Strittige Szenen am 27. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Die Foulspiele von Gnaase und Menz, die Elfmeter für Braunschweig und Köln, die verwehrten Strafstöße für Wiesbaden, Osnabrück und Halle, die nicht gegebenen Treffer für Wiesbaden und Unterhaching, der Platzverweis von Braun und die gelbe Karte gegen Rieble: Am 27. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de 10 Szenen genauer angeschaut.

[box type="info"]Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 48-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf ist Rafati heute Mentalcoach für Profifußballer und Manager sowie ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).[/box]

Szene 1: Dave Gnaase (Würzburger Kickers) und Christoph Menz (Eintracht Braunschweig) gehen jeweils mit einem hohen Bein in Zweikämpfe und treffen ihren Gegenspieler im Gesicht. Schiedsrichterin Katrin Rafalski zeigt Gnaase und Menz jeweils Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 1:20]

Babak Rafati: Wer so weit den Fuß hoch nimmt und dabei den Gegner derartig heftig im Gesicht trifft, spielt brutal. Dafür gibt es nur eine Entscheidung: die rote Karte. Hierbei wird die Gesundheit des Gegenspielers gefährdet. Auch wenn man argumentiert, dass die Spieler jeweils den Ball spielen wollten und somit keine Absicht dahinter steckte, nehmen die Spieler sehr wohl billigend in Kauf, auch den Gegner mit ihrer Spielweise zu treffen. Gerade im Kopfbereich sollten die Spieler besonders geschützt werden. In beiden Fällen eine Fehlentscheidung, nur Gelb zu geben.

Szene 2: Eine Kopfballverlängerung von Mike Feigenspan (Eintracht Braunschweig) berührt Daniel Hägele (Würzburger Kickers) im Strafraum mit der Hand, Rafalski gibt Elfmeter für Braunschweig. [TV-Bilder – ab Minute 2:50]

Babak Rafati: Der Ball ist länger unterwegs und kommt nicht aus kurzer Distanz angeflogen. Hägele stellt sich im eigenen Strafraum sehr ungeschickt an, nimmt den Arm aktiv zum Ball raus und berührt diesen. Und das ohne Not. Vermutlich hat er gedacht, dass ein Gegenspieler hinter ihm steht und den Ball bekommen könnte. Das ist natürlich ein absichtliches Handspiel und eine richtige Entscheidung von der Schiedsrichterin, Strafstoß für Braunschweig zu pfeifen.

 

Szene 3: Nach Vorlage von Agyemang Diawusie (Wehen Wiesbaden) trifft Daniel Kofi-Kyereh zum 1:0 für Wiesbaden, wird von Schiedsrichter Manuel Gräfe aufgrund einer vermeintlichen Abseitsposition jedoch zurückgepfiffen. [TV-Bilder – ab Minute 1:10]

Babak Rafati: Welcher Körperteil ist im Abseits und welcher nicht? Ohne die kalibrierten Linien, wie wir es beim Videobeweis aus der Bundesliga kennen, kann solch eine Entscheidung mit dem menschlichen Auge nicht zweifelsfrei aufgelöst werden, daher müssen wir dem Schiedsrichtergespann vertrauen. 

Szene 4: Einen Schuss von Niklas Schmidt (Wehen Wiesbaden) bekommt Herbert Paul (1860 München) im Strafraum an den Arm, das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 2:15]

Babak Rafati: Paul dreht sich mit seinem Körper zum Ball und nimmt aktiv den angelegten Arm zu diesem und verhindert dadurch, dass der Ball ins Tor geht. Das ist ein klares absichtliches Handspiel und deshalb hätte es einen Strafstoß für Wehen sowie eine rote Karte wegen Verhinderung eines Tores gegen Paul geben müssen. Somit eine Fehlentscheidung, weiterspielen zu lassen.

