Die Gewinner und Verlierer des Saisonauftakts

Das ging fix. Vier Spieltage hat die 3. Liga mehr oder weniger im Eilverfahren absolviert, gerade einmal 17 Tage lagen zwischen Saisoneröffnung und dem abschließenden Match der vierten Runde. Was auf den ersten Blick auffällt, ist die Ausgeglichenheit – nur zwei Mannschaften haben noch kein Spiel gewonnen. Wer ist Gewinner, wer ist Verlierer des Auftakts?
[box type="info" size="large"]Gewinner[/box]
Das ist wenig überraschend: Wer die Tabelle anführt, kann nicht viel falsch gemacht haben. Und tatsächlich erlebt der SC Preußen Münster im mittlerweile achten Drittliga-Jahr eine Art Renaissance, die schon nach wenigen Wochen von seinem Publikum goutiert wird: Mehr als 9.000 Zuschauer pilgerten am Montagabend zum 1:0-Erfolg über die SF Lotte, der den SCP an die Spitze der 3. Liga beförderte – schon zum zweiten Mal in der noch jungen Saison.
Was macht die Preußen so stark? Möglicherweise ist es der kleine Kader, denn es gibt nur wenige unzufriedene Spieler. Zudem haben sie mit René Klingenburg einen echten Treffer im Mittelfeld gelandet, der schnell, zweikampfstark, griffig und torgefährlich ist. Weil die Moral in der Elf stimmt, kann sie auch Rückstände verkraften – so etwa beim Auswärtssieg in Kaiserslautern. Eine These für den weiteren Saisonverlauf könnte lauten: Wer gegen diesen SC Preußen spielt, darf sich seiner Sache nie zu sicher sein.
Die Beschreibung des SC Preußen kann fast nahtlos auf seinen Erzrivalen übertragen werden. Auch der VfL Osnabrück begeisterte seine Fans rasch mit einer Elf, die bereit ist, durch das Feuer zu gehen. Die Lila-Weißen bogen zum Saisonauftakt die Partie gegen Würzburg in letzter Sekunde in einen Sieg und schöpften daraus Kraft für einen bärenstarken Start, dessen wohl bestes Spiel "nur" mit einem gefühlten Sieg endete: Gegen 1860 München hieß es nach 0:2-Rückstand noch 2:2, und wieder war es ein Last-Minute-Treffer, der für große Glücksgefühle sorgte.
Überraschend ist die Entwicklung durchaus. Der VfL spielte einen unterirdischen Frühling, der in anderen Spielzeiten zu schwach für ein weiteres Drittliga-Jahr gewesen wäre. Obwohl das Geld weiterhin knapp ist, hat Benjamin Schmedes nun offenbar einen Kader zusammengestellt, der wieder als Einheit funktioniert. Und er erhält in diesen Wochen einen Beweis, dass er mit Daniel Thioune nicht dem falschen Trainer das Vertrauen geschenkt hat. Groß ist nun die Vorfreude auf das Derby in zwei Wochen: Dann möchte Osnabrück Münster vom Ligathron stoßen.
Dass der KFC Uerdingen nach vier Spieltagen einen Spitzenplatz belegen würde, war den Krefeldern vor der Saison angesichts namhafter Transfers durchaus zugetraut worden. Nichtsdestotrotz gehört der Aufsteiger, der ebenso wie Tabellenführer Preußen Münster neun Punkte aus vier Spielen eingefahren hat, zu den Gewinnern der bisherigen Saison. Vor allem auch deswegen, weil der KFC in den vergangenen drei Spielen die Antwort auf die 1:3-Niederlage zum Auftakt gegen Unterhaching geliefert hat – und das zuletzt spektakulär: Gegen Meppen holte die Krämer-Elf einen zweimaligen Rückstand auf und drehte das Spiel in der vierten Minute der Nachspielzeit komplett, auch gegen 1860 München ging der Aufsteiger am vergangenen Sonntag durch einen Last-Minute-Treffer als Sieger vom Platz.
Was zudem überrascht: Nicht die hochgehandelten Zugänge Stefan Aigner, Kevin Großkreutz und Manuel Konrad stachen bisher heraus, sondern Spieler wie Ali Ibrahimaj (kam aus Sandhausen), Lucas Musculus und Oguzhan Kefkir. Zudem bewies Stefan Krämer bisher ein glückliches Händchen und wechselte sowohl gegen Würzburg, als auch in den Partien gegen Meppen und München die Siegtorschützen ein.
Fraglos haben auch Unterhaching, Cottbus und Jena einen respektablen Auftakt hingelegt. Noch überraschender kommt aber der starke Einstand von Trainer Joe Enochs beim FSV Zwickau. Der ist nach einem schweren Auftaktprogramm mit Auswärtsspielen in Braunschweig und Karlsruhe noch ohne Niederlage, weist zudem die beste Defensive der gesamten 3. Liga auf. Zwei Gegentreffer haben die Westsachsen erst kassiert. Der Fußball ist weiterhin kein spektakulärer, aber ein ungemein effektiver.
