Rot-Weiß Erfurt will Insolvenz in Eigenverwaltung durchführen

Seit Dienstag ist klar: Rot-Weiß Erfurt geht zum zweiten Mal in seiner Vereinsgeschichte in die Insolvenz und steht damit praktisch als Absteiger in die Regionalliga fest. Nun wurde bekannt, dass RWE die Insolvenz in Eigenverwaltung durchführen will. Hinter den Kulissen deutet sich derweil ein neuer Machtkampf an, Präsident Frank Nowag soll offenbar vor dem Aus stehen.

Worst-Case: Auflösung des Vereins 

Über acht Millionen Euro Schulden und rund 200 Gläubiger: Das sind die Zahlen zur Insolvenz der Thüringer. Wer wie viel bekommt, ist noch vollkommen offen. Klar ist hingegen: Rot-Weiß Erfurt will die Gespräche mit den Gläubigern in Eigenverwaltung durchführen, "um die Bindungen zu eventuellen Investoren aufrechtzuerhalten", so Rechtsanwalt Marko Harras, der das Insolvenzverfahren begleiten soll. Einen entsprechenden Antrag reichte RWE am Dienstagabend beim Amtsgericht Erfurt ein. Konkret heißt das: Nicht ein durch das Gericht bestellter Insolvenzverwalter, sondern der Verein selbst will das Verfahren abwickeln und das Heft des Handels somit bei sich behalten. Dadurch soll die Dauer des Verfahrens zudem verkürzt werden.

Das Gericht würde lediglich einen Sachverwalter bestellen, der prüft, ob alle Regularien eingehalten werden. Genehmigt das Amtsgericht diesen Antrag, würde das Insolvenzverfahren wohl am 1. Mai eröffnet werden. Sollte das Gericht den Antrag jedoch ablehnen, droht RWE im schlimmsten Fall eine komplette Abwicklung des Vereins, was eine Löschung aus dem Vereinsregister zur Folge hätte. Dann müsste in der untersten Liga ein neuer Verein gegründet werden – der FC Rot-Weiß Erfurt wäre dann aber Geschichte. Ein Horror-Szenario, das unbedingt verhindert werden soll.

Nowag vor der Abberufung?

Auch deshalb herrscht hinter den Kulissen Streit über die Vorgehensweise. Der Hintergrund: Präsident Frank Nowag und Vize Knut Herber reichten den Insolvenzantrag am Dienstag ein, ohne den Aufsichtsrat zuvor in Kenntnis zu setzen. Wie Nowag am Mittwoch auf einer Pressekonferenz betonte, habe man den Aufsichtsrat um dessen Vorsitzenden Michael Tallai so spät am Dienstagabend nicht mehr stören wollen. "Das wollten wir Herrn Tallai um diese Uhrzeit nicht mehr antun."

Ein Alleingang, der beim Aufsichtsrat wenig überraschend nicht gut ankam. Laut der "Bild" steht daher nun eine Abberufung von Frank Nowag als Präsident im Raum – angeblich wird sogar bereits ein Nachfolger gesucht. Ausgerechnet in der Stunde Null kündigt sich hinter den Kulissen ein neuer Machtkampf an. Nowag verteidigt sein Handeln unterdessen: "Der Aufsichtsrat hat uns beauftragt, die Insolvenz zu prüfen und zu planen. Es ist die Entscheidung des Präsidiums, diese dann durchzuführen."

In den kommenden Tagen soll nun ein Insolvenzplan erstellt werden, anschließend können die Gläubiger ihre Forderungen anmelden. "Die Gläubiger müssen vom Insolvenzplan überzeugt werden. Es braucht Akzeptanz", sagt Nowag und hofft, die Insolvenzmasse mit frischem Geld von Investoren anheben zu können. Dadurch sollen möglichst viele Gläubiger ins Boot geholt werden. Damit das Verfahren erfolgreich durchgeführt werden kann, müssten 50 Prozent der Gläubiger dem Insolvenzplan letztlich zustimmen. Die Gehälter der Spieler und Angestellten sind unterdessen gesichert. Für die Monate Februar, März und April zahlt die Arbeitsagentur jeweils Insolvenzgeld.

Möckel: "Das tut sehr weh"

Die Mannschaft nahm die Insolvenzanmeldung unterdessen gefasst auf, zumal sich der Schritt in den vergangenen Wochen bereits angedeutet hatte. "Durch den einen Punkt aus den letzten drei Spielen musste man die Situation realistisch begutachten – das haben Aufsichtsrat und Präsidium getan. Ich denke, der Schritt war alternativlos", sagte Trainer Stefan Emmerling am Mittwoch. "Die Spieler werden sich jetzt informieren und Rat holen. Ich bin selbst gespannt, jetzt ist die Situation klar. Die Zukunft kann nun ausgerichtet werden."

Kapitän Jens Möckel sprach gegenüber der "Thüringer Allgemeinen" von einem schmerzhaften Schritt: "Das tut sehr weh, aber war absehbar." Dass sich die Mannschaft nun hängen lässt, glaubt der 30-Jährige aber nicht: "Es ist für jeden ein Privileg, in der 3. Liga zu spielen. Außerdem will sich ja jeder für einen neuen Vertrag präsentieren." Die Abschiedstournee für Rot-Weiß Erfurt beginnt am Freitag mit einem Auswärtsspiel in Wiesbaden. Zehn Spielen stehen noch an, dann geht es für den Thüringer Traditionsverein erstmals in seiner über 50-jährigen Vereinsgeschichte in die Viertklassigkeit. Der Weg zurück in den Profifußball wird steinig.

[box type="info"]Weiterlesen: Fragen und Antworten zur Insolvenz von Rot-Weiß Erfurt [/box]

 

   

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