Kommentar: Für Rot-Weiß Erfurt ist der Abstieg eine Chance
Als einziger Verein war der FC Rot-Weiß Erfurt in allen zehn Drittliga-Jahren vertreten, nun müssen die Thüringer erstmals in ihrer Vereinsgeschichte den Gang in die viertklassige Regionalliga antreten. Was einer Zäsur gleichkommt, ist aber auch eine Chance. Ein Kommentar.
Alles auf Null
Kapitän Jens Möckel hatte am Sonntag nach dem Spiel in Halle mit den Tränen zu kämpfen. Abgesehen von einer einjährigen Unterbrechung spielt der 30-Jährige seit 2008 für RWE und kam in dieser Zeit in über 200 Pflichtspielen für den Thüringer Traditionsverein zum Einsatz. Keine Überraschung also, dass dem Innenverteidiger der Abstieg in die Regionalliga nahe geht. Ebenso wenig verwunderte es, als Möckel bereits im Dezember durchblicken ließ, mit Rot-Weiß Erfurt auch in die 4. Liga gehen zu wollen. Möckel hängt an RWE – und könnte der erste Baustein für den Neuanfang sein. Ohnehin ist der Abstieg, auch wenn er natürlich schmerzhaft ist, eine Chance – sowohl finanziell als auch sportlich.
Zum einen können sich die Thüringer über das Insolvenzverfahren sanieren und ohne Altlasten in die Zukunft gehen, denn mit einem Schuldenberg von über acht Millionen Euro hätte RWE keine vernünftigen Perspektive für die 3. Liga gehabt. Zum anderen kann RWE auch sportlich alles auf null stellen, einen neuen Kader zusammenbauen und mit jungen Spielern aus der Region wieder für eine größere Identifikation bei den Fans sorgen.
Gespräche laufen
Dass der Verein bereits jetzt Planungssicherheit hat, ist ein großer Verteil gegenüber der künftigen Konkurrenz. Längst führt Trainer Stefan Emmerling hinter den Kulissen Gespräche, parallel läuft die Suche nach einem neuen sportlichen Leiter – momentan hat Emmerling diesen Posten noch inne. Schon in Kürze dürften erste Entscheidungen bezüglich des Kaders für die kommende Regionalliga-Saison fallen. Mittelfristig, so das Ziel der Thüringer, soll die Rückkehr in die 3. Liga gelingen.
Klar ist aber auch: Eine Garantie für eine bessere Zukunft ist der Abstieg keineswegs. In der Regionalliga warten nun schwere Zeiten, wenn es nicht mehr gegen Magdeburg, Rostock und Jena sondern vor wenigen hundert Zuschauern gegen Fürstenwalde, Neugersdorf und Altglienicke geht. Der Profifußball ist in Erfurt künftig Geschichte, der Weg zurück wird nicht leicht. Zudem müssen die Gremien hinter den Kulissen an einem Strang ziehen. Doch nutzt RWE die Chance, werden sie gestärkt in die 3. Liga zurückkehren können. Und wer weiß: Vielleicht ist dann auch mehr möglich, als jedes Jahr nur gegen den Abstieg zu spielen.