Im Schnitt 662.000 Euro Verlust: DFB übt Kritik an Drittligisten
In einer Presserunde hat der DFB am Mittwoch in seiner Zentrale in Frankfurt am Main den offiziellen Saisonreport 2017/18 der 3. Liga veröffentlicht und darüber hinaus schon einen Blick auf die aktuelle Spielzeit geworfen. Im Zentrum standen neben der gestiegenen Anzahl an TV-Übertragungen ebenfalls die wachsenden Zuschauerzahlen und die große öffentliche Aufmerksamkeit, die der Liga mittlerweile zuteil wird. Doch der DFB übte auch Kritik an den Drittliga-Vereinen, von denen einige in der vergangenen Saison erneut über ihren Verhältnissen gelebt haben.
Neuer Höchstwert bei den TV-Übertragungen
Erstmals seit der Gründung der 3. Liga vor zehn Jahren wurden in der vergangenen Saison alle 380 Begegnungen in insgesamt 1378 Stunden live gezeigt, wodurch die Liga einen Übertragungszuwachs von über 300 Prozent gegenüber der Vorsaison verzeichnete. Möglich gemacht wurde diese Übertragungsrate durch den Einstieg der Telekom in die Pay-TV-Sparte im Jahr 2017, nachdem zuvor nur einige ausgesuchte Begegnungen in den Dritten Programmen der ARD gezeigt wurden. Die Übertragungen stoßen dabei generell auf sehr viel Gegenliebe bei den Fans: Während die Spiele im Free-TV im Durchschnitt von etwa 330.000 Menschen gesehen werden, freut sich Telekom Sport im Pay-Bereich über Spitzenwerte von mehr als 100.000 Zuschauern.
Die höchste Einschaltquote in der vergangenen Saison verzeichnete dabei ausgerechnet ein Montagsspiel: Nachdem die Begegnung zwischen Rot-Weiß Erfurt und dem 1. FC Magdeburg aufgrund einer Vorgabe der Sicherheitsbehörden nicht am Wochenende ausgetragen werden durfte, schalteten 560.000 Zuschauer am Montagabend den Fernseher ein.
Drei weitere Partien erreichten zudem mehr als 400.000 und insgesamt 24 Spiele mehr als 300.000 Zuschauer. Den Zuschauerrekord in der aktuellen Spielzeit halten momentan der 1. FC Kaiserslautern und der TSV 1860 München, deren Eröffnungsspiel am ersten Spieltag in der ARD übertragen und von 1,24 Millionen Menschen verfolgt wurde.
Zuschauerzahlen: Die 3. Liga könnte England überholen
Positiv sind auch die Zahlen zu den Stadionbesuchern, in der abgelaufenen Spielzeit verfolgten insgesamt 2.330.095 Fans die Partien live vor Ort. Die meisten von ihnen pilgerten zum 1. FC Magdeburg (345.946), besonders beliebt waren aber auch die Spiele von Hansa Rostock (236.300) und vom Karlsruher SC (218.048). Der Zuschauerschnitt stieg damit wieder leicht an auf 6.132 Besucher pro Spiel, womit die 3. Liga im europaweiten Vergleich der dritten Ligen hinter England (7.754) den zweiten Rang belegt.
Mit Blick auf die aktuellen Zahlen geht der DFB sogar davon aus, die Engländer mit der Saison 2018/19 überholen zu können. Denn dank der hinzugekommenen Zuschauermagneten wie dem 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Braunschweig und 1860 München sowie dem Abstieg der schwach besuchten Zweitvertretung von Werder Bremen, liegt der Schnitt nach zwölf Spieltagen bei 8.418 Besuchern pro Spiel und damit auf Rekordkurs.
Die Liga gewinnt weiter an Attraktivität
Das große Zuschauerinteresse an der Liga hat im vergangenen Jahr auch für eine gesteigerte Berichterstattung gesorgt, insbesondere zu spüren war das im Online-Bereich. Hier stieg die Anzahl an Artikeln um 5.000 auf insgesamt 52.635 und lag damit zehn Prozent über den Werten der Vorsaison. Für die meisten Artikel (3.095) zeigte sich dabei liga3-online.de verantwortlich und eroberte damit erstmals die Spitzenposition vor den Online-Portalen der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (2.995) und dem "Focus" (2.826).
Die gesteigerte mediale Aufmerksamkeit sorgt dabei ebenso für eine Stärkung der Liga, wie der Einstieg von bwin als Liga-Hauptpartner, der neue TV-Vertrag und der einheitliche Spielball von Adidas. Weitere Erlöse konnten zudem durch FIFA-Simulation von EA Sport generiert werden, in der erstmals auch die 3. Liga gespielt werden konnte.
