Traditionsklubs sorgen für kräftigen Zuschauerzuwachs
Die 3. Liga profitiert immens von ihrer besonderen Konstellation im elften Jahr des Bestehens. Das zeigen nicht nur spannende Spiele, sondern auch klingelnde Kassen bei den Vereinen – zumindest, was die Besucherzahlen angeht. Ein Überblick, bei wem der Zuwachs groß, bei wem eher gering ist und welche Spiele bisher besonders hervorstachen.
Lautern-Euphorie ist verschwunden
9.218 ist die Zahl, um die sich nach vier absolvierten Spieltagen alles dreht. So viele Zuschauer kamen zu den bisher gespielten 40 Partien im Durchschnitt in die Drittliga-Stadien, das sind etwa 370.000 Fans. Eine starke Bilanz! Und sie kommt nicht einmal unerwartet, wird die Spielklasse doch seit einigen Wochen von traditionsreichen und in ihrer Umgebung stark verwurzelten Klubs wie Eintracht Braunschweig, dem 1. FC Kaiserslautern und 1860 München bereichert. Diese drei Vereine haben sich in der Zuschauertabelle auch prompt ganz weit oben eingefunden: Kaiserslautern ist mit 32.000 Besuchern im Schnitt klar Erster, Braunschweig folgt mit 18.500 Zuschauern. Zwischen die Eintracht und die Sechziger, die mit 15.000 Besuchern Vierter sind, hat sich mit Hansa Rostock eine etablierte Kraft platziert – die Kogge kommt auf stolze 16.700 Zuschauer in ihren ersten beiden Heimspielen.
Viel ändern dürfte sich an dieser Reihenfolge im Saisonverlauf nicht – es wäre verwunderlich, wenn der FCK seine Spitzenposition im gewaltigen Betzenberg-Stadion nochmals hergibt. Allerdings wird der imposante Schnitt von 32.000 Zuschauern, der im Übrigen einen Drittliga-Rekord bedeuten würde (bislang hält diesen Dynamo Dresden mit knapp 28.000 Besuchern, Saison 2015/16), nach erst zwei absolvierten Heimspielen noch maßgeblich vom stimmungsvollen Auftakt gegen 1860 München beeinflusst – da pilgerten mehr als 40.000 Leute zur Heimstätte der Roten Teufel. Auch im anstehenden Derby gegen den Karlsruher SC dürfte die Hütte nochmals recht voll sein, doch stoppt der FCK seine Krise nicht bald, wird er auch bei der Auslastung des Stadions eine harte Landung erleben. Die anfängliche Euphorie ist weg.
Leichter Rückgang im Winter zu erwarten
Ähnlich geht es Eintracht Braunschweig, den Löwen fehlt noch immer ein Sieg in der 3. Liga. Allerdings stehen beim BTSV bereits mehr als 12.000 verkaufte Dauerkarten in der Statistik – die Treue ist auch in Niedersachsen groß, eine Zuschauerflucht wird es zumindest auf dem Papier nicht geben. Am einfachsten dürfte die Rechnung derweil bei 1860 München werden: Die bisherigen beiden Heimspiele waren bis auf das Gästekontingent restlos ausverkauft, 15.000 Zuschauer wurden an der Grünwalder Straße gezählt. Gut möglich, dass die Sechziger mit ihrer gewaltigen Anhängerschaft in jedem ihrer Heimspiele "ausverkauft" melden – das hätte es in der 3. Liga noch nie auch nur in annähernder Form gegeben.
Doch die neuen Gesichter drücken der Liga nicht nur einen eigenen Stempel auf, sie sorgen auch bei manch anderem Verein für einen größeren Andrang. So rangiert Dorfclub Sonnenhof Großaspach aktuell bei 6.000 Besuchern – dreimal so viel wie üblich. Klar: Die Statistik verzerrt hier mächtig, war die Mechatronik-Arena am zweiten Spieltag gegen den 1. FC Kaiserslautern mit 9.500 Besuchern doch ausverkauft. Auch der VfL Osnabrück freute sich in der Englischen Woche bereits über einen überdurchschnittlichen Zahltag: Einerseits aufgrund des perfekten Saisonstarts, andererseits aufgrund des klangvollen Namens 1860 München pilgerten 13.500 Besucher an die Bremer Brücke. Das hatte es lange nicht gegeben.
Wie wird sich die Statistik in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln? Blickt man auf die vergangenen Jahre, so ging der Trend spätestens im Winter hin zu einem leichten Rückgang – Regen, Schnee und Kälte halten traditionell einige Stadiongänger aus dem Sommer eher auf dem heimischen Sofa. Doch sollte sich kein überraschend harter Einbruch einstellen, wird die 3. Liga einen deutlichen Rekord anpeilen. Dafür spricht auch die Entwicklung bei Mannschaften, die bislang noch gar keinen "Stargast" wie München oder Kaiserslautern in ihrem Stadion begrüßen durfte. Oder die Tatsache, dass die 3. Liga in dieser Saison erstmals ohne eine der ungeliebten zweiten Mannschaften angetreten ist, die sowohl bei Heim- als auch bei Auswärtsspielen den Schnitt nach unten zogen.
Auch Cottbus und Münster sind gut dabei
Schauen wir auf weitere Beispiele. Energie Cottbus etwa hat viel Schwung aus dem Aufstiegsjahr mitgenommen, kommt auf mehr als 11.000 Zuschauer. Spielt der FCE weiterhin fröhlich-frech auf, könnte sich der Schnitt nahe dem fünfstelligen Bereich einpendeln. Und auch Preußen Münster begrüßte zum Montagsspiel plötzlich 9.200 Besucher gegen die Sportfreunde Lotte – das führte an der Hammer Straße zu einem ausgeprägten Chaos, weil der Verein gar nicht so viele Tickets für die Tageskasse gedruckt hatte. Schlussendlich ließ er nach einer halben Stunde Spielzeit alle, die noch immer vor den Toren standen, umsonst ins Stadion. Es waren also noch einige Besucher mehr tatsächlich vor Ort. Beim Karlsruher SC fanden sich zu den bisherigen beiden Heimspielen jeweils rund 11.000 Zuschauer ein – und das, obwohl die Gegner "nur" Zwickau und Jena hießen.
Vom Niveau der 2. Bundesliga ist man damit in puncto Kulissen allerdings noch immer ein deutliches Stück entfernt. Etwa 21.000 Zuschauer fanden sich zum Saisonauftakt im Unterhaus der Bundesliga pro Spiel ein, hier wurde der Schnitt maßgeblich von den ausverkauften WM-Stadien in Hamburg und Köln geprägt. Doch ganz so lange ist es noch gar nicht her, da hätte die 3. Liga von heute ihre klassenhöhere Schwester übertrumpft: Im Jahr 2001/2002 kamen nur rund 9.000 Besucher zu den Zweitliga-Spielen. Erzählen könnten davon nur noch zwei Vereine, die aktuell zu denen gehören, die (noch) eher wenig vom Zuschauer-Boom profitieren: Der Karlsruher SC und die SpVgg Unterhaching.