Münster und sein Wappen: Späte, aber nicht zu späte Einsicht

Vieles geschieht beim SC Preußen Münster dieser Tage ziemlich unerwartet. Einiges haben die Fans akzeptiert oder zumindest stillschweigend hingenommen – bei der plötzlichen Änderung des Vereinswappens aber kochten die Emotionen hoch. Dass der Verein den gestutzten Adler nun vorerst in den Schubladen verschwinden lässt, ist die einzig richtige Handlung. Dennoch ist das Missverständnis damit nicht aus der Welt geräumt. Ein Kommentar.

Grenze überschritten

Fans von Preußen Münster durchleben keine einfachen, aber dennoch hochinteressante Wochen. Dass auch die Westfalen in diesem Frühjahr den wirtschaftlichen Rahmen für ein weiteres Jahr in der 3. Liga nur ziemlich mühsam stecken konnten, klang mehrfach durch. Gesichert wurde die Zulassung letztlich auch durch ein Investment von zwei Millionen Euro – entgegen der angekündigten Transparenz, die die neue Vereinsführung seit ihrem Antritt vor mittlerweile mehr als anderthalb Jahren stets für sich proklamiert, wollte der Verein den Investor aber nicht aus eigenen Stücken benennen. Die erste Pille, die bei so manchem ein flaues Gefühl hinterließ.

Nun aber überschritt der Klub eine klare Grenze und bekam das wenige Augenblicke nach der Veröffentlichung zu spüren: Er stutzte den traditionsreichen Adler, der in dieser Form seit mehr als einem Jahrzehnt das Wappen ziert, auf eine grafisch vereinfachte Form. Ein "Evolutionslogo", wie Münster stolz mitteilte und sogar einen "Styleguide" mitschickte. Das kleine Problem: Der Preußen-Adler hatte seine Struktur verloren und wirkte einerseits nicht annähernd so professionell umgesetzt, wie es von der renommierten Werbeagentur erwartet werden konnte. Andererseits war er einfach nicht mehr schön – auch noch nicht, nachdem man eine Nacht darüber geschlafen hatte. Das große Problem: Die Mitglieder, denen so viel Teilhabe am "neuen" SCP versprochen wurde, wurden mit dieser Entscheidung ohne ihre Beteiligung vor den Kopf gestoßen.

Wasser auf die Mühlen der Kritiker

Ob den Verantwortlichen diese Gemengelage nicht aufgefallen ist? Ob sie die Gefahr falsch eingeschätzt haben? Mit Sicherheit hätte ein fan-nahes Präsidiums- oder Aufsichtsratsmitglied sein Veto hier eingelegt. Nur: Selbst diese Gremien wurden offenbar nur unzureichend einbezogen. Spätestens an diesem Punkt stellt sich unwillkürlich die Frage, warum niemand mit gesundem Sachverstand diesen Alleingang stoppte. Wenige Personen stießen die Lawine an, über die Kommunikationskanäle rauschte sie binnen Minuten mit Energie ins Tal und hinterließ Zerstörung. Zunächst in Form eines Shitstorms, aber was bleibt, ist gewaltiges Misstrauen seitens der Fans. Es ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker aus der ehemals aktiven Szene, die seit der Ausgliederung der Profiabteilung im Stadion ohnehin nicht mehr aktiv auftritt. Sie versah am Tag nach der Wappen-Änderung Trainingsplatz und Geschäftsstelle mit eindeutigen Plakaten. Auch das Fanprojekt kritisierte das Vorgehen scharf. Der kleine Mann, der Fan, er fühlte sich übergangen.

Etwa 48 Stunden nach dem Adler-Desaster verkündete der Club nun, das "Evolutionslogo" wieder verschwinden zu lassen. Eine späte, aber nicht zu späte Einsicht. Ein so wichtiges Identifikationsmerkmal wie das Wappen, das gerade bei Preußen Münster eine Besonderheit darstellt, gehört nicht über Nacht verändert. Der Zuspruch auf unseren Kanälen für das alte Wappen, der aus allen Teilen der 3. Liga kommt, zeigt, dass Münster mit diesem Eingeständnis nicht den falschen Weg gegangen ist. Auch, nein gerade das ist Traditionserhalt, wenn ein in die Jahre gekommenes, digital vielleicht nicht einfach zu handelndes Wappen von einem Facelifting verschont bleibt. Die Münsteraner sollen die Träger eines stolzen Adlers bleiben – und nicht die einer Ninjataube.

Selbst auferlegten Transparenz Taten folgen lassen

Mit der Verunsicherung der Anhängerschaft muss der Verein bis auf weiteres leben. Mit dem finanziellen Verlust durch die wertlos gewordenen, überhastet produzierten Trikots und Trainingsjacken für die Profis, mit denen diese am Mittwoch sogleich den Laktattest absolvierten, ebenso. Es ist ein Bruch, der gekittet werden kann. Preußen Münster muss seiner selbst auferlegten Transparenz nun einfach Taten folgen lassen. Warum ist das nur so schwer?

   

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