Wer den FCM-Weg nicht mitgehen will, ist ersetzbar
Da hat der 1. FC Magdeburg noch nicht einmal die Planungen für die 2. Bundesliga so richtig aufgenommen, drücken ihm schon die ersten Negativmeldungen auf das Gemüt. Dass Tobias Schwede und Julius Düker zum Mitaufsteiger nach Paderborn wechseln, ist zunächst nur schwer zu verstehen. Ein Kommentar.
Es fühlt sich wie Majestätsbeleidigung an
Für die Anhänger des Fußballclubs mag es sich ein wenig wie Majestätsbeleidigung anfühlen. Es gibt doch augenscheinlich nur wenige Gründe, von einem Verein des Kalibers 1. FC Magdeburg zu einer kleineren, etwas beschaulicheren Adresse zu wechseln. Zahlt der SC Paderborn besser? Das ergibt wenig Sinn. Waren doch die Ostwestfalen vor gut einem Jahr noch akut insolvenzgefährdet, während Magdeburg allein durch seine gewaltige Zuschauerresonanz, aber auch ein bedachtes Finanzmanagement als einer von sehr wenigen Drittligisten sogar einen Gewinn verbuchte. Bietet er die bessere langfristige Perspektive? Nein. Er hat zwar seit dem Bundesliga-Aufstieg im Jahr 2014 die entsprechende Trainings-Infrastruktur, was auch Düker überzeugte. Aber er hat kein Stadion für größere Dimensionen, er ist in seiner Region nicht die Nummer eins, er hat nicht die Strahlkraft.
Imponierender Fußball des SCP könnte Spieler anlocken
Was der SC Paderborn hat, und das muss man ihm neidlos anerkennen, ist eine höchst intakte Mannschaft, die den vielleicht besten Fußball spielt, den ein Team in zehn Jahren 3. Liga angeboten hat. Das war beeindruckender Sport, der dem einen oder anderen Spieler imponiert haben wird. Wer würde nicht gerne Teil eines solchen Teams sein? Das wird insbesondere für Julius Düker gelten, dessen Entwicklung in Magdeburg abseits einer starken Phase im Winter etwas stagnierte. Ihm wäre beim FCM womöglich ein zweitliga-erfahrener Stürmer vor die Nase gesetzt worden. Beim SC Paderborn ist diese Rolle noch nicht endgültig besetzt, zudem könnte Offensivkraft Marlon Ritter nach Ablauf der Leihe zu Fortuna Düsseldorf zurückkehren und eine weitere Stelle freiwerden.
So funktioniert Profifußball im Jahr 2018
Tobias Schwede hatte dagegen seinen Stammplatz, auch beim FCM. Er wird gute Gründe haben, diese gute Ausgangslage herzugeben. Und sich dem Konkurrenzkampf in einem neuen Umfeld zu stellen. Dafür braucht es Selbstvertrauen. Selbstvertrauen brauchte im Übrigen auch der SC Paderborn, eher schon Mumm. Er besaß die Chuzpe, gleich zwei Spieler des Mitkonkurrenten und späteren Mitaufsteigers frühzeitig anzusprechen und – mit welchen Mitteln auch immer – abzuwerben. Ein ungewöhnlicher Schritt. Gleichwohl ist es kein Akt, an dem sich Moralapostel wochenlang auslassen müssen. So funktioniert Profifußball im Jahr 2018, Paderborn hat es verstanden, Jens Härtel auch: "Das gehört dazu. Wenn man sowas nicht will, hätten wir in der Regionalliga bleiben müssen. In der 2. Bundesliga wird das Haifischbecken größer." Falls der 1. FC Magdeburg, der selbst selten auf den letzten Drücker plant, hier tatsächlich zu spät dran war, muss er daraus lernen.
Personalien müssen ab sofort abgehakt sein
Um die abgewanderten Spieler wird man an der Elbe nicht lange trauern. Sie waren noch längst nicht so viele Jahre an Bord, um als Symbolfiguren des Vereins zu gelten, von denen man eine Herzensentscheidung erwartet hätte. Wäre ein Christopher Handke, ein Nils Butzen oder gar ein Christian Beck plötzlich abgesprungen – es wären wohl viele ins Grübeln gekommen. So gilt: Wer den Weg des 1. FC Magdeburg nicht mitgehen möchte, ist ersetzbar. Wer zweifelt, dass der Magdeburger Fußball auch in der 2. Bundesliga erfolgreich sein wird, ist ersetzbar. Der FCM hat genug Stolz, Rückgrat und die breite Brust, um diese Abgänge wegzulächeln, die Kaderplanung in aller Ruhe fortzusetzen und dann höherwertige Alternativen zu präsentieren. Die Personalien Tobias Schwede und Julius Düker müssen, so hart es klingt, mit der Bekanntgabe ihres Wechsels schon abgehakt sein.