Zweitligaabsteiger hoffen auf positiven Neuanfang in der 3. Liga
Die dritte Liga darf in der nächsten Saison prominente Neuzugänge begrüßen. liga3-online.de stellt die Vereine in Kurzportraits vor, wirft einen genauen Blick auf die derzeitigen Transferaktivitäten und zieht einen Vergleich zu früheren Spielzeiten. Man kann mit Recht behaupten, dass der dritten Liga drei Schwergewichte des deutschen Fußballs „ins Netz gegangen sind“. Alemannia Aachen steht in der ewigen Tabelle der zweiten Liga auf dem ersten Rang, der Karlsruher SC kann auf 18 Jahre in der zweiten sowie auf 24 (!) Jahre in der ersten Liga zurückblicken und Hansa Rostock ist neben den 8 Jahren in der zweiten und 12 Jahren in der 1.Bundesliga der letzte DDR-Meister und Pokalsieger.
Bei den Fans weiterhin hoch im Kurs
Für alle ist es jedoch nicht der erste Abstieg in die Drittklassigkeit. Die Alemannia verbrachte bereits 9 Jahre, der KSC und Hansa Rostock je eine Spielzeit in der dritthöchsten deutschen Spielklasse. Die Fans der anderen Vereine können sich auf interessante Auswärtsfahrten freuen, stellen die drei Absteiger doch die dann größten Stadien der Liga. Zur Verdeutlichung der Dimensionen: Die Kapazität der drei Stadien der aktuellen Zweitligaaufsteiger (Sandhausen, Aalen und Regensburg) ergibt addiert 32.138 – der Aachener Tivoli allein bietet 32.960 Fans Platz und löst somit die Bielefelder Alm (27.300, damit nun Platz 4) als größte Spielstätte ab. Dahinter folgen der Karlsruher Wildpark (29.699) und die DKB-Arena in Rostock (29.000). Auf die Auslastung darf man allerdings gespannt sein. In der letzten Saison verzeichnete Alemannia Aachen einen Zuschauerschnitt von 18.612 Besuchern pro Spiel, der KSC 15.172 und Hansa Rostock 14.117. Nach Abstiegen gehen meist unweigerlich Zuschauer verloren, doch die Rostocker sind ein interessantes Beispiel: Hansa konnte in der Abstiegssaison 2009/10 „nur“ 13.894 Zuschauer im Schnitt begrüßen, ein Jahr später während der erfolgreichen Spielzeit in der dritten Liga jedoch 14.752. Es bleibt also abzuwarten, ob die neuen Mannschaften den ohne Zweifel hohen Ansprüchen ihrer Anhänger – mit Sicherheit wird in allen drei Fanlagern der direkte Aufstieg erwartet – gerecht werden können. Hierzu eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Kader:
Hansa setzt auf Erfahrung
Von 29 Spielern aus dem Abstiegskader bleiben Hansa Rostock (Bis zum 27.Spieltag der letzten Saison nur 2 Siege, insgesamt lediglich 5, am Ende stand der letzte Platz mit 27 Punkten) nur 14 dem Verein erhalten, darunter jedoch ein erfahrenes Gerüst: Mit Mohammed Lartey, Jörg Hahnel, Matthias Holst, Kevin Pannewitz, Björn Ziegenbein und Sebastian Pelzer stehen Rostock sechs Akteure weiter zur Verfügung, die schon in der letzten Drittligasaison 2010/11 für den FC Hansa die Fußballschuhe schnürten und dem Verein zum Aufstieg verhalfen. Bislang gaben die Verantwortlichen vier Neuzugänge bekannt, nämlich Denis Berger (Mittelfeld, kommt vom VfL Bochum), Patrick Wolf (Abwehr, Hessen Kassel – Sohn von Trainer Wolfgang Wolf) Ken Leemans (Mittelfeld, kommt vom niederländischen Erstligisten VVV Venlo) und Johan Plat (Sturm, SC Telstar (ebenfalls Niederlande)). Die 18 bisher unter Vertrag stehenden Spieler können mit 6 Bundesliga-, 517 Zweitliga-und 399 Drittligaspielen durchaus Erfahrung aufweisen.
Rösler kehrt zum Tivoli zurück
Auf noch weitaus mehr Erfahrung kann sich der bisherige Kader von Alemannia Aachen (2011/12 Platz 17 in der zweiten Liga, 31 Punkte) stützen: Sagenhafte 282 Erstliga-, 957 Zweitliga- und 116 Drittligapartien absolvierten die (nur) 13 Männer, die bislang einen Vertrag am Tivoli unterschrieben haben. Im Gegensatz zu Hansa Rostock kann man in Aachen von einem totalen Umbruch sprechen: Lediglich sechs Spieler die den Abstieg mitzuverantworten haben bleiben der Alemannia erhalten (nämlich Seyi Olajengbesi, Aimen Demai, Mario Erb, Thomas Stehle, Albert Streit und Sascha Marquet). Bislang gaben die Aachener sieben Neuzugänge bekannt, darunter den bisherigen „Transfer-Hammer“: Sascha Rösler kehrt zum Tivoli zurück. Für den 34jährigen Stürmer, der mit Fortuna Düsseldorf den Aufstieg in die Bundesliga packte, ist es eine „Herzensangelegenheit“ dem Club in der jetzigen Situation zu helfen. Allein er verzeichnet 60 Erstliga- und 308 Zweitligaspiele. Neben Rösler unterschrieben bis zum jetzigen Zeitpunkt noch Torhüter Michael Melka (kommt von Rot-Weiß Oberhausen), Verteidiger Fabian Baumgärtel (Greuther Fürth II), die Mittelfeldspieler Timo Brauer (Rot Weiß Essen) und Oguzhan Kefkir (VfL Bochum) sowie die Stürmer Marcel Heller (Dynamo Dresden) und Dennis Pozder (wird von der zweiten Mannschaft hochgezogen).
