Strittige Szenen am 23. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die Strafstöße für Osnabrück und Wiesbaden, die nicht gegebenen Elfmeter für Osnabrück, Kaiserslautern und Münster, der Schubser von Schmidt, das 1:1 für Braunschweig, das 2:0 für Rostock, das 1:1 für 1860, das 1:2 für Cottbus und der Platzverweis gegen Gordon. Am 23. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de 13 Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 48-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf ist Rafati heute Mentalcoach für Profifußballer und Manager sowie ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).[/box]

Szene 1: Patrick Choroba (SG Sonnenhof Großaspach) berührt den Ball im Strafraum mit dem Oberarm, Schiedsrichter Florian Badstübner gibt Elfmeter für den VfL. [TV-Bilder – ab Minute 1:00]

Babak Rafati: Choroba verschätzt sich im eigenen Strafraum und nimmt den Oberarm zur Hilfe, um den Ball zu kontrollieren. Hier wird der Arm zur Vergrößerung der Körperfläche eingesetzt, sodass ein absichtliches Handspiel vorliegt. Eine richtige Entscheidung, auf Strafstoß zu entscheiden.

Szene 2: Jamil Dem (Sonnenhof Großaspach) bekommt den Ball nach einer Ecke an die Hand. Kein Elfmeter, sagt Badstübner. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]

Babak Rafati: Dem schießt sich den Ball aus kurzer Distanz selbst an die Hand, wobei die Hand im normalen Bewegungsablauf ist und nicht bewusst zur Vergrößerung der Körperfläche eingesetzt wurde. Daher eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

Szene 3: Einen Schuss von Marcos Alvarez (VfL Osnabrück) wehrt Kai Gehring (Sonnenhof Großaspach) im Strafraum mit dem ausgestreckten Arm ab, das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 1:48:25]

Babak Rafati: Gehring nimmt nach einem Schuss von Alvarez klar den Arm raus und blockt den Ball. Somit wird der Arm deutlich zur Vergrößerung der Körperfläche eingesetzt, zumal der Arm aktiv zum Ball geht. In dieser Szene hätte es einen Strafstoß für Osnabrück geben müssen, somit eine Fehlentscheidung.

Szene 4: Nach einem Freistoß für Osnabrück spielt Korbinian Burger (Sonnenhof Großaspach) den Ball mit dem Arm, wieder gibt es keinen Elfmeter für Osnabrück. [TV-Bilder – ab Minute 1:52:40]

Babak Rafati: Der Ball ist nach einem Freistoß lange in der Luft und kommt dann in den Strafraum von Großaspach. Burger ist etwas orientierungslos, verschätzt sich beim Kopfball, nimmt dann den Arm völlig unnötig heraus und spielt den Ball mit diesem. Das ist erneut eine Vergrößerung der Körperfläche und ein aktiver Einsatz mit dem Arm zum Ball, somit hätte es erneut Strafstoß für Osnabrück geben müssen. Erneut eine Fehlentscheidung.

 

Szene 5: Im Mittelfeld kommt es zu einem Zweikampf zwischen Niklas Schmidt (Wehen Wiesbaden) und Stephan Fürstner (Eintracht Braunschweig), bei dem beide Spieler zu Boden gehen. Schmidt revanchiert sich mit einem Schubser und sieht von Schiedsrichter Eric Müller Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 20:35]

Babak Rafati: Der Schiedsrichter steht sehr gut und sieht den genauen Vorgang. Schmidts Aktion gegen Fürstner ist nur ein Schubsen, bei dem keine Tätlichkeit zu sehen ist. Es handelt sich um eine Unsportlichkeit, die vom Schiedsrichter völlig zu Recht mit Gelb geahndet wird.

Szene 6: Nach einem Freistoß für Braunschweig bringt Daniel Kofi-Kyereh (SV Wehen Wiesbaden) den Ball im eigenen Tor unter. Benjamin Kessel steht zwischen ihm und Torhüter Markus Kolke im passiven Abseits. Wiesbaden reklamiert, Kessel habe aktiv eingegriffen. Der Treffer zählt dennoch. [TV-Bilder – ab Minute 0:40]

Babak Rafati: Nach einem Freistoß in den Strafraum von Wiesbaden springt Kessel wenige Meter vor dem Torhüter zentral zum Kopfball hoch. Der Ball geht an ihm vorbei und wird anschließend von Kofi-Kyereh ins eigene Tor befördert. Dadurch, dass Kessel kurz zuvor hochspringt, greift er aktiv ins Spielgeschehen ein und irritiert den Torhüter sowie die übrigen Abwehrspieler, sodass eine strafbare Abseitsposition vorliegt. Das Tor hätte nicht zählen dürfen, somit liegt eine Fehlentscheidung vor.

