Strittige Szenen am 24. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die nicht gegebenen Elfmeter für Magdeburg (3), Paderborn, Wiesbaden  und Karlsruhe (je 1), die rote Karte gegen Schonlau, der Strafstoß für Rostock, das 2:0 für Bremen II, das 1:0 für Jena und das 1:0 für Meppen. Am 24. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de elf strittige Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: 25 Jahre lang war Babak Rafati Schiedsrichter, 2008 schaffte er es sogar auf die FIFA-Liste. Insgesamt leitete der heute 44-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit- und 13 Drittliga-Spiele. Seit Februar 2015 hat er eine neue Aufgabe: Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Entscheidungen des Wochenendes. Nach einer Vorauswahl durch die Redaktion sichtet Rafati das Video-Material und gibt eine kurze Einschätzung zu den jeweiligen Szenen ab. [/box]

Szene 1: Nach einer Flanke in den Strafraum wird Christopher Antwi-Adjej (SC Paderborn) von Luka Odak (Rot-Weiß Erfurt) am Fuß getroffen und zu Fall gebracht. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus. [TV-Bilder – ab Minute 1:20]

Babak Rafati: Nachdem Antwi-Adjej den Ball im Strafraum an Odak vorbeilegt, wird er klar unten am Fuß getroffen und zu Fall gebracht. Dabei ist es unerheblich, ob das unabsichtlich passiert. Die Schiedsrichterin hat freie Sicht, steht aber etwas zu weit entfernt. Hier wäre es optimaler gewesen, sich dem Zweikampf zu nähern und nicht etwas zurückzugehen. Es hätte Strafstoß für Paderborn geben müssen, somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

Szene 2: Sebastian Schonlau (SC Paderborn) will einen Pass von Leopold Zingerle klären, prallt aber mit Nermin Crnkic (Rot-Weiß Erfurt) zusammen und sieht dafür glatt Rot. [TV-Bilder – ab Minute 1:45]

Babak Rafati: Schonlau erkennt, dass er nicht an den Ball kommt und stellt sich seinem Gegenspieler in den Weg. Dabei hindert er diesen am Weiterlaufen, sodass ein klares Foulspiel vorliegt. Dadurch, dass kein anderer Verteidiger eingreifen kann, nimmt er Crnkic eine klare Torchance. Daher ist die rote Karte infolge einer Notbremse eine richtige Entscheidung.

 

Szene 3: Tobias Schwede (1. FC Magdeburg) dringt in den Strafraum ein und wird von Sandrino Braun (Preußen Münster) zu Fall gebracht. Schiedsrichter Tim Skorczyk lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 11:20]

Babak Rafati: Schwede und Braun kommen bei einem Laufduell in einen Zweikampf. Dabei liegt kein Foulspiel vor, auch wenn Schwede anschließend zu Fall kommt. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

Szene 4: Nach einem Kontakt von Simon Scherder (Preußen Münster) an Christopher Handke (1. FC Magdeburg) geht dieser im Strafraum zu Boden, einen Elfmeter gibt es nicht. [TV-Bilder – ab Minute 3:40]

Babak Rafati: Handke ist schneller am Ball, wird anschließend von Scherder am Fuß getroffen und zu Fall gebracht. Der Schiedsrichter hatte freie Sicht und lässt weiterspielen. Hier hätte es Strafstoß für Magdeburg geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt.

Szene 5: Michel Niemeyer (1. FC Magdeburg) wird von Simon Scherder (Preußen Münster) im Strafraum umgegrätscht. Kein Elfmeter, sagt Skorczyk. [TV-Bilder – ab Minute 1:48:35]

Babak Rafati: Zwar spielt Niemeyer den Ball im gegnerischen Strafraum ab, wird aber dennoch unmittelbar danach von Scherder durch eine Grätsche zu Fall gebracht. Der Schiedsrichter hat den gesamten Vorgang gesehen und läuft zunächst auch zum Tatort. Warum er das Spiel dennoch weiterlaufen lässt, ist nicht zu klären. Hier liegt ein Foulspiel vor, was in der Konsequenz einen Strafstoß für Magdeburg bedeutet hätte. Somit liegt erneut eine Fehlentscheidung vor.