Der KSC rüstet auf
Der Karlsruher SC (Platz 16 in der abgelaufenen Saison, 33 Punkte, in der Relegation an Jahn Regensburg gescheitert) hat bislang die meisten Spieler unter Vertrag: Aus dem Abstiegskader bleiben zehn Akteure beim KSC, darunter auch Kapitän Alexander Iashvilli und Torhüter Dirk Orlishausen. Für die Abwehr wurden bislang Jan Mauersberger (vom VfL Osnabrück), Phillip Klingmann (TSG Hoffenheim II) und Rückkehrer Martin Stoll (Dynamo Dresden) verpflichtet. Vom Zweitligaaufsteiger Jahn Regensburg kommt Mittelfeldspieler Selcuk Alibaz, von Mitaufsteiger Sandhausen Flügelflitzer Danny Blum (ausgeliehen). Den Sturm hat der KSC wohl schon komplett: Nicht weniger als fünf Offensivspieler haben die Badener schon unter Vertrag genommen: Elia Soriano (Eintracht Frankfurt II), Karim Benyamina (FSV Frankfurt), Christoph Sauter (1.FC Nürnberg), Patrick Dulleck (KSC II) sowie Simon Brandstetter (SC Freiburg), wobei Letzterer nur ausgeliehen wird.
Zurück auf die Euphoriewelle?
Insgesamt kommen die 20 Spieler auf 236 Erstliga-, 678 Zweitliga- und 444 Drittligapartien. Alle Teams befinden sich also im Umbruch, am radikalsten wird er in Aachen vollzogen. Wie sich ein solcher Neuaufbau einer Mannschaft auswirken kann, kann man anhand zweier Beispiele erkennen: Das Positivbeispiel stellt ausgerechnet der FC Hansa Rostock dar, der trotz eines runderneuerten Teams 2010/11 den souveränen Aufstieg schaffte: 21 Abgängen standen 18 Neuzugänge gegenüber, lediglich fünf Spieler blieben, darunter Jörg Hahnel und Marcel Schied. Die Mannschaft hatte keine großen Namen vorzuweisen, viele Spieler kamen aus der eigenen Jugend. Leistungsträger unter den Neuzugängen waren Björn Ziegenbein (SV Wehen Wiesbaden), Mohammed Lartey (Rot Weiss Ahlen) und Sebastian Pelzer (ebenfalls Rot Weiss Ahlen), die wie schon erwähnt auch nun noch einmal den Gang in Liga3 antreten. Mit vier Siegen aus fünf Spielen gelang der Start und die Mannschaft schwebte auf einer Euphoriewelle zurück in die zweite Liga, das letzte Heimspiel besuchten 25.000 Fans.
Das Beispiel Arminia Bielefeld
Die andere Seite eines Neuanfangs mussten in der abgelaufenen Saison Fans und Verantwortliche von Arminia Bielefeld kennenlernen: Vor der Saison wurde im Prinzip die gesamte Mannschaft ausgetauscht: 24 Spieler kamen (2 während der Saison), 28 gingen. 4 Spieler aus der Abstiegsmannschaft blieben in Bielefeld. Die Mehrheit der Neuzugänge kam aus der dritten oder vierten Liga, viele davon sehr jung und unerfahren (z. B. Marc Rzatkowski oder Patrick Schönfeld). Allerdings wurden auch einige gestandene Spieler geholt wie etwa Thomas Hübener oder Manuel Hornig. Dies half aber alles wenig, denn unter dem Strich steht eine Saison zum Vergessen (Platz 13), die ihren Ursprung in dem eben beschrieben Umbruch hatte – elf sieglose Spiele zum Auftakt belegen diese These eindeutig.
Ruhe bewahren!
Es wird spannend zu sehen sein, wie sich die neuzusammengestellten Teams in der kommenden Saison schlagen, denn bei aller Erfahrung ist die dritte Liga ein härteres Pflaster – weniger Technik, mehr Körperkontakt. Damit muss sich mancher Spieler aus höheren Ligen erst vertraut machen. Dann ist das Umfeld ein entscheidender Faktor, denn Ruhe und ein großer Vertrauensvorschuss seitens der Fans sind der Schlüssel für gute Leistungen, ansonsten droht der Teufelskreis aus fehlendem Selbstvertrauen, Niederlagen und einem panischen Umfeld. Festzuhalten bleibt zudem, dass die drei genannten Clubs aufgrund ihrer Möglichkeiten und den bisherigen Kadern trotz aller Umstände und Widrigkeiten automatisch zu den Aufstiegsfavoriten gezählt werden müssen – ob sie diesem Status auch gerecht werden, ist eine der Geschichten der kommenden Saison.
FOTO: www.mayener-alemannen.de