Das war die Hinrunde: Wer überzeugte, wer enttäuschte

Schon ist sie vorbei, die erste Saisonhälfte in der stärksten 3. Liga aller Zeiten. Was sollen wir sagen – enttäuscht hat uns die Spielklasse ganz bestimmt nicht! Oben als auch unten in der Tabelle deuten sich spannende Kämpfe, womöglich bis zum allerletzten Spieltag an. In unserem Hinrundenfazit schauen wir auf erinnerungswürdige Momente und benennen Gewinner sowie Verlierer.
Die blanke Statistik
511 Tore fielen in 190 Spielen – das entspricht einem Schnitt von 2,69 Treffern. Als treffsichere Offensiven taten sich bislang die der SpVgg Unterhaching (38) und des SV Wehen Wiesbaden (35) hervor, die Ladehemmung ist in Großaspach (16) und bei Fortuna Köln (18) am größten. Umgekehrt ließ der VfL Osnabrück die wenigsten Gegentore zu (14), während Schlusslicht Braunschweig auch die "Schießbude" der Liga ist und 38 Mal den Ball aus dem Netz holen musste. Top-Torjäger ist Hachings Stephan Hain, der in 19 Spielen 13 Mal traf.
1,55 Millionen Zuschauer strömten in die Stadien, das sind 8.174 Besucher pro Spiel und wenig überraschend ein neuer Spitzenwert in der Drittliga-Historie. Zum Vergleich: In der bisherigen Rekordsaison 2015/16 strömten im Schnitt "nur" 7.071 Besucher zu den Partien. Zum 1. FC Kaiserslautern pilgerten im Schnitt 23.352 Zuschauer, damit führt er die Klasse vor Eintracht Braunschweig (17.080) und den Münchner Löwen (15.000), die bemerkenswerterweise stets ausverkauft melden konnten, an. Die wenigsten Besucher verzeichnete der SV Wehen Wiesbaden mit lediglich 2.138 zahlenden Gästen pro Spiel.
840 Gelbe Karten zückten die Schiedsrichter, 18 Gelb-Rote sowie 10 Rote Karten. Fairstes Team der Liga ist Hansa Rostock mit lediglich 33 gelben Karten und keinem Platzverweis. Negativer Spitzenreiter der Sünderkartei sind Energie Cottbus (49/2/1) und dem KFC Uerdingen (56/2/0).
Die spektakulärsten Spiele
Drei Partien können wir in dieser Kategorie hervorheben. Gewiss das mitreißendste Spiel lieferten sich Carl Zeiss Jena und Unterhaching in einer wahren Schlacht, in der letztlich die Gäste nach mehreren Wendungen und einem Dreierpack von Stephan Hain mit 5:4 die Punkte heimbrachten. Auch das Duell zwischen Schlusslicht Braunschweig und Spitzenreiter Osnabrück, das der VfL mit 4:3 für sich entschied, war beste Werbung für diese 3. Liga. Das markanteste Ergebnis fuhr derweil der SV Wehen Wiesbaden in Köln ein – und das ausgerechnet beim Debüt von Fortuna-Coach Tomasz Kaczmarek. 7:0 hieß es nach 90 Minuten, der höchste Drittliga-Sieg seit Jahren.
Die positiven Überraschungen
Dass der Karlsruher SC nach den zahlreichen Sommer-Abgängen mit Stammspielern wie Florent Muslija, Fabian Schleusener und Marcel Mehlem Herbstmeister werden würde, war nicht zu erwarten. Vor allem offensiv überzeugten die Badener, das Duo Anton Fink und Marvin Pourié hat zusammen bereits 20 Tore erzielt. Mit nur 19 Gegentoren stellt die Elf von Trainer Alois Schwartz zudem eine überaus sichere Defensive und blieb allein achtmal zu Null. Der Traum von der Zweitliga-Rückkehr lebt.
Auch der VfL Osnabrück spielte eine nahezu makellose Hinserie und steht zurecht auf einem Aufstiegsplatz. Ein Erfolgsmoment reihte sich förmlich an den nächsten, begonnen mit dem Last-Minute-Sieg am allerersten Spieltag gegen Würzburg. In der Folge spielte sich der VfL in einen Rausch, hatte oft das Quäntchen Spielglück, das er aber gerade mit den längst berüchtigten Freistoßtreffern von Marcos Alvarez auch zu gutem Anteil selbst erzwungen hatte. Ja, Lila-Weiß ist ein ernsthafter Aufstiegskandidat!
Beim Aufsteiger KFC Uerdingen wusste man nach diversen Sommer- und Herbsttransfers um das gigantische Potenzial, nicht aber, ob sich innerhalb der Mannschaft auch ein aufstiegsreifes Klima entwickeln könnte. Die Antwort hat die Elf um Stefan Krämer spätestens mit der jüngsten Siegesserie gegeben. Dabei bleibt Uerdingen stets seinem Muster treu, für wenig Spektakel zu sorgen, aber eine Partie in Führung liegend recht souverän abmoderieren zu können. Am Rhein wird es um die 2. Bundesliga gehen – erst recht, sollte im Winter nochmals nachgelegt werden.
Der Hallesche FC wiederum bekam kürzlich vom abgezockten Karlsruher SC ein Stück weit die Grenzen aufgezeigt, was aber eine tolle Hinserie nicht schmälert. Als Vierter kann sich Torsten Ziegner auf die eigene Schulter klopfen, er hat den HFC trotz eines deutlichen Kader-Umbaus im Sommer zu neuer Stärke geführt. Mindestens das erste Drittel wird im Mai möglich sein, und das wäre fraglos ein Erfolg.
Die großen Enttäuschungen
Recht deutliche Beispiele, wie schwierig der Übergang von der 2. Bundesliga in die tiefere Spielklasse ist, zeigten uns auf ganz eigene Art und Weise der 1. FC Kaiserslautern und Eintracht Braunschweig. Fangen wir mit dem FCK an, dessen (nun ehemaliger) Trainer Michael Frontzeck schon früh in der Saison den Kredit bei der Anhängerschaft verspielt hatte, sich durch eine kurze Stärkephase vorläufig rettete und vor einigen Wochen doch gehen musste. Lautern befindet sich 13 Punkte hinter einem Aufstiegsplatz, die Finanzierung für ein weiteres Jahr in der 3. Liga steht aktuell völlig in den Sternen – schwere Zeiten in der Pfalz.
Noch schlimmer erwischt hat es aber Braunschweig, das trotz des jüngsten erst zweiten Saisonsieges in Cottbus immer noch sieben Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz (!) hat. Auch dort gibt es noch kein echtes Konzept für eine neuerliche Drittliga-Spielzeit, doch zunächst gilt es, den Mega-Absturz in die Regionalliga Nord zu vermeiden. Eigentlich sollte der Kader, so viel er gescholten wurde, dafür gut genug sein.
Dazu kommen mehrere Klubs, die ihren Erwartungen in verschiedenen Tabellenzonen hinterherlaufen. Wehen Wiesbaden ist wie auch Hansa Rostock schon elf Punkte von einem Aufstiegsplatz entfernt, die Würzburger Kickers sogar 14. Der VfR Aalen muss sich derweil seit Monaten mit dem Abstiegskampf abfinden, hat zuletzt zweimal Siege in letzter Sekunde noch verschenkt. Das hat man sich auf der Ostalb anders vorgestellt.