1860 München: Die hochveranlagte Wundertüte

Nach einem Jahr in der Provinz ist der TSV 1860 München zurück auf der nationalen Bildfläche, ist in die 3. Liga aufgestiegen. Er ist einer von drei nicht ganz normalen Aufsteigern, das zeigt sich auch an der bisherigen Transferpolitik. liga3-online.de wirft einen Blick auf den neuen Kader der Löwen und analysiert Stärken und Schwächen.

Neuer Spielraum nach frischem Ismaik-Geld

1860 München reicht sich mit Energie Cottbus und KFC Uerdingen in eine Aufsteiger-Riege ein, die noch nie auch nur annähernd so prominent besetzt war. Während Cottbus selbst in der Regionalliga vor allem dank Transfereinnahmen einen Millionengewinn einfuhr, hat sich Uerdingen schon mit mehreren Zweitliga-Spielern verstärkt. Und 1860 München? Bei den Löwen sind die Mittel etwas begrenzter gewesen.

Nun aber hat Hauptgesellschafter Hasan Ismaik mit der Vereinsführung einen Deal ausgehandelt: Er lässt dem Verein zwei Millionen Euro zukommen, das der TSV wiederum erst zurückzahlen muss, wenn seine Profiabteilung wieder eine schwarze Null schreibt. Von diesem frischen Geldregen machte 1860 prompt Gebrauch und zog seinerseits mit zwei etablierten Kickern aus der 2. Bundesliga nach: Außenstürmer Stefan Lex kam vom FC Ingolstadt, Sechser Quirin Moll von Eintracht Braunschweig.

Grimaldi macht das Top-Trio komplett

Es sind zwei der drei Top-Transfers im Löwengehege. Das Trio komplett macht Adriano Grimaldi, der beim künftigen Liga-Kontrahenten Preußen Münster in der vergangenen Saison zum besten Torjäger avancierte. Während Münster den Star seiner Mannschaft trotz aller Versuche nicht zum Bleiben überreden konnte, lockte der Turn- und Sportverein den 27-Jährigen an die Grünwalder Straße. Ein Coup, hatten doch nicht wenige erwartet, dass Grimaldi nach seinen starken Leistungen sogar in die 2. Bundesliga wechseln würde.

Und auch die Verpflichtungen, die eher im Hintergrund stattfanden und auf talentierte Regionalligisten abzielen, versprechen rein nominell eine ganze Menge: Marius Willsch war bei Schweinfurt 05 ein außerordentlich torgefährlicher Mittelfeldmann, Alessandro Abruscia spielte als Einziger bei Südwest-Absteiger Stuttgarter Kickers eine überragende Saison. Efkan Bekiroglu von Augsburg II belebt die Position hinter der Spitze und der 28-jährige Kristian Böhnlein aus Bayreuth ist gemessen an seinen Statistiken seit Jahren einer der unterschätzteren Mittelfelder in Bayerns höchsten Spielklassen.

Gebharts Abgang kann nicht jeder nachvollziehen

Die neun bislang getätigten Transfers komplett machen Außenverteidiger Herbert Paul aus Schweinfurt und der weitestgehend unbekannte, aber hochgejubelte 19-jährige Innenverteidiger Sami Belkahia. "Großes Potenzial" bescheinigte ihm etwa Sportchef Günther Gorenzel. "Wir trauen ihm zu, zu einer vollwertigen Alternative zu werden." Verlassen haben den Verein nach dem Abstieg zum Großteil jene Spieler, die auf dem Rasen nur geringe Anteile am Erfolg hatten und in der 3. Liga ohne Perspektive gewesen wären.

Etwas überraschend schaffte Michael Görlitz, der einige Jahre für den FSV Frankfurt, den FC St. Pauli und Arminia Bielefeld zweitklassig gespielt hatte, beim damaligen Viertligisten den Sprung in die Startelf nicht und verlässt die Löwen nun folgerichtig. Und auch der erfahrene Timo Gebhart, der einen herausragenden Saisonstart erwischte und dann von Verletzungspech gebeutelt war, musste gehen. "Interne Gründe", sagte Trainer Daniel Bierofka zur Trennung vom bei Fans schnell ins Herz geschlossenen Gebhart, der von Hansa Rostock gekommen war.

Viel Qualität auf den Flügeln und im Mittelfeld

Im Gesamtbild sieht der Kader der Münchner Löwen schon ziemlich rund aus. 29 Spieler stehen mittlerweile unter Vertrag, mehr benötigt es eigentlich nicht. Und doch wird in naher Zukunft erwartet, dass auch der talentierte Innenverteidiger Simon Lorenz, zuletzt beim VfL Bochum, seine Unterschrift unter ein Arbeitspapier bei den Blauen setzt. Es ist die letzte Position, auf der 1860 München noch nicht doppelt besetzt war. Auffällig ist die nunmehr große Auswahl an kreativen Mittelfeldspielern – Gebharts Abgang wird durch Bekiroglu, Willsch als auch Böhnlein aufgefangen.

Auf den Flügeln wurde ein ähnlich starkes Pendant zum überragenden Linksaußen Nico Karger gesucht und in Lex sowie Abruscia für die rechte Seite gefunden. Vorne kämpft im
4-3-3-System zunächst Adriano Grimaldi mit Sascha Mölders um den Startplatz. Gut möglich, dass der konditionell schwächere, aber ungemein torgefährliche Mölders künftig zum Edeljoker mutiert. Daniel Bierofka, der wohl das höchste Trainer-Standing seit Werner Lorant bei den Löwen besitzt, ist bei diesen Entscheidungen zu trauen. Das Talent und gleichzeitige Löwen-Urgestein an der Seitenlinie kommt bislang auf unglaubliche 2,23 Punkte pro Pflichtspiel.

Defensive muss noch überzeugen

Im defensiven Mittelfeld und in der Viererkette wird nur Quirin Moll mit absoluten Stammspieler-Ambitionen neu dazustoßen, er könnte Aaron Berzel neben dem etablierten Daniel Wein auf der Sechs ersetzen. Die Defensivreihe wird zunächst wohl aus der Aufstiegsmannschaft rekrutiert: Felix Weber, Jan Mauersberger, Philipp Steinhart (links) und der junge Eric Weeger (rechts) dürften gute Karten besitzen.

Im Tor möchte Hendrik Bonmann Marco Hiller den bestmöglichen Konkurrenzkampf bieten. Im Vergleich zur mit herausragenden Spielern gespickten Offensive ist die Verteidigung auch im Hinblick auf die Relegationsspiele gegen den 1. FC Saarbrücken noch das Sorgenkind. Dort muss der TSV 1860 zeigen, dass er seine Akteure auf Drittliga-Niveau hieven kann. Gelingt das, können die Blauen auf Anhieb um das obere Drittel mitspielen.

   

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