 

Szene 6: Im Laufduell berührt Maximilian Ahlschwede (Würzburger Kickers) Gegenspieler Pascal Breier (Hansa Rostock) am Oberarm. Dieser geht dabei zu Fall, Schiedsrichter Robert Kempter gibt Elfmeter für Rostock. [TV-Bilder – ab Minute 0:50]

Babak Rafati: Ahlschwede verschätzt sich und kommt Breier im eigenen Strafraum nicht mehr hinterher. Dadurch nimmt er den Arm zu Hilfe und hindert ihn am Weiterlaufen. Auch wenn das Halten nicht heftig ist, reicht das in diesem Tempo aus, um Breier aus der Balance zu bringen. Hier entscheidet der Schiedsrichter aus einer sehr guten Position sofort und richtig auf Strafstoß.

 

Szene 7: Bei einem Zweikampf im eigenen Strafraum fährt Ousman Manneh (Werder Bremen II) gegen Niklas Daems (Wehen Wiesbaden) den Ellenbogen aus. Schiedsrichter Bastian Börner lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 1:20]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter hat freie Sicht zum Zweikampf. Manneh fährt den Arm/Ellenbogen zunächst nach hinten aus und orientiert sich dabei zugleich zum Gegenspieler, wie man an seiner Kopfbewegung in Richtung Daems sehen kann. Als sich Daems nähert, nimmt er erneut den Arm weit nach oben und versucht durch eine aktive Bewegung mit dem Arm nach hinten den Gegenspieler fernzuhalten. Dabei trifft er seinen Gegenspieler im eigenen Strafraum mit dem Arm/Ellenbogen im Gesicht. Wenn es zu einem derartigen Kontakt kommt, ist das ein Foulspiel. Hier hätte es Strafstoß für Wiesbaden geben müssen. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

Szene 8: Rafael Kazior (Werder Bremen II) spielt einen langen Ball auf Manneh, der zum 2:0 verwandelt. Der Assistent hebt die Fahne, Börner gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 2:05]

Babak Rafati: Auch wenn der Ball zuletzt vom Wiesbadener Reddemann berührt wurde, ist das keine neue Spielsituation. Es liegt kein kontrolliertes Zuspiel des Verteidigers vor, lediglich eine Abwehraktion. Somit ist das Zuspiel von Kazior relevant. Der Treffer hätte wegen Abseits nicht zählen dürfen, es iegt eine Fehlentscheidung vor.

 

Szene 9:  Maximilian Wolfram (Carl Zeiss Jena) flankt auf Julian Günther-Schmidt – dieser trifft zum 1:0. Lotte reklamiert Abseits. Schiedsrichter Jonas Weickenmeier gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]

Babak Rafati: Nach den vorliegenden Bildern lässt sich die Szene nicht zweifelsfrei auflösen, sondern eher tendenziell beurteilen. Zum Zeitpunkt des Abspiels von Wolfram steht Günther-Schmidt kurz vor dem Fünfmeterraum. Zeitgleich steht ein Verteidiger von Lotte mit seinem Fuß etwa auf der gleichen Höhe. Somit sollten wir die Entscheidung akzeptieren und als tendenziell richtig anerkennen.

 

Szene 10: Nach einer Flanke von Markus Ballmert (SV Meppen) steht ein Meppener im passiven Abseits, greift aber nicht ein. Benjamin Girth trifft anschließend zum 1:0. Schiedsrichter Markus Wollenweber gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 1:05]

Babak Rafati: Zum Zeitpunkt der Flanke steht ein Meppener Angreifer zunächst im Abseits. Er verhält sich ruhig und greift nicht in das Spielgeschehen ein, indem er einfach stehen bleibt. Hätte er in dieser Szene einen gegnerischen Spieler durch seine Position beeinflusst, würde ein strafbares Abseits vorliegen. Man sieht aber sehr gut, dass kein Verteidiger beeinflusst wird. Somit ist es eine richtige Entscheidung, diese Position als passiv zu bewerten und das Tor anzuerkennen.

 

Szene 11: Marco Thiede (Karlsruher SC) geht nach einem Zweikampf mit Robin Scheu (Fortuna Köln) im Strafraum zu Boden. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Arne Aarnink. [TV-Bilder – ab Minute 2:20]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht optimal und kann alles gut sehen. Es liegt ein ganz normaler Zweikampf im Laufduell vor. Der Angreifer hält sich beim Fallen zwar am Kopf fest, jedoch ist kein Foulspiel zu sehen. Am Kopf findet noch nicht einmal ein Kontakt statt. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

   

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