MSV Duisburg: Von Verfehlungen und Aussichten

Allen Durchhalteparolen der letzten Wochen zum Trotz hat der MSV Duisburg nun Gewissheit und muss künftig wieder für die 3. Liga planen. Beim Aufsteiger von 2017 reihte sich in der aktuellen Saison ein Unglück an das nächste, richtig durchgeplant wirkte die Spielzeit zu keinem Zeitpunkt. Die Ursachenforschung wird intern längst angelaufen sein, auch liga3-online.de blickt auf die Verfehlungen und Aussichten der Zebras. Ein Kommentar.

Personalplanung: Fehlgriffe statt Volltreffer

Im vergangenen Sommer landete Sportdirektor Ivica Grlic noch reihenweise Volltreffer, holte mit dem "Duisburger Jung" Moritz Stoppelkamp einen erfahrenen Routinier und mit Borys Tashchy, Cauly Oliveira Souza und Lukas Fröde drei ambitionierte Youngsters. Sie alle schlugen ein, keinen davon musste der MSV trotz guter Leistung ziehen lassen. Doch so gut der letzte Sommer war, so schlecht war es vor dieser Spielzeit. Die Sommer-Neuzugänge versagten allesamt, die Planung scheint im Nachhinein nicht ausgereift gewesen zu sein. Bestes Beispiel: die Abwehr. Schon in der Vorsaison kassierte die Viererkette der Zebras ganze 56 Gegentreffer und stellte – trotz des trügerischen siebten Platzes in der Endtabelle – die schlechteste Abwehr der Liga.

Der einzige Neuzugang, von dem auf Anhieb zu erwarten war, dieses Problem zu lösen, war Würzburg-Kapitän Sebastian Neumann. Dessen Eingewöhnungsphase dauerte jedoch länger, die Geduld der Fans war aber bereits nach dem ersten Auftritt in Dresden strapaziert – dann kamen die Verletzungen. Hinzu kam mit Young-jae Seo ein Talent auf links und mit Yanni Regäsel ein Rechtsverteidiger, der bereits in Berlin und Frankfurt charakterliche Defizite aufwies. Das war es – ausgerechnet auf der größten Baustelle des Teams, nämlich hinten rechts, kam somit niemand hinzu. Stattdessen baute man auf den Routinier Enis Hajri (jedenfalls zur Rückrunde) und auf Andreas Wiegel, dessen Einsätze auf der Position an zwei Händen abzuzählen war. "Kumpel"-Typen wie Nico Klotz und Kingsley Onuegbu mussten – aus sportlich berechtigen Gründen – zuvor gehen.

Torhüter- und Kapitäns-Demontage

John Verhoek und Richard Sukuta-Pasu waren auf dem Papier keine schlechten Alternativen im Sturm, dass deren Torquote im Zebra-Dress gegen Null tendieren würde kann man dem Sportdirektor nicht ankreiden – beide hatten sich in ihren vorherigen Vereinen effizienter gezeigt, ein Einbruch derartigen Ausmaßes können objektiv gesehen nur selbsternannte Experten erwartet haben. Während es für beide Stürmer schon nach wenigen Versuchen aus Fan-Sicht kaum noch Hoffnung im Trikot der Duisburger gab, wurden andere von der sportlichen Leitung demontiert.

Allein drei Torhüter probierten sich auf der Position zwischen den Pfosten, von denen einzig Felix Wiedwald in gewissen Momenten überzeugen konnte. Bei Daniel Mesenhöler wird man sich im Sommer mehr versprochen haben, als der Youngster nicht überzeugen konnte setzte man auf den bereits vorhandenen Daniel Davari und scheiterte krachend. Der Unmut der Fans war vorprogrammiert. Auch Kevin Wolze, im überspitzen Sinne das letzte Gesicht einer "alten Generation" beim MSV Duisburg, wurde im Winter als Kapitän abgesägt und durch Gerrit Nauber ersetzt. Dessen Stellungnahmen nach Niederlagen wirkten immer so, als habe sich lediglich der Satzbau, aber nie der Inhalt geändert. Da jedoch niemand weiß, wie Nauber in der Kabine zur Mannschaft spricht, muss man dem Innenverteidiger zu Gute halten: Jeder andere hätte es wohl nicht besser gemacht.

