Die Gewinner und Verlierer des Saisonstarts
Vier Spieltage sind rum, jetzt verabschiedet sich die 3. Liga bereits in ihre erste Pause: Aufgrund der ersten DFB-Pokalrunde geht es erst in zwei Wochen weiter. Erste Erkenntnisse gibt es aber bereits. Wir haben Gewinner und Verlierer der ersten Wochenenden ausgemacht und erläutern kurz die Situation der Klubs.
Gewinner
Die Schanzer standen – ähnlich wie der MSV Duisburg – nach dem Zweitliga-Abstieg vor einem totalen Umbruch. Allerdings war die Fallhöhe in Ingolstadt wesentlich höher, hatte man sich doch im Vorjahr durch Transferausgaben von rund sieben Millionen Euro für den Angriff auf die Bundesliga vorbereitet. In dieser Spielzeit besinnt sich der neue Trainer Jeff Saibene eher auf die eigene Nachwuchsarbeit, der bis dato erst wenige Spieler nachhaltig entsprungen waren. Doch das Konzept funktioniert: Mit Youngsters wie Keller (20), Pintidis, Kaya, Bilbija und Sussek (alle 19) statt Top-Einkäufen wie Gimber oder Kerschbaumer klappt es auf der Schanz überragend gut: Spitzenreiter nach vier Spielen wird keiner durch Glück. Aber "Jugend forscht" alleine ist es beim FCI auch nicht, denn die Routiniers Beister, Gaus und Kutschke gehen als Führungsfiguren voran.
Niemand wusste so recht, wo die Zebras um Trainer Torsten Lieberknecht stehen. Der Kader war lange nur minimal besetzt, die Transfers wirkten teils hektisch zusammengestellt, allein um den zunehmenden Druck erwartungshungriger Fans zu befriedigen. Das Ergebnis aber kann sich mehr als sehen lassen: Derzeit ist Duisburg das spielerisch stärkste Team der 3. Liga! Vor allem Moritz Stoppelkamp, mit 32 Jahren einer der Routiniers und in der Vergangenheit längst nicht vor Kritik gefeit, blüht aktuell auf und hat mit fünf Saisontreffern einen tollen Auftakt erwischt. Überhaupt wirkt die völlig neu formierte Offensive, die in der 2. Bundesliga noch das große Sorgenkind war, schon prächtig eingespielt und verwöhnt die Fans mit sehenswertem Kombinationsfußball. Sowohl das 2:0 über Münster als auch das 3:0 in Braunschweig, ein großes Ausrufezeichen, waren hochverdient.
Ingolstadt an der Spitze, Braunschweig auf Rang 4: Das ist aller Ehren wert, allerdings wird hier auch mit großem Budget operiert. Der Hallesche FC geht zwar durch das starke Vorjahr leicht favorisiert in die neue Spielzeit, doch dass er direkt vorne mitmischen kann, das überrascht doch. Drei Siege hat die Elf von Torsten Ziegner aus vier Spielen eingefahren, dazu kommt eine höchst unglückliche Niederlage zu Saisonbeginn beim KFC Uerdingen – der HFC war nah dran an der perfekten Ausbeute! Prominente Abgänge wie Braydon Manu, Marvin Ajani und Moritz Heyer werden kaum noch vermisst, auch die erste Rotation hat Halle in der erfolgreichen Englischen Woche (1:0 gegen Rostock, 2:0 in Köln, 3:1 gegen Chemnitz) überstanden. An der Saale braut sich etwas zusammen – im positivsten Sinne.
Als Aufsteiger mischt Viktoria Köln fröhlich-frech die 3. Liga auf. Wie bei den rheinischen Kollegen aus Duisburg ist es auch beim Neuling ein Oldie, der für die Tore sorgt: Albert Bunjaku, einst mit dem 1. FC Nürnberg in der Bundesliga, glänzte mit drei (!) Doppelpacks in den bisherigen vier Punktspielen – zunächst beim starken 3:3 in Rostock nach 0:3-Rückstand, dann auch bei den spektakulären 3:2- und 5:2-Erfolgen über die Mitaufsteiger Chemnitz und beim FC Bayern München II. Die Ergebnisse zeigen bereits, dass die Viktoria, wenn sie auch nicht die großen Zuschauerkulissen mitbringt, für Spektakel steht und damit munter die ersten Zähler für das große Ziel Klassenerhalt sammelt. Solche Aufsteiger mögen wir!
