwischen Fortuna Köln und Jahn Regensburg mit einem mehr als kuriosen Spielverlauf versehen: Im Rückspiel führten die Gäste aus Ostbayern schließlich durch einen Doppelpack von Marco Grüttner vor der Schlussviertelstunde bereits mit 2:0. Der Jahn spielte die Zeit clever runter – dann verletzte sich der eingewechselte Markus Ziereis schwer, eine minutenlange Unterbrechung war die Folge. Zehn Minuten Nachspielzeit wurden insgesamt angezeigt, und die sollte Köln nutzen: Christopher Theisen (90.+6) und Markus Pazurek (90.+10) sorgten mit Kopfbällen für eine unglaubliche Wende und ließen ratlose wie enttäuschte Regensburger zurück. So spät hatte noch kein Drittligist eine Zwei-Tore-Führung verspielt, es blüht ein Rekord für die Geschichtsbücher.
Der Aufstiegskampf bei Spitzenreiter MSV Duisburg glich nicht selten einen Krampf. Bestes Beispiel: Der 34. Spieltag, an dem so viel noch hätte kippen können. Die Ausgangssituation: Duisburg hatte einen souveränen Vorsprung erarbeitet, überzeugte aber spielerisch nicht mehr und musste daher stets vor seinen Kontrahenten auf der Lauer sein. Gegen den insolventen und damit designierten Absteiger FSV Frankfurt war ein Heimsieg fest eingeplant – zur Pause aber stand es 0:2 aus Zebra-Sicht, die Leistung war unterirdisch, die Fans pfiffen lautstark und ein Zerwürfnis zwischen Mannschaft und Anhängern drohte. Als Spitzenreiter, wohlgemerkt! Solche Probleme müssen erst einmal entstehen…
Schlussendlich kam alles anders, weil Duisburg wieder einmal Moral bewies und die Partie binnen zehn Minuten zu seinen Gunsten drehte. Es war ein Spiegelbild dieser kuriosen, spannenden und längst nicht immer vollends aufstiegstauglichen Saison der Blau-Weißen, die jedoch in den richtigen Momenten stets zur Stelle waren. Im angesprochenen Fall avancierten Kingsley Onuegbu, Enis Hajri sowie mit Denis Streker sogar ein Akteur des FSV zu den MSV-Matchwinnern (53./58./62.).
Ein fröhlich-verrücktes Spiel sahen die Besucher der Partie zwischen Osnabrück und Halle Anfang August. Dabei waren die Vorzeichen durchaus ernst, denn nach drei Spieltagen hatten beide Mannschaften erst einen Zähler auf dem Konto. Der VfL ging mit 1:0 und 2:1 in Führung, ehe Halle mit starker Effizienz nach 78 Minuten auf 3:2 gestellt hatte. Doch auch damit nicht genug: Youngster Steffen Tigges sorgte zehn Minuten vor dem Schlusspfiff für den 3:3-Endstand. Ein Remis, dass damals beiden nicht weiterhalf. Mittlerweile haben sich VfL und HFC immerhin ins hintere Mittelfeld vorgeschoben.