Formeinbrüche & Lustlos-Auftritte

Der eklatanteste Kritikpunkt vereint gleich mehrere vorangegangene Aspekte: der siebte Tabellenplatz der Vorsaison ließ aufatmen, auf dem Papier erweckte der Kader vor dem Saisonstart Vorfreude. Natürlich schlugen die Neuzugänge in der Vorsaison allesamt ein, auch die Etablierten fügten sich der Leistungssteigerung der gesamten Mannschaft nahtlos hinzu. Dass es durchgehend bei diesem Hoch bleiben würde, war von vornherein unwahrscheinlich und hätte von den diesjährigen Neulingen kompensiert werden müssen. Was bekannterweise nicht klappte, sodass der MSV plötzlich vor einem Team stand, bei dem nichts mehr funktionierte.

Dabei ist die Schwelle zwischen einem reinen Einbruch der Form und regelrechten Lustlos-Auftritten schmal. Lukas Fröde beispielsweise kann man nicht nachsagen, dass er sich nicht reinhängen würde. Der defensive Mittelfeldmann verlängerte seinen Vertrag sogar vorzeitig, sollte ein Gesicht der Mannschaft werden. Doch aus der eigenen Leistungsschwankung kam der Sechser nicht mehr heraus, auch weil drumherum alles wie ein Kartenhaus zusammenbrach. Bezeichnend war, dass im Saisonfinale Cauly Oliveira Souza nicht einmal mehr eingewechselt wurde – mit vier Treffern und drei Vorlagen hatte der Flügelspieler auch in einer schwachen Saison gezeigt, dass er grundlegend etwas kann. Die letzten Auftritte vor seiner Degradierung ließen den Trainer von seiner Person abrücken, stattdessen erwachte Moritz Stoppelkamp kurz vor Vertragsende aus seiner wochenlangen Lethargie und holte sich alle seine fünf Scorerpunkte in den letzten sechs Spielen.

Wie geht es weiter in Liga 3?

Bei Ex-Kapitän Kevin Wolze scheiden sich die Geister. Niemand kann behaupten, dass der langjährige Linksverteidiger kein eingefleischter Duisburger ist und trotz Degradierung keine Verantwortung übernahm – ohne die Elfmeter und Freistöße des Ur-Gesteins wäre der MSV wohl früher abgestiegen. Über die defensiven Qualitäten lässt sich streiten. Aber (!): Genau solche Charaktere werden die Duisburger in Zukunft brauchen, um sich wieder zu festigen. Denn jeder Verantwortliche beim MSV Duisburg wird nicht müde, die finanzielle Situation der Zebras bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu betonen.

Sollte der MSV Duisburg die Drittliga-Lizenz erhalten, braucht das Team wieder Spieler, die sich mit dem Verein identifizieren können und sich dafür zerreißen wollen. Da hilft es wenig, Außenstehende mit der finanziellen Situation seit 2013 immer und immer wieder abzuschrecken. Dass die 3. Liga auf Dauer das wirtschaftliche Grab ist, gilt schließlich nicht nur für die Meidericher – auch, wenn die Transparenz aus Sicht der Fans natürlich berechtigt ist.

Der MSV Duisburg muss alles auf den Prüfstein stellen, angefangen beim Personal bis hin zur grundsätzlichen Vereinsstruktur. Denn bis zum Abstieg waren die Zebras auf einem guten Weg, der Verein machte nach Zitter-Jahren wieder Spaß. Auch das bevorstehende Festhalten an Lieberknecht und Grlic – so wenig manche das hören mögen – ist ein Signal an die Kontinuität, die Vereine wie Sandhausen, Heidenheim oder Freiburg so stark gemacht hat. Jetzt muss man Duisburger sein wollen, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen.

   

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