Strittige Szenen am 17. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati
Die verwehrten Elfmeter für Münster und Cottbus, das nicht gegebene Tor für Rostock, das 1:0 für Osnabrück, das 1:0 und 4:0 für Unterhaching, die Strafstöße für Unterhaching und Würzburg, das Foul von Pannewitz, das 1:0 für Uerdingen, der nicht gegebene Platzverweis für Scheu und gelb-rote Karte für Meiser. Am 17. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de zwölf Szenen genauer angeschaut.
[box type="info"]Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 48-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf ist Rafati heute Mentalcoach für Profifußballer und Manager sowie ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).[/box]
Szene 1: Nach einer Ecke berührt Moritz Heyer (Hallescher FC) den Ball im Strafraum mit der Hand, einen Elfmeter gibt Schiedsrichter Robert Schröder nicht. [TV-Bilder – ab Minute 3:05]
Babak Rafati: Heyer nimmt den Arm nach der Ecke bewusst und absichtlich hoch – und zwar dorthin, wo er nicht hingehört. Damit vergrößert er seine Körperfläche, eine natürliche Haltung ist das nicht. Danach spielt er den Ball mit dem Arm, was man auch an der leichten Richtungsänderung des Balles erkennt. Im Standbild ist die Berührung deutlich zu sehen. Hier kann man dem Schiedsrichter jedoch keinen Vorwurf machen, da ihm viele Spieler die Sicht versperren. Der Assistent allerdings hat freie Sicht, kann den gesamten Vorgang sehr gut sehen und hätte den Schiedsrichter gut unterstützen können. Es hätte natürlich einen Strafstoß für Münster geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt.
Szene 2: Einen Schuss von Marcel Hilßner (Hansa Rostock) fälscht Adam Susac (VfL Osnabrück) so ab, dass der Ball genau bei Cebio Soukou landet. Dieser bringt das Spielgerät im Tor unter, wird von Schiedsrichter Guido Winkmann jedoch aufgrund einer Abseitsposition zurückgepfiffen. Der Treffer zählt nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:10]
Babak Rafati: Zum Zeitpunkt des Torschusses von Hilßner steht Soukou nicht in Abseitsposition, sondern erst einen Moment später, wovon sich der Assistent womöglich verleiten lassen hat. Relevant ist aber der Moment der Ballabgabe. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor, auf Abseits zu entscheiden.
Szene 3: Nach einem Zweikampf zwischen Mirnes Pepic (Hansa Rostock) und Manuel Farrona Pulido (VfL Osnabrück) geht der Osnabrücker zu Boden, es gibt Freistoß für Osnabrück, aus dem 1:0 fällt. [TV-Bilder – ab Minute 1:34:40]
Babak Rafati: Pepic setzt im Laufduell seinen Arm unverhältnismäßig gegen Farrona Pulido ein. In dieser Situation auf Foulspiel zu entscheiden, ist vertretbar.
Szene 4: Luca Marseiler (SpVgg Unterhaching) trifft nach einem Pass von Dominik Stahl zum 1:0. Kaiserslautern reklamiert Abseits, Schiedsrichter Sven Waschitzki gibt den Treffer dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 0:40]
Babak Rafati: Zum Zeitpunkt des Abspiels von Stahl auf Marseiler steht dieser im Abseits. Die Berührung durch den Lautrer Verteidiger ist eine Abwehraktion und kein kontrolliertes Zuspiel, daher gilt nicht die Maßgabe, dass der Ball vom Gegner kommt. Hier hätte der Treffer für Unterhaching wegen einer Abseitsposition nicht zählen dürfen, somit liegt eine Fehlentscheidung vor.
Szene 5: Nach einem Zweikampf zwischen Dominik Schad (1. FC Kaiserslautern) und Luca Marseiler (SpVgg Unterhaching) entscheidet Waschitzki auf Elfmeter für Unterhaching. [TV-Bilder – ab Minute 1:45]
Babak Rafati: Schad trifft Marseiler beim Abwehrversuch mit seinem rechten Fuß an dessen linken Fuß und bringt ihn dadurch in aussichtsreicher Position zu Fall. Auch wenn es unglücklich und sicherlich unbeabsichtigt passiert, ist das ein Foulspiel und somit eine richtige Entscheidung, auf Strafstoß für Unterhaching zu entscheiden.
Szene 6: Stephan Hain (SpVgg Unterhaching) setzt Jim-Patrick Müller in Szene, der aus abseitsverdächtiger Position zum 4:0 trifft. Der Treffer zählt. [TV-Bilder – ab Minute 2:20]
Babak Rafati: Dem Assistenten ist die Sicht durch Hachings Bigalke versperrt, sodass er ein wenig um die Ecke gucken muss, was auch durch seine Körperhaltung erkennbar ist. Beim Zuspiel von Hain steht Müller leicht im Abseits, sodass dieser Treffer für Unterhaching wegen Abseits nicht hätte zählen dürfen. Eine Fehlentscheidung, den Treffer anzuerkennen.