"All dies unterstreicht, wie stark die 3. Liga an Attraktivität gewonnen hat", so die Einschätzung von Peter Frymuth, der für Spielbetrieb und Fußballentwicklung zuständige DFB-Vizepräsident. "Auf dieser Basis soll die Entwicklung der Liga weiter vorangetrieben werden."
Negative Finanzergebnisse: Der DFB kritisiert die Vereine
Doch die 3. Liga sorgte in der Saison 2017/18 auch für negative Schlagzeilen. Mit Rot-Weiß Erfurt und dem Chemnitzer FC meldeten, wie schon in der Vorsaison (FSV Frankfurt, VfR Aalen) zwei Vereine Insolvenz an, beide stiegen schließlich in die Regionalliga ab. Nur vier Vereine schlossen die 2017/18 mit einem positiven Ergebnis ab. Insgesamt wiesen sogar elf von 19 Vereinen zum Bilanzstichtag des Geschäftsjahres 2017/18 (31.12.2017) ein negatives Eigenkapital auf, wobei die Zweitvertretung von Werder Bremen in dieser Statistik keine Berücksichtigung fand. Mit einem erwarteten durchschnittlichen Fehlbetrag von 662.000 Euro in der vergangenen Spielzeit liegt das zusammengerechnete Eigenkapital damit insgesamt mit 845.000 Euro im Minus.
DFB-Abteilungsleiter Manuel Hartmann macht hierfür in erster die Vereine selbst verantwortlich, schließlich stehen denen im Schnitt 7,5 Millionen Euro zur Verfügung, womit man definitiv Profi-Fußball an anbieten könne: "Es ist zu erkennen, dass einige Klubs den Willen zu positiven Ergebnissen nicht haben." Das führt Hartmann insbesondere auf die aktuellen Spielerverträge zurück, die trotz der häufigen Verluste auch in der laufenden Saison wahrscheinlich um rund 20 Prozent in den Profi-Etats steigen würden. "Das ist in Anbetracht der finanziellen Situation zu viel."
Zudem verweist Hartmann auf die Werbeeinnahmen der Vereine, die trotz verbesserter Vermarktungsmöglichkeiten seit vier Jahren bei rund 3 Millionen Euro stagnieren: "Hier sind die Klubs in der Verantwortung, mehr zu monetarisieren."
Mehr Geld durch den Nachwuchsfördertopf und das Financial Fairplay
Dennoch will der DFB den Vereinen zukünftig noch mehr unter die Arme greifen und stellt in der laufenden Saison im Schnitt rund 1,28 Millionen Euro pro Verein. Darin enthalten sind Zahlungen aus dem neu gegründeten Nachwuchsfördertopf, der mit insgesamt 2,95 Millionen Euro gefüllt ist. Das für die gemeinnützige Jugendarbeit des Vereins zweckgebundene Geld fließt zunächst an Vereine, die ein Leistungszentrum vorweisen können (je 100.000 Euro) oder bei denen der Bau eines solchen Zentrums bereits durchgeführt wird (je 50.000 Euro). Das restliche Geld wird je nach Einsatzzeiten deutscher U21-Spieler auf die Vereine verteilt.
Neu ist zudem das "Financial Fairplay" in der 3. Liga, das als "Belohnungssystem" eingeführt wurde. Im Ausschüttungstopf befinden sich dabei 550.000 Euro aus den TV-Vermarktungserlösen für die Relegationsspiele zur 2. Bundesliga, die am Ende der Saison nach zwei Kriterien auf die Vereine ausgezahlt werden. So wird die Hälfte des Geldes auf die Vereine aufgeteilt, die ein positives Saisonergebnis vorweisen können, die andere Hälfte geht an die Klubs, die ihren eigenen Planungen gerecht wurden.
Ein Verein kann somit auch trotz Verlusten an dem Geld partizipieren, vorausgesetzt, er hat mit diesen Verlusten auch von vorneherein geplant. Bei einem positiven Saisonergebnis und der Einhaltung der eigenen Planung profitiert ein Verein dann aber sogar doppelt vom Financial Fairplay.
DFB setzt zudem auf wirtschaftliche Beratung
Zudem will der DFB den Vereinen aber auch beratend zur Seite stehen. Zu diesem Zweck wurde die aus DFB- und Ligavertretern bestehende AG Finanzen gegründet, in der über mögliche Einsparungspotentiale und eine finanzielle Selbstregulierung diskutiert werden soll.
Sowieso sei die Zusammenarbeit zwischen dem DFB und den Vereinen sehr intensiv, so die DFB-Direktorin Heike Ullrich, die dazu auf das Zulassungsverfahren verweist. "Das darf man sich nicht als einen Stichtag vorstellen, an dem wir entweder 'Daumen hoch' oder 'Daumen runter' sagen. Das Zulassungsverfahren ist eine Begleitung über das ganze Jahr." Zukünftig, so hofft der DFB, soll so auch wieder eine höhere finanzielle Stabilität in der 3. Liga hergestellt werden.
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