Verlierer
Während Duisburg schon elf Tore erzielt hat, das ist Spitzenwert in der 3. Liga, herrscht bei Carl Zeiss Jena völlige Ladehemmung. Seit der 1:0-Führung gegen den FC Ingolstadt am ersten Spieltag – und auch diese Partie ging verloren – haben die Thüringer kein einziges Tor mehr erzielt und stehen nach vier Spieltagen als einziger Drittligist noch ohne Zählbares da. Wohin ist die Euphorie, die der sensationelle Klassenerhalt vor einigen Monaten entfacht hat? Trainer Lukas Kwasniok, der damals binnen weniger Wochen vom Sündenbock zum Helden aufstieg, muss sich neuerlicher Kritik erwehren und steht nach der Pokalpause mächtig unter Druck. Tatsächlich waren bei den drei 0:2-Pleiten in Münster, gegen Braunschweig sowie in Zwickau die Leistungen der Jenaer nicht ausreichend, gegen Zwickau immerhin eine Steigerung erkennbar. Dennoch: Der große personelle Umbruch im Sommer fordert Tribut – und offenbar noch jede Menge Zeit.
Zwei Niederlagen aus vier Spielen, vor allem aber schon fünf Punkte Rückstand auf die Spitzenplätze: Mit diesem Beginn kann Hansa Rostock nicht zufrieden sein. Was die Fans besonders enttäuschte, war die seit Jahren bestehende, aber stets aufs Neue verwunderliche Inkonstanz, folgte doch auf einen beherzten und von drei Zählern gekrönten Auftritt gegen die Reserve des FC Bayern wenige Tage später die Ernüchterung beim 0:1 in Unterhaching, einer absolut verdienten Niederlage. Irritierend waren zudem Aussagen von Trainer Jens Härtel, der seiner Mannschaft gute Chancen attestierte und offenbar nicht völlig unzufrieden war mit einem Spiel, das die Anhängerschaft bedient zurückließ. Dabei ist der Kredit groß, zum vergangenen Heimspiel strömten 17.000 Zuschauer ins Ostseestadion. Nun muss auch die Mannschaft liefern.
Zumindest einen gefühlten Rekord hat der Chemnitzer FC eingestellt. Selbst bei Alemannia Aachen vor sechs Jahren – jener Klub, der während der Saison ins finanzielle Aus stürzte, personell auseinanderbrach und sang- und klanglos abstieg – war derart früh in der Saison noch nicht so viel Unruhe wie beim Aufsteiger aus Sachsen. Insolvenzverwalter Klaus Siemon hat das drohende Ende des eingetragenen Vereins publik gemacht, die Drittliga-Spielberechtigung könnte damit zur kommenden Spielzeit nicht erteilt werden. Und am Montag wurde zudem Kapitän Daniel Frahn vor die Tür gesetzt, weil er rechts gesinnten Gruppierungen zu nahe gestanden haben soll und sich damit "massiv vereinsschädigend" verhalten habe. Die sportlichen Turbulenzen geraten da fast in den Hintergrund, sind aber erschreckend: Die Abwehr hält die Schotten nicht dicht, ein Mangel, der sich bereits in der Rückrunde der Aufstiegssaison angedeutet hatte. Elf Gegentore bedeuten den Höchstwert, ein Punkt hingegen einen Abstiegsplatz. Die Unterlegenheit in den meisten Spielen lässt zudem wenig Gutes für die nahe Zukunft vermuten.
Die Münchener Löwen sind nach der 0:4-Klatsche in Mannheim nun in der Tabellenregion angekommen, in der sie viele Kritiker vor der Saison schon gesehen hatten: Abstiegskampf lautet die Realität. Machtkämpfe rund um die Präsidentschaftswahlen oder den Stadionausbau und finanzielle Einschränkungen in jedem zweiten Atemzug sorgten schon früh in der Saison für Unruhen im Umfeld des TSV. Lediglich zwei externe Neuzugänge verstärkten die Mannschaft von Trainer Daniel Bierofka, der mit der Situation ebenso wenig Zufriedenheit gewinnen kann. Und dennoch: Es besteht ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass der Zusammenhalt in der eingespielten Truppe zur Trumpfkarte wird – andernfalls steht 1860 wohl vor einer schwierigen Saison.
Mitarbeit: Kevin Jung