 

Szene 5: Nach einem Freistoß von Fortuna Köln soll Jeron Al-Hazaimeh (Sportfreunde Lotte) den Ball mit der Hand gespielt haben, Schiedsrichter Guido Winkmann Elfmeter für Köln. [TV-Bilder – ab Minute 1:55]

Babak Rafati: Nach dem Freistoß für Köln kann kein Handspielspiel von Al-Hazaimeh im eigenen Strafraum ausgemacht werden. Anschließend kommt es zu einem Zweikampf zwischen einem Verteidiger von Lotte und einem Angreifer von Köln, aber das ist nicht mehr maßgeblich, denn da hat der Schiedsrichter bereits kurz zuvor abgepfiffen. Ein Strafstoß wegen Handspiel ist eine Fehlentscheidung, zumindest nach den vorliegenden TV-Bildern.

 

Szene 6: Für ein Foulspiel an Dimitar Rangelov (Energie Cottbus) sieht Sandrino Braun (Preußen Münster) von Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 2:15]

Babak Rafati: Braun will überhaupt nicht foulen, vielmehr kreuzt Rangelov sehr geschickt Brauns Laufweg und provoziert somit ein Foulspiel. Das ist zwar ein Foul, aber keine gelbe Karte, weil auch kein taktisches Foulspiel vorliegt. Foul, Pfiff und Freistoß, nicht mehr und nicht weniger. Eine Fehlentscheidung, in dieser harmlosen Szene eine Karte zu zeigen, zumal sie auch noch in diesem Fall zu einem Platzverweis führt

 

 

Szene 7: Sebastian Klaas (VfL Osnabrück) dringt in den Strafraum ein und geht nach einem Kontakt von Bryan Gaul (FSV Zwickau) zu Fall. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Mitja Stegemann. [TV-Bilder – ab Minute 1:44:15]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf läuft Klaas selbst in den Gegner hinein und kommt anschließend zu Fall. Gaul kann sich dabei nicht in Luft auflösen, somit eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

 

Szene 8: Luka Tankulic (SV Meppen) läuft auf das leere Tor zu und spielt auf Marius Kleinsorge ab. Der trifft zum 2:0, wird aufgrund einer Abseitsstellung von Schiedsrichter Robert Kempter jedoch zurückgepfiffen. [TV-Bilder – ab Minute 2:10]

Babak Rafati: Beim Zuspiel von Tankulic auf Kleinsorge steht nur ein Verteidiger näher zur eigenen Torlinie, weil der Torwart zuvor nach vorne gelaufen war, um in der Nachspielzeit die letzte mögliche Chance zu nutzen. Beim Abseits müssen immer zwei verteidigende Spieler – und dazu zählt auch der Torwart – näher zur eigenen Torlinie stehen, damit kein strafbares Abseits vorliegt. In dieser Szene hatte Tankulic nur den einen Verteidiger aus der Macht der Gewohnheit gesehen und den Torwart, der eben nicht in seinem Tor stand, einfach ignoriert. Eine richtige Entscheidung, den Treffer nicht anzuerkennen.

 

Szene 9: Für ein vermeintliches Foulspiel an Philipp Hercher (Sonnenhof Großaspach) sieht Nico Rieble (Hansa Rostock) von Schiedsrichter Oliver Lossius Gelb, es gibt Freistoß. [TV-Bilder – ab Minute 1:32:10]

Babak Rafati: Hercher wird kurz vor dem Strafraum von Rostock angespielt und kommt dann im Laufduell mit Rieble aus der Balance und anschließend zu Fall. Hierbei liegt überhaupt kein Kontakt vor, geschweige denn ein Foulspiel. Daher trifft der Schiedsrichter eine Fehlentscheidung, einen Freistoß für Großaspach zu pfeifen und diesen womöglich dann auch noch zur Demonstration der Richtigkeit mit der gelben Karte zu belegen.

 

Szene 10: Mathias Fetsch (Hallescher FC) kommt im Strafraum zu Fall, einen Elfmeter gibt Schiedsrichter Sven Waschitzki nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:20]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf im Strafraum von Aalen kommt es zum Kontakt zwischen Verteidiger und Angreifer, aber das ist mehr ein Zusammentreffen der Spieler mit ihren Beinen und keineswegs ein Foulspiel, daher richtig, weiterspielen zu lassen.

 

[box type="info"]Weiterlesen: Wer am häufigsten benachteiligt wurde[/box]

   

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