Emmerling im Interview: "Es sieht sehr schlecht aus"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Erfurt-Trainer Stefan Emmerling über die kritische sportliche und finanzielle Situation des Vereins, die Siege gegen die Aufstiegsanwärter Magdeburg und Paderborn und das anstehende Derby bei Carl Zeiss Jena.
[box type="info" size="large"]"Keiner setzt mehr einen Pfifferling auf uns"[/box]
liga3-online.de: Erfurt ist Schlusslicht, der Rückstand auf das rettende Ufer beträgt bereits zehn, mit möglichem Punktabzug sogar elf Zähler. Wie bewerten Sie die aktuelle Tabellensituation, Herr Emmerling?
Stefan Emmerling: Natürlich setzt keiner mehr einen Pfifferling auf uns. Wir wollten in den letzten Wochen den Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze verringern und ein wenig Druck auf die Konkurrenz aufbauen. Das ist uns leider nicht gelungen. Für die U23 des SV Werder Bremen und uns sieht es sehr schlecht aus. Noch sind aber 13 Partien zu absolvieren. Die Hoffnung stirbt zuletzt und wir werden uns mit Sicherheit nicht aufgeben.
Von den letzten 17 Partien gewann Erfurt gerade einmal zwei. Allerdings holten Sie die Siege ausgerechnet gegen die beiden Aufstiegsaspiranten 1. FC Magdeburg (3:1) und SC Paderborn 07 (1:0). Wie erklären Sie sich das?
Ich könnte jetzt sagen, dass wir in solchen Partien nicht unter Druck stehen, weil wir klarer Außenseiter sind. Das würde aber nicht stimmen. Den Druck, gewinnen zu müssen, haben wir in unserer Situation in jeder Partie. Es ist einfach so, dass in der 3. Liga jeder jeden schlagen kann. Egal gegen wen du spielst: Es entscheiden immer Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage.
Zuletzt gab es ein 0:1 gegen den VfR Aalen. Warum reichte es nicht zu einem Punktgewinn?
Die Niederlage war sehr bitter. Wir waren die bessere Mannschaft, haben es aber nicht geschafft, unsere Chancen zu verwerten. Aalen hat dagegen eine Unaufmerksamkeit von uns eiskalt genutzt und es danach gut gemacht. In der zweiten Halbzeit fehlte uns die Lockerheit. Wir haben zwar alles versucht, um den Rückstand noch zu egalisieren, sind aber mit dem Kopf durch die Wand gegangen. So kann es nicht funktionieren. In den nächsten Wochen müssen wir solche Spiele auf jeden Fall für uns entscheiden, wenn wir noch eine Chance auf den Klassenverbleib haben wollen.
Die Niederlage war sogar doppelt bitter, weil sich Carsten Kammlott einen Innenbandanriss zuzog und rund vier Wochen ausfällt. Wie sehr wird er Ihnen im Abstiegskampf fehlen?
Die Verletzung von Carsten Kammlott tut uns sehr weh. Er ist ein absoluter Leistungsträger und wichtig für die Mannschaft. Aber es hilft nichts, zu jammern. Wir werden versuchen, seinen Ausfall bestmöglich zu kompensieren.
[box type="info" size="large"]"Tabellenplatz spielt im Derby keine Rolle"[/box]
Wie sieht sonst die Personallage vor dem kommenden Spiel am Sonntag bei Aufsteiger Carl Zeiss Jena aus?
Mittelfeldspieler Merveille Biankadi steht mir nach abgelaufener Rot-Sperre wieder zur Verfügung. Stürmer Tugay Uzan könnte wieder eine Option für den Kader sein. Er hat seinen Kreuzbandriss auskuriert. Auf Verteidiger Luka Odak kann ich dagegen wegen einer Gelb-Sperre nicht zurückgreifen.
Jena ist ein direkter Konkurrent im Rennen um den Klassenverbleib. Ein enorm wichtiges Spiel für Ihr Team, oder?
Schon allein, weil es ein Derby ist, hat die Partie für Spieler, Fans und den gesamten Verein einen hohen Stellenwert. Da spielt der Tabellenplatz erst einmal gar keine Rolle. Aber klar: Dass wir so schnell wie möglich anfangen müssen, konstant zu punkten, steht außer Frage. Ein Sieg in Jena würde uns gut tun.
Im Vereinsumfeld herrscht wegen der kritischen finanziellen Situation viel Unruhe. Letzte Woche wurde vom DFB sogar ein Abzug von einem Punkt verhängt, gegen den Erfurt bereits Einspruch eingelegt hat. Kann sich die Mannschaft trotzdem zu 100 Prozent auf das Sportliche konzentrieren?
Das ist schon möglich. Es ist ja nicht die Aufgabe der Spieler, sich mit den finanziellen Problemen des Vereins auseinanderzusetzen und es liegt nicht in ihrer Macht, etwas daran zu ändern. Das Einzige, was meine Jungs tun können, ist Leistung auf dem Platz zu bringen. Und solange der Verein die Gehälter pünktlich zahlt, werden sie das auch tun.