Szene 7: Bei einem Zweikampf zwischen Agyemang Diawusie (Wehen Wiesbaden) und Stephan Fürstner (Eintracht Braunschweig) geht der Wiesbadener zu Boden. Elfmeter, sagt Müller. [TV-Bilder – ab Minute 1:45]

Babak Rafati: Fürstner geht im eigenen Strafraum etwas ungeschickt in den Zweikampf, trifft Diawusie am Fuß und bringt ihn zu Fall. Sicherlich nimmt Diawusie diesen Kontakt auch gerne an, trotzdem ist es vertretbar, dass der Schiedsrichter diesen Zweikampf mit einem Strafstoß ahndet.

 

Szene 8: Mirnes Pepic (Hansa Rostock) wird von Cebio Soukou in Szene gesetzt, anschließend erzielt Merveille Biankadi das 2:0 für Rostock. Unterhaching reklamiert Abseits beim Pass auf Pepic, Schiedsrichter Bastian Börner gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 2:10]

Babak Rafati: Zum Zeitpunkt des Zuspiels steht Pepic nicht im Abseits, da vom Tor aus auf der linken Seite an der Strafraumgrenze ein Verteidiger die mögliche Abseitsposition aufhebt. Das kann man auch an den Markierungen der Torraumlinie sehr gut erkennen. Somit eine richtige Entscheidung, diesen Treffer für Rostock anzuerkennen.

 

Szene 9: Bei einem Zweikampf mit Dominic Maroh (KFC Uerdingen) geht Stefan Lex (1860 München) zu Fall und bekommt von Schiedsrichter Benedikt Kempkes einen Freistoß, der zum 1:1 führt. [TV-Bilder – ab Minute 1:28:35]

Babak Rafati: Maroh versucht durch eine Grätsche auf der linken Angriffsseite Lex an einer Flanke zu hindern. Dabei trifft er Lex zwar nicht, rutscht aber in ihn hinein bringt ihn dadurch zu Fall. Eine richtige Zweikampfbeurteilung, sodass diese Freistoßentscheidung korrekt ist.

 

Szene 10: Nachdem ein Schuss von Jan Löhmannsröben (1. FC Kaiserslautern) von Björn Jopek (Hallescher FC) abgewehrt wurde, reklamiert der FCK Handspiel und fordert bei Schiedsrichter Dr. Robert Kampka Elfmeter. Dieser lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 1:40]

Babak Rafati: Es ist nicht zweifelsfrei erkennbar, ob der Ball nach dem Schuss von Löhmannsröben den Arm von Jopek trifft. Tendenziell sieht es aber so aus, dass der Ball mit der Brust geblockt wird und dieser anschließend an das Bein des Verteidigers prallt. In der Hintertorperspektive sieht man zudem keine Bewegungsveränderung des Arms. Eine richtige Entscheidung des Schiedsrichters, weiterspielen zu lassen.

 

Szene 11: Felix Geisler (Energie Cottbus) geht bei einem Luftzweikampf mit Simon Skarlatidis (Würzburger Kickers) zu Fall. Schiedsrichter Oliver Lossius gibt Freistoß, aus dem das 1:2 für Cottbus fällt. [TV-Bilder – ab Minute 1:50:45]

Babak Rafati: Dieser Luftkampf von Geisler und Skarlatidis ist im absoluten Rahmen und man könnte sagen, dass das in die Kategorie des Herausschindens fällt. Hier einen Freistoß für Cottbus zu pfeifen ist eine Fehlentscheidung.

 

Szene 12: Für einen Schubser gegen René Eckardt (Carl Zeiss Jena) sieht der bereits verwarnte Daniel Gordon (Karlsruher SC) von Schiedsrichter Patrick Hanslbauer Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 2:00]

Babak Rafati: Sicherlich kann man hier von einem Foulspiel sprechen, jedoch ist kein Schlag oder Schubsen im Sinne einer Unsportlichkeit von Gordon gegen Eckardt auszumachen. Ein Freistoßpfiff hätte vollkommen ausgereicht, sodass die anschließende gelb-rote Karte viel zu hart und somit nicht angemessen ist.

 

Szene 13: Philipp Hoffmann (Preußen Münster) kommt gegen Paterson Chato (Lotte) im Strafraum zu Fall, Schiedsrichter Sven Waschitzki lässt das Spiel weiterlaufen. [TV-Bilder – ab Minute 31:25]

Babak Rafati: Chato will im eigenen Strafraum vorsichtig in den Zweikampf gehen. Das sieht man sehr gut an seiner zurückhaltenden Körperhaltung. Er trifft Hoffmann dennoch kurz und ansatzlos am Fuß und bringt ihn dadurch aus dem Gleichgewicht, wodurch er zu Fall kommt. Hier hätte es einen Strafstoß geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt.

 

[box type="info"]Weiterlesen: Wer am häufigsten benachteiligt wurde[/box]

   

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