0:3-Derbypleite für Münster: Wirkungstreffer ja, Abgesang nein
Ein 0:3 in einem Derby ist unabhängig vom Tabellenstand für den Unterlegenen nie eine schöne Sache. Im Normalfall sind Fans enttäuscht, brüllen "Derbyversager" und wenden sich zumindest unmittelbar nach dem Spiel ab. Bei Preußen Münster war das am Samstagnachmittag etwas anders, denn es gab Applaus. Jeder sah, dass die Leistung des SCP keine schlechte war.
Chancenplus bei den Adlerträgern
Wer von einem verdienten Sieg des VfL Osnabrück gesprochen hatte, lag gewiss nicht völlig falsch, war aber weitestgehend von jenen 25 Minuten des Spiels beeindruckt, in denen Preußen Münster schlussendlich als längst besiegte Mannschaft in Unterzahl zusehen musste, irgendwie über die Runden zu kommen. Selbst das gelang der Elf von Marco Antwerpen recht souverän, sie erspielte sich sogar noch zwei starke Möglichkeiten. Über die ganze Partie gesehen war das Chancenplus deutlich bei den Adlerträgern, die sicher eine zweistellige Anzahl an Schüssen auf das Tor des Ex-Preußen Nils Körber abfeuerten. Zeigte dieser am Anfang noch leichte Schwächen, wuchs er mit zunehmender Spielzeit über sich hinaus, weil er sich in seiner herausragenden Stärke – den Reflexen aus kurzer Distanz – ein ums andere Mal auszuzeichnen wusste.
Alvarez wird zusätzlich motiviert und trifft
"Wir haben eine Unmenge an Chancen, die wir uns gut erspielen", resümierte Trainer Antwerpen nach Spielende. Aus diesem Grund wollte, nein konnte er seinen Spielern auch keine großen Vorwürfe machen. Ja, er hatte vorher gewarnt: Bloß keine Freistöße in der Nähe des Strafraums verursachen. Diese Vorgabe musste Kapitän Simon Scherder, der zum Unglücksraben des Tages mutierte, in der 44. Minute aber brechen, um den einzigen Fehler des sonst soliden Debütanten Dominik Lanius auszumerzen. Sekunden darauf schepperte es zum zweiten Mal binnen drei, vier Minuten im Kasten des SCP, Marcos Alvarez zeigte neuerlich, warum er der Unterschiedsspieler in solch emotional geladenen Spielen sein kann. Ob sich einige Preußen-Fans noch ärgerten, ihn als auch Körber immer wieder beschimpft zu haben? "Mich hat das nur zusätzlich motiviert", sagte der bullige Stürmer nach Abpfiff.
Ein Tag zum Vergessen
Es war ein Tag zum Vergessen für die Preußen, die das Spiel – das sah im Übrigen auch VfL-Trainer Daniel Thioune so – über weite Strecken gerade in der ersten Halbzeit im Griff hatten. Da produzierte der VfL Osnabrück meist eher zufällig Kombinationen, war im Mittelfeld klar unterlegen, bezeichnenderweise fielen die Tore letztlich nach Standards. Die Preußen mussten sich ihre Chancenverwertung vorwerfen lassen, haderten aber auch mit Schiedsrichter Robert Kampka, der ein mögliches Handspiel von Steffen Tigges im SCP-Strafraum nicht ahndete (28.), dafür jedoch in der zweiten Halbzeit nicht zögerte, Scherder nach einem Treffer an Rücken und Oberarm vom Feld zu stellen. Dass Torhüter Oliver Schnitzler bei den beiden Gegentoren vor der Pause wohl aufgrund einer zuvor erlittenen Gehirnerschütterung nicht ideal aussah und folgerichtig zur Halbzeit in der Kabine blieb, in der er sich zur Pause heftig erbrochen hatte, passte ins Gesamtbild.
Was Preußen Münster daraus lernen kann
Dass der SC Preußen als Verlierer hervorgehen würde, fühlte sich aus Münsteraner Sicht an wie von höheren Mächten vorbestimmt. Dennoch muss er aus den Tugenden des Gegners lernen. Der stellte sich in manchen Situationen defensiv noch etwas cleverer an, wenngleich er auch eine Menge Möglichkeiten gewährte. Der zeigte etwas mehr Derby-Mentalität, natürlich gepusht vom eigenen Publikum. Und er kaltschnäuzig zur Stelle, eine Qualität, die Preußen Münster in den ersten beiden Auswärtsspielen der Saison noch unter Beweis gestellt hatte. Es ist eine Niederlage, die für den Sportclub kein Beinbruch sein sollte. Noch immer ist der Saisonstart mit neun Zählern aus fünf Partien gelungen, Münster hat eine sehr homogene Einheit zusammengestellt, die spielerisch überzeugen kann. Schon am kommenden Wochenende wartet das nächste kleine "Spitzenspiel" gegen Uerdingen. Dann darf der bittere Samstag an der Bremer Brücke kein Thema mehr sein.