"Wenn Männer weinen": FCC macht die Sensation perfekt
Es kommt einem Wunder gleich: Noch vor wenigen Wochen lag der FC Carl Zeiss Jena abgeschlagen auf dem vorletzten Tabellenrang. Nun jedoch krönte die Kwasniok-Elf eine furiose Aufholjagd und sicherte sich mit einem 4:0-Erfolg über 1860 München den Klassenerhalt. Damit schafften die Thüringer etwas einmaliges in der Geschichte der 3. Liga – und krönten sich gar zum Meister in einem ganz besonderen Klassement.
Kwasniok kann die Tränen nicht halten
Es gab in dieser Saison Zeiten, in denen außer Jenas Cheftrainer kaum noch jemand an den Ligaverbleib der Thüringer glaubte. Ende März spielte der FCC nur 1:1-Unentschieden in Aalen, bei acht Zählern Rückstand auf das rettende Ufer schien der Abstieg fast schon besiegelt. Doch Übungsleiter Lukas Kwasniok dachte nicht einen Moment an das Aufgeben und stellte die Uhren kurzerhand auf Null. Dann startete er mit seinem Team eine schier unglaubliche Aufholjagd. Nach dem souveränen 4:0 über 1860 München ist klar: Der FC Carl Zeiss Jena bleibt Drittligist – und holt nebenbei mit sechs Siegen aus den letzten sieben Partien die Meisterschaft in der "Kwasniok-Tabelle". Noch nie zuvor in der Geschichte der 3. Liga hat eine Mannschaft einen Rückstand von acht Punkten nach dem 31. Spieltag noch aufgeholt. Die Freude am Ernst-Abbe-Sportfeld war nach Abpfiff grenzenlos. Der Trainer zeigte sich überwältigt und stellte am "Telekom"-Mikrofon fest: "Heutzutage ist es ja schön, wenn Männer weinen."
Die Ausgangslage vor der Partie gegen 1860 München war klar: Bei einem Sieg ist Jena gerettet. Und die Kwasniok-Elf ließ von Beginn an nichts anbrennen. So lief erst die 9. Spielminute als Felix Brügmann mit einer scharfen Hereingabe den Kopf von Münchens Böhnlein fand, welcher unglücklich in das eigene Tor vollstreckte. Die Gäste versuchten sich in der Folge an einer Antwort. Tore fielen an diesem Nachmittag allerdings nur für den FCC: Nach einer guten Viertelstunde verwertete der unbedrängte Felix Brügmann einen Querpass von Wolfram zum 2:0 (17.). Die Nerven der Jena-Anhänger waren damit für das erste beruhigt. Die Heimelf dachte jedoch nicht daran, das Ergebnis zu verwalten. Inbesondere Mittelfeldmann Maximilian Wolfram hatte Blut geleckt. Nach Wiederanpfiff überraschte er Gäste-Torhüter Hiller zunächst mit einem Freistoß in die rechte untere Ecke (67.), nur um eine Zeigerumdrehung später eine Bock-Ablage traumhaft im linken Kreuzeck zu versenken. "Es war natürlich dann auch brutale Erleichterung so die letzten zehn, fünfzehn Minuten", gab Jenas Trainer anschließend Einblicke in seine Gefühlswelt.
"Auch da kann ich Ihnen noch was vormachen"
Ähnlich ging es auch den Akteuren. Manche kämpften mit den Tränen, andere waren einfach nur sprachlos. Nach dem Abpfiff gab es beim FCC kein Halten mehr: Die Fans stürmten den Platz und trugen ihre Spieler auf Händen. "Einfach überragend. Keine Worte", erklärte Torhüter Jo Coppens gegenüber der "Ostthüringer Zeitung". "Die haben mich berührt. Wirklich: Mein Herz." Mannschaftskapitän René Eckardt hingegen bemühte sich um eine Einordnung des Erlebten, wurde dabei jedoch ebenfalls von den Gefühlen übermannt: Vor wenigen Wochen "wurden wir teilweise beleidigt und ausgepfiffen – und jetzt liegen wir uns in den Armen. Das ist unglaublich schön."
Am Ende brauchte es vielleicht gar keine detaillierte Analyse, keine Statistik oder Ursachenforschung. Es genügte ein Blick in die Gesichter der freudetrunkenen Spieler um zu erkennen, wie besonders das Erreichte ist. Entsprechend kurz hielt sich zum Abschluss auch der Trainer. "Glauben sie mir eines", so Lukas Kwasniok, "auch da kann ich Ihnen noch was vormachen – beim Feiern!"
Auseinandersetzung vor Anpfiff
Unschöne Szenen gab es derweil vor Anpfiff: Nach Polizeiangaben sollen FCC-Fans auf dem Weg zum Stadion die Scheibe eines Polizeifahrzeuges eingeworfen, daraus Gegenstände entwendet und Beamte angegriffen haben. Am Stadion seien die Polizisten mit Steinen, Flaschen und Einsatzgittern beworfen worden – Pfefferspray und Wasserwerfer wurden eingesetzt. Insgesamt habe es 13 leicht verletzte Polizeibeamte gegebenen, "ein Polizist musste in Krankenhaus gebracht werden, er ist nicht mehr dienstfähig", heißt es. Die Polizei ermittelt nun wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung.