Strittige Szenen am 29. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati
Das 1:0 für Halle, die nicht gegebenen Elfmeter für Rostock, Kaiserslautern und Münster, das 2:0 für Karlsruhe, ein Foulspiel von Matuwila, die Strafstöße für Braunschweig und der Platzverweis für Rahn: Am 29. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de neun Szenen genauer angeschaut.
[box type="info"]Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 48-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf ist Rafati heute Mentalcoach für Profifußballer und Manager sowie ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).[/box]
Szene 1: Bei einer Ecke für den Halleschen FC liegt der Ball außerhalb des Eckkreises, anschließend fällt das 1:0 für Halle und zählt. [TV-Bilder – ab Minute 20:45]
Babak Rafati: Der Ball liegt deutlich außerhalb des Eckkreises – das ist nicht regelgerecht. Wenn es der Schiedsrichter nicht sieht, muss der Assistent das sehen und signalisieren. Das ist nicht nur eine Fehlentscheidung, sondern auch ein Regelverstoß.
Szene 2: Merveille Biankadi (Hansa Rostock) dringt in den Strafraum ein und wird von Marvin Ajani (Hallescher FC) zu Fall gebracht. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Markus Schmidt. [TV-Bilder – ab Minute 1:20]
Babak Rafati: Biankadi läuft in den Strafraum von Halle und kommt nach einem Zweikampf mit Ajani zu Fall. Zunächst ist im Oberkörperbereich alles sauber, denn der Einsatz von Ajani ist ein korrektes Rempeln. Aber gleichzeitig stellt Ajani absichtlich sein Bein in den Weg, sodass es zum Kontakt mit Biankadi kommt. Er hindert ihn dadurch am Weiterlaufen und bringt ihn folglich zu Fall. Hier hätte es einen Strafstoß für Rostock geben müssen. Somit eine Fehlentscheidung.
Szene 3: Marvin Pourié (Karlsruher SC) trifft zum 2:0, Cottbus reklamiert, dass Manuel Stiefler (Karlsruher SC) bei der Kopfball-Verlängerung von Marvin Wanitzek zuvor im Abseits stand. Schiedsrichter Eric Müller gibt den Treffer. [TV-Bilder – ab Minute 1:52:40]
Babak Rafati: Dadurch, dass der Assistent einen Spreizschritt zu weit Richtung Tor und nicht vorschriftsmäßig auf Höhe des vorletzten Verteidigers steht, kann er die knappe Abseitsposition von Stiefler nach der Kopfballverlängerung von Wanitzek nicht erkennen. Eine Fehlentscheidung, diesen Treffer anzuerkennen.
Szene 4: Für ein hartes Einsteigen gegen Burak Camoglu (Karlsruher SC) sieht José-Junior Matuwila (Energie Cottbus) Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 4:30]
Babak Rafati: Matuwila kommt mit voller Dynamik und mit beiden Beinen ohne Kontrolle, springt Camoglu heftig und brutal in die Beine und räumt ihn komplett ab. Diese Spielweise hat auf dem Fußballplatz absolut nichts zu suchen und gefährdet nur die Gesundheit des Gegenspielers. Hier muss es zwingend Rot für Matuwila geben. Warum es der Schiedsrichter bei Gelb belässt, kann nicht bewertet werden. Eine Fehlentscheidung.
Szene 5: Nach einem Foul von Steffen Puttkammer (SV Meppen) an Manuel Janzer (Eintracht Braunschweig) auf der Strafraumlinie pfeift Schiedsrichter Nicolas Winter Elfmeter. Ein zuvor begangenes Foul von Janzer an Ballmert ahndet der Unparteiische nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:50]
Babak Rafati: Janzer tritt Ballmert auf die Füße, was vom Schiedsrichter ungeahndet bleibt. Unmittelbar danach foult Puttkammer Janzer in fast ähnlicher Weise und es gibt einen Strafstoß für Braunschweig. Beide Vergehen sind ein klares Foulspiel, jedoch hätte das erste Vergehen zuvor geahndet werden müssen, dann wäre es nicht zum Strafstoß gekommen. Eine Fehlentscheidung, nicht vorher auf Freistoß für Meppen und stattdessen auf Strafstoß für Braunschweig zu entscheiden.
Szene 6: Einen Schuss von Bernd Nehrig (Eintracht Braunschweig) bekommt Hasan Amin (SV Meppen) erst in den Bauch und dann an die Brust – erneut gibt es Elfmeter für Braunschweig. [TV-Bilder – ab Minute 2:30]
Babak Rafati: Dem Schiedsrichter ist durch die Position einiger Spieler die Sicht verdeckt, sodass er den Vorgang nicht genau sehen kann. Nach den vorliegenden TV-Bildern ist kein Handspiel zu sehen. Amin blockt den abgefälschten Ball mit der Brust ab und auch die erste Reaktion der Braunschweiger Spieler deutet nicht darauf hin, dass im TV-Bild vielleicht etwas verborgen bleibt. Eine Fehlentscheidung, einen Strafstoß für Braunschweig zu pfeifen.
Szene 7: Einen Schuss von Janek Sternberg (1. FC Kaiserslautern) blockt Maximilian Oesterhelweg mit dem Oberarm. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Wolfgang Haslberger. [TV-Bilder – ab Minute 1:26:20]
Babak Rafati: Oesterhelweg geht im eigenen Strafraum aktiv mit dem Oberarm zum Ball und blockt diesen. Das ist ein absichtliches Handspiel. Somit eine Fehlentscheidung, keinen Strafstoß für Kaiserslautern zu geben.
Szene 8: Paterson Chato (Sportfreunde Lotte) wird im Mittelfeld zu Fall gebracht, das Spiel läuft weiter. Anschließend begeht Matthias Rahn (Sportfreunde Lotte) ein Foul an Florian Pick (1. FC Kaiserslautern) und sieht Gelb-Rot. [TV-Bilder – ab Minute 1:49:45]
Babak Rafati: Zunächst einmal hätte der Schiedsrichter vorher für Chato pfeifen müssen, denn es lag ein Foulspiel vor. Anschließend begeht Rahn durchaus ein Foulspiel an Pick im Mittelfeld. Dieses Foulspiel ist allerdings überhaupt nicht taktisch oder bewusst, vielmehr ein Allerweltsfoul, was nur einen Freistoßpfiff erfordert. Eine Fehlentscheidung, hierfür die gelbe Karte zu geben, was in der Folge dann auch noch zu Gelb-Rot führt. Interessant ist auch, dass selbst Lauterns André Hainault signalisiert, dass dieses Foulspiel nicht schlimm gewesen sei und der Schiedsrichter nicht Gelb geben solle.
Szene 9: Lucas Cueto (Preußen Münster) wird von Maximilian Dittgen (Wehen Wiesbaden) im Strafraum am Fuß getroffen, sieht von Schiedsrichter Patrick Alt aber Gelb für eine Schwalbe. [TV-Bilder – ab Minute 1:05]
Babak Rafati: Dittgen will am eigenen Strafraum gegen Cueto klären und ihn dabei sicherlich nicht foulen. Jedoch tritt er ihn deutlich auf der Strafraumlinie auf den Fuß und bringt ihn dadurch zu Fall. Das hätte Strafstoß geben müssen. Das ein Schiedsrichter mal ein Vergehen übersieht, kann schon mal passieren. Warum er dieses Vergehen aber als Schwalbe bewertet bleibt fraglich, zumal er eine gute Position und damit einen guten Blick zum Vergehen hatte. Eine Fehlentscheidung.
[box type="info"]Weiterlesen: Wer am häufigsten benachteiligt wurde[/box]