Rafati zum Wechsel-Chaos: "Kein Regelverstoß"

Durchaus möglich, dass das Wechsel-Chaos beim Spiel zwischen Halle und Münster noch ein Nachspiel hat. Der HFC legte bereits "pro forma" Einspruch ein und prüft nun, welche Erfolgsaussichten ein offizielles juristisches Vorgehen haben könnte. Für liga3-online.de-Experte Babak Rafati steht allerdings fest: Ein Regelverstoß des Schiedsrichters lag nicht vor.

[box type="info"]Update: Der HFC hat am Montagnachmittag Einspruch eingelegt.[/box]

Zwei gehen, einer kommt

82 Minuten waren gespielt, als beide Teams wechseln wollte. Zunächst wurde der Wechsel der Adlerträger – Joel Grodowski (Nummer 27) für Rufat Dadashov (Nummer 9) – angezeigt, Sekunden danach kündigte die Wechseltafel den Tausch beim HFC an: Terrence Boyd (Nummer 13) raus, Jan Washausen (Nummer 21) rein.

Während Boyd in Richtung Bank ging, verließ plötzlich auch Halles Pascal Sohm auf der gegenüberliegenden Seite den Platz. "Ich habe die 9 gesehen und dachte, ich muss raus", berichtete der 27-Jährige nach dem Spiel bei "Magenta Sport". Der Knackpunkt: Sohm trägt ebenso wie Münsters Dadashov die Nummer neun und dachte, dass seine Auswechslung auf der ersten Tafel angezeigt worden wäre – obwohl beim HFC niemand mit der Nummer 27 niemand hätte eingewechselt werden können. Ein folgenschweres Missverständnis, das auch dem Schiedsrichter-Team um Michael Bacher nicht aufgefallen war. "Der Schiedsrichter meinte, ich soll an der Seite raus", sagte Sohm. Der Hintergrund: Durch eine Regeländerung zu Beginn dieser Saison sind die Spieler angehalten, bei einer Auswechslung an der nächstgelegenen Linie vom Platz zu gehen. Bei Sohm war das die Gegentribüne – und damit rund 50 Meter von dem Ort entfernt, an dem der Wechsel zuvor angezeigt worden war.

Dennoch ist das Kommunikationsproblem nicht allein beim Schiedsrichter zu suchen, wie liga3-online.de-Experte Babak Rafati erklärt: "Sohm hätte ja auf dem Platz bleiben können. Anders wäre der Sachverhalt gewesen, wenn der Schiedsrichter Sohm aufgefordert und dieser trotz Weigerung den Platz verlassen hätte." Zeitgleich hätte laut Rafati aber auch der Schiedsrichter-Assistent bemerken müssen, "dass etwas komisch ist." Klar scheint: Hätte der Wechsel (wie früher) vor den Trainerbänken stattgefunden, wäre der Fehler wohl sofort aufgefallen.

"Schiedsrichter verhält sich unklug"

So aber musste der Hallesche FC einen Wechsel vornehmen, "den wir gar nicht vornehmen wollten", schimpfte Trainer Torsten Ziegner bei "Magenta Sport". Und mitten in dieses Chaos hinein traf Münster durch den gerade erst eingewechselten Grodowski zum 2:2. Besonders ärgerlich: Zum Zeitpunkt des Treffers befanden sich nur neun Spieler des HFC im Strafraum. Denn während Sohm den Platz verlassen hatte, wartete Washausen zunächst, bis Boyd vom Rasen war. Der Schiedsrichter gab die Partie jedoch bereits wieder frei, obwohl Boyd das Feld noch gar nicht verlassen und Washausen noch nicht richtig auf dem Feld war – er fehlte anschließend im Strafraum. Das Problem: Für den Schiedsrichter war der Wechsel mit Tausch von Washausen für Sohm abgeschlossen, deshalb hatte er Boyd offenbar nicht beachtet. "Der Schiedsrichter verhält sich jedoch unklug, in dem er Washausen nicht die nötige Zeit gibt, sich nach hinten zu orientieren. Das ist unüblich und nicht nachvollziehbar", so Rafati. Dass Boyd zum Zeitpunkt der Torerzielung nicht mehr auf dem Platz stand, spiele keine Rolle, erklärt Rafati. Denn der Wechsel für den Unparteiischen bereits vollzogen.

Endgültig komplett war das Chaos nach dem Treffer: Der angedachte Wechsel (Washausen für Boyd) wurde annulliert, stattdessen kam Boyd plötzlich zurück auf den Platz, während Sohm zur Bank ging – obwohl er gar nicht ausgewechselt werden sollte. "Ich habe so etwas noch nie erlebt. Die Schiedsrichter haben uns vorgegeben, dass wir die Nummer neun rausnehmen mussten – nur, weil sie ein Schild falsch lesen. Das kann es doch nicht sein. Jetzt wird ein Spiel schon durch einen Lesefehler des Schiedsrichters entschieden." Während Sohm von einer "extrem bitteren" Situation sprach, nahm Boyd den Unparteiischen gegenüber in Schutz: "Schiri zu sein ist so undankbar wie Ordnungsamt. Von daher möchte ich in deren Haut auch nicht stecken."

Legt der HFC Einspruch ein?

Ein Regelverstoß lag laut Rafati allerdings nicht vor: "Dieser würde zum Beispiel dann vorliegen, wenn eine Mannschaft ein Tor mit zwölf Spielern auf dem Platz erzielen würde." Dennoch prüft der HFC seit Sonntag, welche Erfolgsaussichten ein offizielles juristisches Vorgehen haben könnte. Berufen könnte sich der Klub auf Paragraph 17 Absatz 2a der DFB Rechts-Verfahrensordnung. Demnach kann Einspruch gegen die Spielwertung erhoben werden, wenn eine "Schwächung der eigenen Mannschaft durch einen während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war und nicht mit dem Spiel und einer dabei erlittenen Verletzung im Zusammenhang steht" vorliegt. Sollte sich der HFC doch auf einen Regelverstoß des Schiedsrichters berufen, wäre das möglich, "wenn der Regelverstoß die Spielwertung als verloren oder unentschieden mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflusst hat." In jedem Fall müsste der Einspruch spätestens 48 Stunden nach der Partie angehen – und somit heute. Anschließend geht der Fall vor das DFB-Sportgericht.

Rafati spricht indes von einem "Kommunikationsproblem" und einem "unerklärlichen, taktischen Fehler" des Schiedsrichters. "Zukünftig müssen alle Beteiligten etwas sensibler mit Auswechslungen umgehen", mahnt der Ex-FIFA-Schiedsrichter. Die neue Auswechsel-Regel habe zwar den Vorteil, dass Zeitspiel unterbunden wird, "sie bringt aber auch den Nachteil, dass die Beteiligten sehr schnell die Übersicht verlieren können, wie man es gesehen hat", so Rafati.

Die Szene im Video:

Hallescher FC vs. Preußen Münster

Wer sollte raus, wer rein? Mit dieser Frage waren die Protagonisten der Partie Hallescher FC gegen SC Preußen Münster in der Schlussphase überfordert. So fiel am Ende das 2:2. Die Erklärung zum "Wechseltheater" seht ihr hier.

3. Liga #HFCSCP

Gepostet von Sport im Osten am Samstag, 21. September 2019

   

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