Joe Enochs vor erstmaliger Rückkehr nach Osnabrück

Für eine Ablösesumme von umgerechnet 27.000 Euro wechselte Joe Enochs 1996 von der Reservemannschaft des FC St. Pauli an die Bremer Brücke zum VfL Osnabrück. Der US-Amerikaner wurde in über 20 Jahren zu einer lila-weißen Legende, am Wochenende kehrt der heutige Coach des FSV Zwickau erstmals als Gegner der Osnabrücker zurück.

Erste Rückkehr nach 22 Jahren

Er stand in 388 Pflichtspielen für den VfL auf dem Platz, er erzielte 16 Tore für die Osnabrücker und ging mit dem Verein durch Höhen und Tiefen: Joe Enochs ist eine Legende bei den Lila-Weißen. Auch nach seiner aktiven Karriere war er als Trainer der Reservemannschaft, Co-Trainer der Profis, Nachwuchsleiter und Interimstrainer tätig, ehe Enochs zwischen 2015 und 2017 für 90 Partien den Cheftrainer der Osnabrücker am Spielfeldrand gab. Am Wochenende wird es zum großen Wiedersehen kommen, denn erstmals seit 22 Jahren kehrt der heutige Coach des FSV Zwickau als Gegner des VfL Osnabrück an die Bremer Brücke zurück.

Die Trennung vom VfL traf den US-Amerikaner hart, fast ein Jahr danach verpflichtete der FSV Zwickau den 47-Jährigen als Trainer. "Um Gottes Willen", habe mancher in Enochs' Umfeld gesagt, wie er der "NOZ" in einem Interview berichtet. "Was willst du denn im Osten? Für mich war das überhaupt keine Frage. Ich denke grundsätzlich nicht in Vorurteilen und habe mich – ehrlich gesagt – ein bisschen gewundert, dass man 29 Jahre nach der Wende überhaupt in solchen Kategorien denkt."

"Anders heißt nicht besser oder schlechter"

Der Wechsel in die weite Ferne wurde Enochs' durch die Familie erleichtert: "Meine Frau und die Kindern haben nach dem Aus beim VfL sofort gesagt: Wir gehen mit, egal, wohin es geht." Und der Weg führte nach Zwickau, wo der US-Amerikaner die Nachfolge des langjährigen Coaches Torsten Ziegner antrat. Wenngleich der FSV in der heutigen Zeit eher zu den vermeintlich kleinen Klubs zählt, wusste auch Enochs um die Tradition der Zwickauer: "Sie waren in den sechziger Jahren zweimal Pokalsieger, im legendären Westsachsenstadion gab es Europapokalspiele gegen Celtic Glasgow, AC Florenz und RSC Anderlecht."

Acht Monate nach seinem Amtsantritt steht für den Cheftrainer die wohl merkwürdigste Auswärtsfahrt bevor, denn zum ersten Mal wird er im Stadion der Osnabrücker als Gegner des VfL auftreten. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es ein Spiel wie jedes andere ist. Das würde mir auch keiner glauben – bei alldem, was ich mit dem VfL und an der Bremer Brücke erlebt habe", erklärt Enochs auf gewohnt ehrliche Art. Osnabrück sei natürlich anders als Zwickau, der FSV sei aber auch anders als der VfL und "anders heißt nicht besser oder schlechter."

Enttäuschung wird langsam verfliegen

Viel habe sich seit seiner Zeit in Osnabrück nicht verändert, er sei nicht verbittert oder sauer auf den VfL aufgrund der Trennung, aber "die Enttäuschung über die Verantwortlichen beim VfL ist noch da und wird erst langsam verfliegen." Ein Sieg an seiner alten Wirkungsstätte wäre dementsprechend etwas, das den Coach nicht nur aus sportlichen Gründen berühren würde. Denn der FSV Zwickau wandert weiterhin auf einem schmalen Grat, mit 30 gesammelten Punkten stehen aktuell sechs Mannschaften hinter den Sachsen – vier davon werden absteigen.

"Wir sind darauf eingestellt, dass die Entscheidung erst am letzten Spieltag fällt. Man darf nicht vergessen, dass wir einen der niedrigsten Etats der Liga haben", erklärt Enochs und verdeutlicht damit noch einmal, dass die Europapokalzeiten des FSV Jahrzehnte weiter zurückliegen, als sein erster Vertrag in Osnabrück. Joe Enochs freut sich auf eine Rückkehr an die Bremer Brücke, des Weiteren habe er sich aber auch in Zwickau nicht zu einem neuen Menschen entwickelt. Lediglich ein trendiger Bart schmückt Enochs' Gesicht mittlerweile: "Modische Erwägungen haben keine Rolle gespielt, mein Bart ist ja nicht modisch und hat acht verschiedene Farben. Und vielleicht ist er am Samstag auch schon wieder ab", schmunzelt der Coach über sein neues Leben außerhalb von Osnabrück.

   

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