Das beste Beispiel lieferte die Enochs-Elf gegen Fortuna Köln: Ein Elfmeter von Toni Wachsmuth genügte letztlich, um die drei Punkte in der Heimat zu behalten. Allerdings hatte die aufmerksame Defensive wieder einmal kaum Topchancen des Gegners zugelassen. Eine Fähigkeit, auf die sich der FSV in Zukunft noch stützen wird. Dass die ersten acht Punkte ausschließlich für das Ziel Klassenerhalt bestimmt sein werden, muss den Schwänen keiner mehr sagen.
[box type="info" size="large"]Verlierer[/box]
Wohl mindestens zwei Spiele benötigen schon jetzt die Sportfreunde Lotte, um sich von den Abstiegsplätzen zu befreien – sie rangieren mit nur einem Zähler am Ende der Tabelle und haben die vergangenen drei Partien verloren. Besonders ernüchternd ist die Offensivleistung, haben die SFL doch erst ein Tor erzielt. Beim Auswärtsspiel in Münster zeigte sich das Dilemma in Vollendung. Lotte spielte einige Konter flott bis vor das gegnerische Tor, bewies aber beim Abschluss völlige Harmlosigkeit.
Fraglich ist, wie unruhig die Vereinsführung angesichts des Fehlstarts wird. Im Vorjahr war so mancher Trainer nach schwachen Leistungen am Wackeln – Matthias Maucksch, selbst erst seit dieser Saison dabei, sitzt aber noch fest im Sattel. Zumindest war zuletzt eine Leistungssteigerung erkennbar. In dieser 3. Liga muss das aber bald mit Punkten belohnt werden.
Nur zwei Mannschaften haben noch überhaupt kein Spiel gewonnen – die Sportfreunde Lotte und Eintracht Braunschweig. Immerhin drei Remis hat die Mannschaft von Trainer Henrik Pedersen vorzuweisen, konkurrenzfähig scheint sie also zu sein. Nur stellte sie sich bislang wenig clever an, als sie in den ersten drei Saisonspielen jeweils in Rückstand geriet und dann beim SV Wehen Wiesbaden eine 3:1-Führung in der Schlussphase noch verspielte. Ein moralischer Tiefschlag, der vielleicht durch das Pokalwochenende (Braunschweig empfängt Hertha BSC) aus den Knochen geschüttelt werden kann.
Wie bei Lotte ist auch in Braunschweig die Chancenverwertung ein großes Thema. Allerdings wirkte auch die Defensive, die in Wiesbaden kurioserweise durch den abwanderungswilligen Gustav Valsvik verstärkt wurde, noch längst nicht immer sattelfest. Viele weitere Nackenschläge wird das zunehmend nervöse Publikum an der Hamburger Straße nicht hinnehmen.
So schnell kann sich das Blatt wenden. Jubelten vor zwei Wochen noch mehr als 35.000 FCK-Fans auf dem Betzenberg über einen verdienten Auftaktsieg, so herrscht nach den Niederlagen gegen Preußen Münster und den Halleschen FC Katerstimmung in der Pfalz. Kritiker erheben sich, blicken skeptisch auf die Trainerposition. Michael Frontzeck, der mit dem FCK im Frühjahr noch vergeblich um den Ligaverbleib in der 2. Bundesliga kämpfte und dabei sehr beachtliche Ergebnisse einfuhr, ist gefordert.
Wird aus individueller Klasse ein Team und wenn ja, wann ist das der Fall? In Hektik dürfen die Roten Teufel noch nicht verfallen, Aufholjagden von Favoriten gab es in der Drittliga-Vergangenheit genug. Allerdings braucht es endlich ein taktisches Konzept, das die begnadeten Einzelspieler auch zur Entfaltung bringt. Ein derart träger Auftritt wie beim völlig verdienten 0:2 in Halle darf nicht noch einmal passieren.
Nur ein Sieg, lediglich drei Treffer und schon sieben Gegentore: Schlechter ist Fortuna Köln noch nie in eine Drittliga-Saison gestartet. Kurios und ärgerlich zugleich: Macht die Fortuna wie gegen Münster, Karlsruhe und Zwickau eigentlich ein gutes Spiel, verliert sie. Spielt sie hingegen schlecht, wie beim Auswärtsspiel in Halle, steht am Ende ein Sieg auf der Anzeigetafel. Eine Serie lässt sich daraus zwar noch nicht ableiten, doch die Tendenz ist klar: Fortuna Köln schafft es bisher nicht, aus der Überlegenheit Kapital zu schlagen. Trainer Uwe Koschinat offenbarte aus diesem Grund nach der Niederlage in Zwickau eine "wahnsinnige Angst."
Doch für Panik ist es noch zu früh: Ein gewisses Fundament ist durchaus vorhanden, zudem ist das Erarbeiten von klaren Torchancen nichts, woran man im Training nicht arbeiten könnte. Kommt die offensive Qualität mit Spielern wie Hamdi Dahmani (hat sich im ersten Spiel verletzt), Kwame Yeboah, Moritz Hartmann und Benjamin Pintol (momentan verletzt) erstmal zur Entfaltung, dürfte der Tabellenkeller schon bald verlassen werden.