Warum Lotte Angst und Bange werden sollte
Wie, der VfL Osnabrück hat sich am Vortag bis auf die Knochen blamiert? Halt mein Bier! Das haben sich die Sportfreunde Lotte wohl vor ihrem Entscheidungsspiel um den DFB-Pokal gedacht. Natürlich flog der Drittligist in seinem Halbfinale des Westfalenpokals ebenso hochkant aus dem Wettbewerb. Und was sich danach abspielte, machte das Ganze noch abstruser. Ein Kommentar:
Zwei Lachnummern unter sich
"Heute ist der VfL die Lachnummer. Morgen seid ihr es!", beschreibt die "Neue Osnabrücker Zeitung" in ihrem Liveticker einen Fan der Sportfreunde Lotte, sichtlich erzürnt über das, was ihm angeboten wurde. Knapp zwei Drittel waren da gegen den TuS Erndtebrück gespielt, Vorletzter der Regionalliga West, höchstwahrscheinlich in einem Monat Absteiger in die fünftklassige Oberliga. Der Zwischenstand: 0:2. Der Einzug in den DFB-Pokal, der quasi gleichbedeutend mit dem als Pflichtsieg deklarierten Gewinn des Spiels war, war dort schon meilenweit entfernt. Das Endresultat: 1:2. Erndtebrück ist im Finale. Gegner: Vielleicht der SC Paderborn, der ohnehin in den Top 4 der 3. Liga landen wird und so sein Ticket für den Pokalwettbewerb löst. Dann wäre Erndtebrück sicher qualifiziert. Andernfalls müsste der Regionalligist im Endspiel Sechstligist Olpe schlagen. Klingt machbar.
Vom designierten Viertliga-Absteiger durch die Arena geführt
Dieses Programm hätten die Sportfreunde Lotte auch haben können. Aber der einstige DFB-Pokalschreck, der sich in der vergangenen Saison tapfer über Bremen, Leverkusen und 1860 München ins Viertelfinale vorkämpfte, der über Millionen Bildschirme bekannt wurde als der Verein, bei dem der BVB-Mannschaftsbus aus dem Schlamm gezogen werden muss, verweigerte den Dienst. Bei jedem Spieler hätte die Durchschnittsform für diesen Gegner problemlos ausgereicht, die meisten aber fanden nicht statt. Ob seine Akteure wohl die richtige Sportart gewählt hätten, wird SFL-Trainer Andreas Golombek in der Zeitung zitiert. Verschlafen hätten die Akteure den Start, ließen sich vom Underdog durch das eigene Stadion führen. Die Lotter Drangphase begann erst mit dem Anschlusstreffer nach 80 Minuten. Zu spät, natürlich.
Wilkes Wutschwall wirkt nach
Golombek hatte sich auch verzockt, hatte auf wichtige Stammspieler wie Tim Wendel und Kevin Pires-Rodrigues verzichtet. Normalerweise wird das intern angesprochen und mit aller gebotenen sachlichen Kritik aufgearbeitet. Manfred Wilke, Ingenieur, Fußballobmann, Seele des Vereins, wählte einen anderen Weg: Er haute Golombek Minuten nach dem Spiel öffentlich in die Pfanne, dass es nur so krachte. "Unser Fußballlehrer hat das ganze Mittelfeld enteiert“, heißt es in der "NOZ". Es sei ein Offenbarungseid des Trainers gewesen. Und: "Als ich die Aufstellung gesehen habe, ist mir die Luft weggeblieben. Das ist für mich ein Ding aus dem Tollhaus", so Wilke. Ein Wutschwall, der seinesgleichen sucht und mit dem Manfred Wilke jegliche Regeln von Anstand und Respekt niedertrampelt – noch dazu kanalisiert auf eine Person: Andreas Golombek. Vielleicht sollte Wilke jemand darauf aufmerksam machen, dass er seinen Fußballlehrer selbst installiert hat, und zwar als vierte (!) Besetzung in der laufenden Saison.
Golombek wird gehen müssen – aber wann?
Das berühmte Tischtuch ist damit zerschnitten. Es wird wohl keine weitere Zusammenarbeit zwischen Golombek und Wilke geben könne – ein weiterer Übungsleiter ist in Lotte an der Macht des Vereinsbosses, des Entscheiders gescheitert. Nur noch der Zeitpunkt der Trennung ist fraglich: Gibt es einen sauberen Schnitt zum 30. Juni oder eine weitere medienwirksame Entlassung in den kommenden Tagen? Nach den Worten, die am Mittwochabend gefallen sind, wäre Letzteres die einzige geradlinige Konsequenz. Dampfplauderer in den eigenen Reihen kann Lotte nun wirklich nicht gebrauchen. Allein die Entwicklung vom sympathischen Underdog zur Diva vom Dorf binnen lediglich eines Jahres ist absolut enttäuschend. Geht es mit den Sportfreunden Lotte derart unprofessionell weiter, kann einem vor der kommenden Saison – für die die SFL sieben Kicker und keinen Coach unter Vertrag haben – nur noch Angst und Bange werden.