Szene 7: Nach einem Foul von Dominic Baumann (Würzburger Kickers) bleibt Kevin Pannewitz (Carl Zeiss Jena) am Boden liegen, anschließend fährt er gegen Dave Gnaase (Würzburger Kickers) das Bein aus, trifft ihn am Bauch, und sieht von Schiedsrichter Jonas Weickenmeier Gelb. Würzburg fordert Rot. [TV-Bilder – ab Minute 0:40]
Babak Rafati: Pannewitz ist verärgert darüber, dass er den Freistoß nicht bekommt und lässt sich am Boden liegend und ohne Chance den Ball spielen zu können, zu einem unnötigen Tritt in den Bauch von Gnaase hinreißen. Das ist eine Gefährdung der Gesundheit des Gegenspielers und ein böser Tritt, der nur gegen den Mann gerichtet ist. Auch Pannewitz' Reaktion nach diesem kurzen Aussetzer spricht Bände. Hier kann es nur die rote Karte geben, daher ist die gelbe Karte eine Fehlentscheidung.
Szene 8: Im Strafraum von Jena kommt es zu einem Zweikampf zwischen Sören Eismann (Carl Zeiss Jena) und Dominic Baumann (Würzburger Kickers). Baumann geht zu Fall, es gibt Elfmeter für Würzburg. [TV-Bilder – ab Minute 3:20]
Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht gut, hat freie Sicht auf den Zweikampf und sieht, dass Eismann im eigenen Strafraum seinen Gegenspieler Baumann mit dem Oberkörper zu Seite räumt und dadurch zu Fall bringt. Baumann versucht noch, den Ball auf das Tor zu schießen, was jedoch misslingt. Der Strafstoß für Würzburg ist somit eine richtige Entscheidung.
Szene 9: Nach einem Pass von Maurice Litka trifft Maximilian Beister zum 1:0 für den KFC Uerdingen. Cottbus reklamiert Abseits, Schiedsrichter Benjamin Cortus entscheidet auf Tor. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]
Babak Rafati: Man sieht sehr gut, dass Cottbus' Holthaus die Abseitsposition von Beister aufhebt, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt, den Treffer für Uerdingen anzuerkennen.
Szene 10: Streli Mamba (Energie Cottbus) wird auf der Strafraumlinie von Christopher Schorch (KFC Uerdingen) gefoult, Cortus pfeift Freistoß statt Elfmeter. [TV-Bilder – ab Minute 1:56:40]
Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf zwischen Mamba und Schorch geht es eigentlich sauber zu. Ein Foulspiel ist von Schorch nicht auszumachen, daher stellt sich die Frage erst gar nicht, ob die Aktion innerhalb oder außerhalb des Strafraumes passiert. Es ist branchenüblich, dass eine Mannschaft bei einem Rückstand versucht, "etwas herauszuholen", gerade wenn es auf das Ende eines Spiels zugeht. Mamba weiß, dass selbst die Freistoßentscheidung schon gut für ihn gelaufen ist, wenngleich er lieber einen Strafstoß bekommen hätte. Hier wäre es aber richtig gewesen, weiterspielen zu lassen. Somit ist sogar die Freistoßentscheidung eine Fehlentscheidung, wenngleich hier manche einen Strafstoß einfordern.
Szene 11: Robin Scheu (Fortuna Köln), bereits gelb-verwarnt und aufgrund eines weiteren Fouls zudem ermahnt, foult erneut und wird von Schiedsrichter Eric Müller ein weiteres Mal ermahnt. [TV-Bilder – ab Minute 53:25]
Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf an der Seitenlinie begeht Scheu ein taktisches Foulspiel, indem er seinen Gegenspieler festhält. Das ist eine klare gelbe Karte und somit hätte es eine gelb-rote Karte geben müssen. Somit eine Fehlentscheidung.
Szene 12: Nach einem taktischen Foul von Jonas Meiser (Sonnenhof Großaspach) an Marc Lorenz (Karlsruher SC) sieht Meiser von Schiedsrichter Wolfgang Haslberger Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 2:20]
Babak Rafati: Auch hier wieder ein taktisches Foulspiel, da Meiser seinen Gegenspieler an der Schulter festhält und ihn am Weiterlaufen hindert. Eine richtige Entscheidung, Meiser mit der gelb-roten Karte vom Platz zu stellen.